Achtmal kam der Tod Kommissar Morry
'könnte ich Ihnen lange 'Geschichten erzählen. Sehen Sie den Ziegenbart dort hinten in der Ecke? Er ist der berüchtigtste Hehler in der ganzen Gegend. Jeden zweiten Abend nimmt ihn die Polizei unter ihre Fittiche. Und dort drüben am übernächsten Tisch, die beiden blonden Strohköpfe, das sind Cloy Fester und Duke Calahan. Sie verschwinden regelmäßig nachts um elf Uhr und kommen in der ersten Morgenstunde zurück. In der Zwischenzeit haben sie irgendeinen Einbruch oder sonst ein krummes Ding gedreht. Meines Wissens wurden sie erst vor einem halben Jahr aus dem Gefängnis entlassen.“
Leslie Carron schaute interessiert zu den beiden Männern hinüber. Dann wanderten seine Blicke zu Violet Alvey zurück. „Daß Sie es in dieser Umgebung ausgehalten haben?“, murmelte er kopfschüttelnd. „Ein Mädchen wie Sie zwischen Dieben und Strolchen. Das war doch sicher nicht ganz leicht für Sie?“
„Es war sogar sehr schwer“, sagte Violet Alvey versonnen.
„Deshalb freue ich mich ja so, daß dies alles nun ein Ende hat. Ich bin wirklich glücklich, Mr. Carron.“
Sie trank ihr Glas aus, dann begann sie, sich zu verabschieden. Sie verließ ihre bisherige Arbeitsstätte ohne Wehmut. Mit keinem Blick schaute sie zur Theke zurück. Straff und elastisch schritt sie auf den Ausgang zu. Leslie Carron blieb allein an dem wackligen Tisch sitzen. Er trank ein Glas um das andere, und dabei hatte er doch eigentlich nur ein paar Minuten bleiben wollen. Seine Gedanken kreisten immer um einen ganz bestimmten Punkt. Unablässig blickte er zu den beiden Strohköpfen hinüber, die am übernächsten Tisch saßen. Sie hatten steife, hölzerne Gesichter und klobige Hände. Ihre Gläser waren leer. Anscheinend hatten sie nicht viel Moos in der Tasche. Ich muß etwas tun, überlegte Leslie Carron. Wenn mir die Polizei nicht hilft, muß ich mir selber helfen. Er stand kurz entschlossen auf und ging zu den beiden Strohköpfen hinüber. Als er sich höflich verbeugte, grinsten ihn die Ganoven spöttisch an „Mein Name ist Leslie Carron“, sagte er kurz. „Violet Alvey hat mir gesagt, daß man mit Ihnen ein Geschäft machen könnte. Gestatten Sie?“
Er ließ sich am Tisch nieder und bestellte eine solide Schnapsrunde. Kurz nachher zog er seine Brieftasche, um die Schnäpse zu bezahlen. Eine Menge großer Scheine quollen aus dem braunen Leder hervor. Cloy Foster und Duke Calahan stierten hungrig darauf hin. Ihre Augen wurden groß und kugelrund. Aber sie sagten kein Wort. Nur ihre Blicke redeten.
„Ich habe fünfzig Pfund zuviel bei mir“, sagte Leslie Carron lächelnd. „Tatsächlich. Ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll.“
„Ein seltener Fall heute“, brummte Cloy Foster trocken. „Fünfzig Pfund sind eine ganze Menge Geld. Habe kapiert, Sir. Sie wollen uns das Geld schenken, nicht wahr?“
Leslie Carron nickte. Dann war wieder eine ganze Weile Stille. Keiner sagte ein Wort. Die Bedienung brachte neue Schnäpse und eine Lage Bier.
„Fünfzig Pfund“, murmelte Duke Calahan schließlich. „Das wäre die Brotzeit für vier Wochen und zehn Räusche zu drei promille. Nicht schlecht, Sir! Was haben wir dafür zu tun?“
Leslie Carron beugte sich vor und dämpfte seine Stimme. „Nehmen wir an, Sie hätten etwas gestohlen und besäßen eine große Wohnung. Nun wollen Sie diese Beute gern so in ihrer Wohnung verstecken, daß sie immer griffbereit liegt und dennoch jedem polizeilichen Zugriff entzogen bleibt. Wissen Sie, was ich meine?“
„All right, Sir“, brummten die beiden. „Verstehen jedes Wort.“
„Gut“, sagte Leslie Carron. „Mir wurden sechs gläserne Kapseln und drei Formelhefte gestohlen. Ich vermute mit ziemlicher Sicherheit, daß einer meiner früheren Kollegen diese Schätze in seiner Wohnung aufbewahrt. Es sind vier Adressen. Ich werde sie Ihnen später aufschreiben. Diesen vier Wohnungen müßten Sie einen nächtlichen Besuch abstatten. Für jeden solchen Besuch zahle ich fünfzig Pfund. Sollten Sie mir die Kapseln und die Hefte bringen, so zahle ich eine Prämie von zweihundert Pfund. Soll das ein Wort sein?“
Duke Calahan strich seufzend seine Borsten zurück. „Eine Frage, Sir“, knurrte er dann. „Reden Sie von den Kapseln, von denen man jetzt soviel in den Zeitungen liest? Sind es diese verfluchten Dinger, an denen sich schon Tom Hawlay und Jeff Fre- win die Finger verbrannten?“
„Ja, das sind sie“, sagte Leslie Carron nach kurzem Zögern. Cloy Foster und Duke Calahan
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