Achtung: Die "Monsters" kommen!
Musik in Tims Ohren, löste
aber erhebliche Verblüffung aus.
Als sie in den Streifenwagen stiegen,
der vor der Bank parkte, sagte Glockner zum Fahrer: „Zur Ottilien-Schule.
Wissen Sie, wo das ist?“
Tim hörte die Antwort nicht. Ihm
stockte der Atem, und sein Mund wurde trocken.
„Dort wollen wir sowieso hin“, erklärte
Klößchen fröhlich. „Das wissen Sie sicherlich von Gaby, Herr Glockner. Die
Ottis veranstalten mal wieder eine Fete und...“ Jetzt dämmerte es ihm. „Ist da
was passiert?“
Der Fahrer, ein Wachtmeister, bahnte
sich seinen Weg durch die Fußgängerzone. Weil die Passanten nicht schnell genug
Platz machten, schaltete er Blaulicht und Sirene ein.
„Die Fete wurde gestört“, sagte
Glockner. „Die Monsterbande hat wieder zugeschlagen. Mindestens im Dutzend sind
sie angerückt. Es gibt eine Menge Verletzte und erheblichen Sachschaden. Zwei
Lehrer sind krankenhausreif. Und“, er stockte, „auch Gaby ist verletzt.“
4. Große Schwester, kleiner Bruder
In der Schalterhalle des Bankhauses
GREDIT lief der Betrieb weiter.
Aber Bettina Lechner fiel aus. Ihr
Seelenzustand ließ einfach nicht zu, daß sie eine Geldsumme fehlerlos abzählte.
Wahrscheinlich hätte sie Hunderter mit Tausendern verwechselt und neue
Geldscheine naß geheult.
Deshalb schickte Direktor Zahlske seine
sonst so tüchtige Mitarbeiterin nach Hause.
„Gehen Sie zum Arzt, Fräulein Lechner.
Oder trinken Sie wenigstens einen Beruhigungstee. Morgen sehen wir weiter.“
Auch Igur Holzapfel hatte seine
Ermittlungen beendet und den Weg zum Präsidium fußläufig angetreten. Igur hielt
den Einsatz vor Ort für vertane Zeit. Den Bankräuber würde — wie viele dieser
Zunft — nur ein lausiger Zufall überführen. Aber der verbündete sich ganz
selten mit der Polizei.
Als Bettina, in ihren Mantel gehüllt,
ins Freie trat, sah sie Glockners Assistenten noch. Er verschwand eben unter
den Kolonnaden ( Säulengang ) drüben beim Kaufhaus. Sein moderner — braun-
und weizenblond eingefärbter — Kurzhaarschnitt hob sich ab von den übrigen
Dumpfköpfen.
Bettina wartete.
Sie wollte nicht, daß der
Kriminalbeamte ihr zufällig über den Weg lief. Sie schluchzte und weinte nicht
mehr, hatte sich die Nase gepudert und die Lider getuscht — aber sie fürchtete
sich vor weiteren Fragen. Innerlich war ihr immer noch zum Heulen zumute, doch
hinzu kam nun ein Zorn — ein heftiger Zorn.
Beruhigungstee! dachte sie. Mein Gott!
Der Zahlske ist dumm wie Kleingeld.
Enger zog sie den Mantel um sich.
Um zu ihrer Wohnung zu kommen, hätte
sie rechts um die Ecke biegen müssen.
Stattdessen ging sie geradeaus und
schwenkte dann links in die Praisnobel-Gasse, die in Richtung Altstadt führt,
aber nicht in jenen Teil, wo die Glockners zu Hause sind, sondern in ein
verwahrlostes Viertel.
Es begann zu regnen.
Bettina nahm ihren Knirps aus der
Handtasche, aber der Kleinschirm ließ sich, wie üblich, nicht öffnen. Bettina
mußte in einen Hauseingang flüchten, wo sich der Schirm endlich entfaltete.
Sie ging etwa 20 Minuten in flottem
Tempo. Dann erreichte sie ihr Ziel.
Es war ein schäbiges Haus mit narbiger
Fassade und einer Eingangstür, deren Schloß nicht funktionierte.
Bettina stieg drei Treppen hinauf, ging
den Flur entlang und klingelte an einer Wohnungstür.
Hinter der rief eine Stimme: „Bin nicht
zu Hause.“
Bettina ließ den Daumen auf der
Klingel.
„Oder bist du’s, große Schwester?“
fragte die Stimme.
„Mach auf!“
Sascha Lechner öffnete.
Er war 20, sah gut aus und versteckte
seine angeborene Unsicherheit hinter einem spöttischen Grinsen, das er nie
ausknipste — vermutlich auch im Schlaf nicht.
Bettina holte aus und verpaßte ihrem
Bruder die saftigste Ohrfeige, die er jemals erhalten hat.
„Schon gut, schon gut!“ Er befühlte
seine Backe, während er zur Seite trat. „Komm rein.“
Es gab keine Diele. Man trat direkt in
das sogenannte Ein-Zimmer-Apartment, zu dem ein Klo gehörte und eine
Kochnische.
Bettina ließ sich in einen Sessel
fallen. Wieder drängte ihr das Schluchzen in die Kehle.
„Um Himmels willen, heul nicht, große
Schwester! Sonst werfe ich mich auf den Boden und beiße in den Teppich.“
„Du verdammter Kerl!“ schluchzte sie.
„Du elender... Verbrecher. Ja, das bist du jetzt: ein Verbrecher.“
„Na, aber“, meinte er lahm. „Warum so
beleidigend? Man darf doch mal straucheln — als junger Mensch.“
„Du hast dich darauf verlassen, daß ich
dich nicht
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