Acht Tage im August
sagen. Sie eilten zum Auto und hatten dabei keinen Blick übrig für die schmucken bunten Häuser auf dem Marktplatz Schärdings, wurden aber trotz des Tempos, das sie anschlugen, noch von einem satten Schauer erwischt, ehe sie das Fahrzeug erreichten. Klatschnass, fluchend und neugierig rasten sie nach Passau zurück.
***
»Ihr habt’s aber lauschig!«, rief Assauer verwundert, als er mit Hammer eine dreiviertel Stunde später das Labor der Spurensicherung betrat. »Da stehen ja mehr Kerzen als in der Altöttinger Gnadenkapelle!«
»Red nicht, sondern schau her«, erwiderte Ernie.
Er befeuchtete Daumen und Zeigefinger der rechten Hand an seiner Zunge, löschte damit eine der Flammen aus, wischte die Finger an einem Papiertaschentuch ab, fuhr dann mit der Spitze des Zeigefingers über einen gläsernen Probenträger, hinterließ darauf einen schwarzen Schmierer, schob das Glas unters Mikroskop und deutete auf den vertikal geteilten Bildschirm daneben.
»Was seht Ihr?«, fragte er.
»Schaut eins aus wie’s andere«, stellte Assauer fest.
»Messerscharf erkannt«, sagte Ernie stolz. »Das Linke ist die Substanz von den Knöpfen der Bluse, rechts die auf dem Probenträger.«
»Kerzenruß also«, sagte Assauer. »Und wie kommt der an die Knöpfe?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Ernie, »pass auf.« Er ging an ein Waschbecken, hielt seinen Finger unter den Wasserstrahl. Nach einer Weile war jede Spur von Schwarz verschwunden.
»Nach Stunden in dem heftigen Regen war da nix mehr an ihren Fingern«, meinte er.
»Wenn vorher was dran war«, warf Hammer ein.
»Richtig«, pflichtete Ernie ihm bei.
»Wir haben also keine Möglichkeit festzustellen, ob Anna das Zeug da dran gebracht hat oder wer anderer?«, fragte Hammer.
»Nein.«
»Doch«, sagte Assauer. »Von ihr war’s keinesfalls.«
Er blickte in fragende Gesichter.
»Kein Mädchen macht eine Kerze so aus. Kerle machen das, um zu zeigen, wie geschickt sie sind und dass sie keine Angst haben, sich die Finger zu verbrennen. Mädchen sind nicht so dämlich, die pusten einfach.«
»Das hat was für sich«, stimmte Hammer ihm zu. »Aber«, fragte er Ernie dann, »warum die Lightshow, eine Kerze hätte doch gereicht?«
»Ich könnt’ mir denken, ihr wüsstet gerne, von was für einer Kerze der Ruß stammt. Wenn ihr dann so eine Kerze irgendwo findet, habt ihr vielleicht auch Annas Freund.«
»Respekt, gut mitgedacht! Und wann weißt du das schätzungsweise?«
Ernie zuckte die Schultern. »Angesichts der Vielzahl von Kerzen auf dem Markt, von der du hier nur einen nicht repräsentativen Querschnitt siehst, einige davon Made in China, wage ich keine Prognose.«
»Die Segnungen der Globalisierung haben also auch Passau erreicht«, meinte Assauer sarkastisch.
»Hast du wenigstens was rausgefunden?«, wandte er sich dann an Bert.
»Das Handy ist geknackt. Aber da sind nur die Telefonnummern von den Eltern und von ein paar Schulfreundinnen drauf.«
»Keine SMS oder Bilder?«
»Fehlanzeige, nur Bilder bei den Kontakten, alles Klassenkameradinnen. Mit einer hat sie besonders oft telefoniert. Marion Krollmann, mit der solltest du mal reden. Aber nichts, was uns weiterbringt.«
»Diese Marion kenn ich«, sagte Assauer. »Und der Laptop?«
Bert verzog das Gesicht. »Knifflig. Das ist eins von diesen neuen Ultrabooks mit SSD statt einer Festplatte. An sich kein Problem. Das Ding ausbauen, an einen anderen Rechner anschließen und schon kann man ran an die Daten.«
»Aber?«
»Nicht bei diesem Modell, dessen SSD speichert alle Daten von Haus aus verschlüsselt. Hat sie wahrscheinlich bei ihrem Vater abgestaubt, Ärzte brauchen so was wegen der Vertraulichkeit von Patientendaten. Wenn du das Passwort nicht hast, beißt du dir die Zähne aus.«
»Ich mir schon, aber du doch nicht!«
»Nein, aber es dauert. Ich hab natürlich erst die üblichen Standardphrasen probiert, Namen der Eltern, Geburtstage und so weiter, was den Leuten halt so einfällt. Das hat nichts gebracht. Seit gestern Abend läuft jetzt ein Passwortknacker, der alle möglichen Zeichenkombinationen und Passphrasen durchspielt.«
»Wie lange noch?«
»Bei meiner vorsintflutlichen Rechnerausstattung?« Ernie zuckte die Schultern.
»Geduld ist nicht grad meine Stärke«, klagte Assauer.
»Aber eine Tugend!«
»Nicht in unserm Job. Also rühr dich, wenn du drin bist. Und wir«, sagte er zu Hammer, »verziehen uns. Der Tag war lang genug.«
»Mir reicht’s auch«, meinte Hammer. »Meine
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