Achtung: Die "Monsters" kommen!
Karl
und glich ihm figürlich wie ein Windhund dem andern. Daß sie sich vor Tänzern
nicht retten konnte, wäre übertrieben gewesen. Karl fand sie nett. Sie wohnte
in derselben Straße wie er; aber die Bekanntschaft hatte sich bisher auf
freundliches Grüßen beschränkt. „Schwofst du mit mir?“ fragte er.
„Kannst du Mambo?“ fragte sie erfreut.
„Ist das Mambo, was jetzt gespielt
wird?“
„Für was hast du’s denn gehalten?“
„Ach, weißt du“, grinste er, „darüber
mache ich mir keine Gedanken. Sowas überlasse ich meinen Füßen.“
Sie gab ihm ihre Organgenmixflasche zum
Halten. Weil er nicht wußte, wohin damit, blieb sie in seiner Hand — während
der nächsten drei Tänze. Wobei er eisern die Öffnung mit dem Daumen verschloß,
damit vom Getränk nichts verlorenging.
Als Karl das Mädchen zu seinem Platz
zurückbrachte, stolperte er über ein ausgestrecktes Bein.
Er wäre gestürzt, griff jedoch
haltsuchend zu und erwischte einen Arm des Typs.
„Heh!“ fuhr der ihn breitmäulig an.
„Besoffen?“
Karl wurde fast übel. Der Typ — ein
etwa 17jähriger, den Karl nicht kannte — roch wie eine Schnapsbrennerei.
„Ich nicht. Aber du... du hast mit dem
Fuß gehäkelt.“
„Was ist denn das für ein Ton? Mußt
wohl erstmal lernen, was Respekt ist, Spargelstange! Zisch ab!“
Karl erhielt einen Stoß, daß er Nadine
fast umgerissen hätte. Ein kräftiger Schwapp Orangenmix schoß aus der Flasche
und traf ein Mädchen in einem — zum Glück — orangenfarbenen Kleid.
Sie quietschte. Empört sah sie Karl an.
„Entschuldige!“ sagte er. „Aber der hat
mich geschubst.“
Er deutete hinter sich, doch der Typ
war verschwunden. „Kanntest du den?“ fragte Karl jetzt Nadine.
„Nie gesehen vorher. Ich finde ihn
abscheulich. Wer hat den eingeladen?“
Gaby und Carina, die auch getanzt
hatten, kamen heran. „Habt ihr euch gegenseitig auf die Füße getreten?“ lachte
Gaby. „Ihr seht so betreten aus.“
„Ein Typ hat mich angemotzt“, erklärte
Karl. „So ein großer Blonder — mit ‘nem Kreuz wie ein Kleiderschrank. Die Fahne
hättet ihr riechen müssen! Der Typ ist betrunken.“
„Hier gibt es nirgendwo Alkohol“,
verwahrte sich Carina.
„Aber man kann eine Schnapsflasche
einschmuggeln“, sagte Karl. „Hoffentlich ist er der einzige. Sonst kommt euer
Fest in Verruf.“
„Und außerdem...“, Gaby sprach nicht
weiter.
Über die Köpfe von etwa 20 tanzenden
Paaren und etwa 50 Nichttänzern sah sie zur Tür.
Der Ein-/Ausgang der Turnhalle führte
auf einen schmalen, überdachten Hof.
Von dort drängten sie herein — ein
Dutzend, mindestens.
Es waren stabile Typen, teils in
schrillen, teils in derben Klamotten. Alter: zwischen 17 und 19. Aber das
konnte Gaby nur schätzen. Denn von den Gesichtern sah man nichts.
Sie trugen Masken, schauerliche
Horrormasken aus Gummi: Totenschädel, Draculas, Teufel, Zombies.
„Um Himmels willen!“ flüsterte Gaby.
„Die Monsters! Dort! Wo... wo ist ein Telefon?“
In diesem Moment wurden die Maskierten
auch von anderen bemerkt.
Mädchen schrien auf.
Paare unterbrachen ihren Tanz.
Krachend wurde die Tür zugeschlagen. Es
klang endgültig, als gäbe es nun kein Entrinnen mehr.
Der Blues, der gerade lief, tönte immer
noch schmelzig aus den gut verteilten Lautsprecherboxen.
Gaby blickte umher.
Mindestens 50 Jungs waren in der
Turnhalle. Aber die sahen so elend feingemacht aus. Kaum wehrhafter als die
Mädchen. Und die beiden Lehrer? Guntram, der Sportlehrer, und Dr. Badatzki, der
Sprachen unterrichtete...
Dort waren sie.
Entschlossen traten die beiden jungen
Männer den Maskierten entgegen, der berüchtigten Monsterbande.
Ein vielstimmiger Aufschrei stieg unter
die hohe Turnhallendecke.
Gaby sah gerade noch, wie Guntram
zusammenbrach, von Tritten und Schlägen getroffen. Badatzki wurde wie ein
Squashball behandelt und flog von einem Monster zum andern. Er blutete aus der
Nase. Die Lippen waren aufgeplatzt. Jetzt fiel er hin.
Und die Monster stürmten los.
Tische wurden umgeworfen. Flaschen
splitterten. Cola und Fruchtsaftgetränke ergossen sich auf den Boden. Kuchen
flogen umher. Fausthiebe und Handkantenschläge prasselten auf Mädchen wie auf
Jungen. Tritte zerstörten die Lautsprecherboxen. Der HiFi-Turm wurde
umgestoßen. Plattenspieler, Rekorder und die teuren Verstärker gaben ihren
Geist auf. Verletzte lagen am Boden. Und die Monster wüteten weiter. Der Blues
war verstummt. Nur Wimmern und Schreie
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