Achsenbruch
tun? Als Beamtin?«
»Vielleicht will sie sich den Weg in die freie Wirtschaft offenhalten? Da würde sie mehr verdienen.«
»Gut. Und was habt ihr gefunden?«
»Das Banalste von der Welt. Den Geburtsort. Beide sind in Homberg an der Ohm geboren.«
»Wo liegt das denn?«
»Gleich hinter Marburg. Rund viertausend Einwohner in der Kerngemeinde. Wir haben uns dann ein wenig am Ort umgehört. Die beiden sind verwandt. Cousin und Cousine!«
»Wow!«, macht Lohkamp. »Aber deswegen konstruiert sie doch keinen Fall, der sie um den Job bringen kann.«
»Man munkelt, er habe ihr das Studium bezahlt. Vielleicht war das der Preis.«
»Vielleicht …«
Schweigen. Am Nachbartisch rüstete man bereits zum Aufbruch und der Weimaraner wartete, mit dem Schwanz wedelnd, auf den Abmarsch. Auch Mager überkam langsam der Wunsch nach einem gemütlicheren Platz zum Verdauen. Er hatte bei diesem Essen garantiert kein Milligramm an Gewicht verloren.
»Und wie macht ihr beide weiter?«, fragte Lohkamp.
»Wenn ich ihn bekomme, nehme ich den Job an der Uni an. Oder suche etwas anderes.«
»Schön. Aber da musst du dich schwer umstellen, Klaus, was?«
Der Dicke grummelte leise vor sich hin, bewegte aber sein Kinn von oben nach unten und wieder zurück.
Gabi schloss Karin in den Arm: »Sei froh, dass du keinen Polizisten geheiratet hast. Meiner war anfangs auf dem Karrieretrip und ich ans Haus gefesselt.«
»Grausam. Ich würde eingehen. Hoffe nur, dass mein Bärtiger hält, was er verspricht. Männer sind in solchen Fragen ja sehr wankelmütig.«
»Was für eine Hexe!«, begehrte Mager auf.
Sie küsste ihn zärtlich und begab sich zum Tresen, um die Rechnung zu begleichen. Sie belief sich samt einem angemessenen Trinkgeld auf über vierhundertvierzig Euro.
»Würden Sie mir noch eine ordentliche Quittung ausdrucken?«
»Fürs Finanzamt?«
Karin sparte sich eine Erwiderung, kehrte an den Tisch zurück und ließ sich von ihrem Gatten in den Mantel helfen. Der Kellner kam heran und wartete mit einem süffisanten Grinsen darauf, dass er den Tisch abräumen konnte. Als der Trupp sich in Bewegung setzte, nickte er Karin zu und sagte: »Bis zum nächsten Gutschein!«
Arsch, dachte Mager und suchte nach einer passenden Antwort. Aber da drehte sich Gabi Lohkamp um und zupfte dem entgeisterten Knaben – ganz beiläufig und ohne ihm ins Gesicht zu sehen – ein paar Stäubchen vom Frack: »Jungchen, wenn ich meinen Papi richtig bitte, schenkt er mir diese Bude zu Weihnachten. Und du stehst danach auf dem Parkplatz und hältst den Gästen die Autotüren auf!«
Die Frauen hakten sich unter und steuerten kichernd auf den Ausgang zu, doch Lohkamp stoppte plötzlich und fasste Magers Ellenbogen: »Guck doch mal!«
Der Kameramann folgte seinem Blick. Ganz hinten in der Nichtraucherecke saßen ein Mann und eine Frau, die sich lächelnd mit einem Glas Champagner zuprosteten. Knut Bleifinger – und Lina Tenberge.
»Siehst du«, sagte Lohkamp, »wenn in Bochum die Achse zwischen Rathaus und Wirtschaft mal bricht, wird sofort eine neue eingebaut!«
Fuck!, dachte Mager. Aber für alle Fälle haben wir noch ein paar schöne Fotos.
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