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Achtung: Die "Monsters" kommen!

Achtung: Die "Monsters" kommen!

Titel: Achtung: Die "Monsters" kommen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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gehört, daß man auf den Gesamtausdruck der
Mitspieler achtet. Die Miene verrät nämlich manchmal, was für Karten der
Betreffende in der Hand hält: gute oder miese.
    Sascha Lechner konnte meisterlich
pokern. Sein Gesicht verriet nichts. Anders war das mit seinen Nackenhaaren.
Wenn er schlechte Karten erhielt, kräuselten sie sich — als wäre ein Frisör mit
der Brennschere dran. Sascha bekämpfte diese unselige Eigenschaft seiner
Nackenhaare unentwegt. Mit Pomade, mit Zuckerwasser, mit Stirnband, mit der
Drohung, sich den Kopf kahlzuscheren. Vergebens. Die Nackenhaare machten, was
sie wollten. Glücklicherweise fiel das hier, im Halbdunkel der Köpfe, nicht
auf.
    Außerdem hatte Sascha heute — wie
gesagt — dieses unglaubliche Glück und bekam nur beste Karten.
    Jetzt gewann er schon wieder.
    Ein Haufen Geld wurde ihm zugeschoben.
    Er fühlte die neidvollen Blicke der
anderen. Ein Schauer lief ihm übers Rückgrat, was aber die Glätte seiner
Nackenhaare nicht beeinflußte. Nicht ein einziges kräuselte sich.
    Rasch überflog er die gewonnene Summe.
    Es waren noch nicht ganz 10 000.
    Doch eine innere Stimme sagte ihm, daß
es besser sei, jetzt die Mücke zu machen.
    „Ich höre auf“, sagte er und erhob
sich.
    Niemand widersprach.
    Ein Zocker, der im Halbdunkel hinter
ihm stand, wartete schon auf den freien Stuhl.
    Sascha stopfte sein Geld in die Taschen
und ging hinaus in die Kneipe.
    An der FUCHSBAU-Theke lungerten einige
Typen herum.
    Sascha bemerkte nicht, wie der
Spielhöllentürsteher zweien davon ein Zeichen gab, indem er mit dem Knie auf
Sascha wies. Und zweimal das linke Auge zukniff.
    Bruno Burunske nickte kaum merklich.
    Jo(hannes) Volgsam, der neben ihm
stand, goß sich gerade ein großes Bier in den Schlund.
    Sascha trat auf die Straße.
    „Wir haben ein Schlachthähnchen“, sagte
Bruno durch die Zähne, „Schnapulsky hat’s mir eben gezeigt.“
    Schnapulsky war der Türsteher.
    „Gut, gut“, grinste Jo. „Schlachten und
ausnehmen. Ein fettes Hähnchen?“
    „Weiß nicht. Aber Schnapulsky hat
zweimal geplinkert. Das bedeutet, daß der Mensch mindestens 10 000 gewonnen
hat. Einmal das Auge zukneifen bedeutet bei Schnapu 5000 DM.“
    Die beiden legten Geld auf die Theke
und folgten ihrem Opfer, das in der hiesigen Gaunersprache Schlachthähnchen
hieß.
    Wenn ein fremder Zocker, also einer,
der hier nicht zu den Stammgästen zählte — wenn der kräftig gewann, dann war es
üblich, ihm das Geld wieder abzunehmen.
    Davon wußte der Fuchsbauwirt — ein
alter Gauner namens Hugo Schellgeyer — allerdings nichts.
    Nur Schnapulsky, Bruno und Jo betrieben
dieses ,Geschäft’. Schnapu war an der Beute mit zehn Prozent beteiligt, den
Überfall machten die beiden andern.
    Bruno war 17, blond und breitschultrig
wie ein Bodybuildingweltmeister. Er trug einen Trenchcoat, unter dem man eine
graue Jacke mit weißen Nadelstreifen sah, sowie ein violettes T-Shirt, auf dem
ein Cadillac Baujahr 1954 aufgedruckt war.
    Jo Volgsam, der den ,-hannes’ in seinem
Namen haßte, war klein, drahtig und ein Jahr älter als Bruno. Jo hatte ein
bleiches Windhundgesicht und scheinbar fiebrig glänzende Augen. Tatsächlich
bekam er nie Fieber, nicht mal bei schlimmster Grippe. Doch dieser Glanz auf
seinen Glotzern war einfach da.
    „Der dort“, sagte Bruno. Und sonderte
mit jedem Wort eine Schnapswolke ab.
    „Hoffentlich geht er zu Fuß“, meinte
Jo.
    Sascha hatte keinen Wagen. Also
latschte er des Wegs.
    Die beiden Nachwuchsgauner rückten auf.
Auch sie hatten kein eigenes Fahrzeug, fuhren allerdings häufig Taxi.
    Sascha ging eilig, ohne sich
umzublicken.
    Er war in Hochstimmung, denn immerhin
beutelten jetzt 32 000 Mark seine Taschen aus.
    „Ich könnte schon wieder ein Bier
zischen“, murmelte Jo. „Partybreaking macht Durst. Mann, war das eine Schau!
Wie diese Teenies gequiekt haben. Und die Bengel — alles Luschen. Da war
keiner, der sich richtig gewehrt hat.“

    „Die beiden Pauker haben sich gewehrt.“
    „Eigene Schuld“, grinste Jo. „Deshalb
sind sie jetzt im Krankenhaus, nicht wahr. Jedenfalls ist Partybreaking ‘ne
anstrengende Sache. Richtiger Sport. Wie Rugby. Wenn wir das täglich machten,
müßte ich mehr essen. Sonst würde ich abmagern bei dieser Schwerarbeit. Aber so
wild ist ja unser Boß auch wieder nicht. Wie oft hat er uns losgeschickt?
Zehnmal?“
    „Elfmal“, sagte Bruno.
    „Nee, so oft noch nicht.“
    „Zähl nach! Ich war elfmal dabei.
Nämlich immer. Du übrigens auch.

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