Achtung, Gutmenschen!: Warum sie uns nerven. Womit sie uns quälen. Wie wir sie loswerden.
persönlich anwesend. Ein solches Übermaß an Edelmut nötigt selbst hartgesottene Gutmenschen zu einer anschließenden langen Erholungspause mit dem Genuss von Horrorfilmen und 3D-Ego-Shootern.
Finden sich Gutmenschen auch am 11. September zu einem Gedenken zusammen? Dreitausend Menschen starben bei einem Terroranschlag islamischer Fundamentalisten. Aber nein, da kommt den Gutmenschen die Sache doch zwiespältig vor. Richtete sich dieser Anschlag nicht auch gegen den Bösmenschen George Bush? Und überhaupt gegen die verdächtigen Amerikaner? Also, nein, das ist kein Tag, an dem Gutmenschen sich eine Ablassurkunde abholen können. An den islamischen Faschismus wollen sie nicht denken, lieber an den guten alten.
Und da gibt es ja zum Glück immer noch den Tag der Bücherverbrennung. An ihm sammeln sich unter dem Motto «Nie wieder» immer wieder AutorInnen und SchauspielerInnen, um sich ihren Ablass in Form moralischer Belobigungen abzuholen. In der analphabetischen Annahme, in Büchern stände von Natur aus etwas viel Wertvolleres als in Zeitungen, erlauben sie Zeitungen zum Anheizen des Kamins, Bücher jedoch nicht. Was denn, nicht mal Bücher von Rechtsradikalen oder Revisionisten dürfen verheizt werden? Na ja, die besitzt natürlich niemand!
Also: Auch schlechteste Bücher dürfen allenfalls in den Altpapier-Container geworfen werden, damit die Stadtreinigung sie verbrennt oder damit ein Recycling-Unternehmen Klopapier daraus macht. Dann können die Bücher den Gutmenschen sogar zum zweiten Mal als Reinigung dienen.
Bosheiten für Gutmenschen
Gutmenschen gedenken gern vergangener Untaten und möchten sich mit gegenwärtigen Untaten möglichst wenig beschäftigen. Besonders, wenn ihnen unklar erscheint, wer da der Böse ist. Gegen diese schwammige Haltung wendet sich das Manifest der 12 , das wir unserem Lieblings-Gedenk-Gutmenschen gern überreichen – hier in der Übersetzung von Jochen Hehn. Es ist ein Manifest von zwölf überwiegend aus dem islamischen Kulturkreis stammenden Intellektuellen, das sich nicht gegen das Vergessen richtet, sondern gegen das aktuelle Wegsehen:
«Nachdem die Welt den Faschismus, den Nazismus und den Stalinismus besiegt hat, sieht sie sich einer neuen weltweiten totalitären Bedrohung gegenüber: dem Islamismus.
Wir Schriftsteller, Journalisten, Intellektuellen rufen zum Widerstand gegen den religiösen Totalitarismus und zur Förderung der Freiheit, Chancengleichheit und des Laizismus für alle auf.
Die Ereignisse nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in europäischen Zeitungen zeigen die Notwendigkeit des Kampfes für die universellen Werte. Dieser Kampf kann nicht mit Waffen, sondern muss auf dem Feld der Ideen gewonnen werden. Es handelt sich nicht um ein Aufeinanderprallen der Kulturen oder einen Gegensatz von Okzident und Orient, sondern um einen weltweiten Kampf der Demokraten gegen die Theokraten.
Wie alle Totalitarismen nährt sich der Islamismus aus der Angst und der Frustration. Auf diese Gefühle setzen die Hassprediger, um mit ihren Bataillonen eine Welt der Unfreiheit und Ungleichheit zu erzwingen. Wir aber sagen laut und deutlich: Nichts, nicht einmal Verzweiflung, rechtfertigt Massenverdummung, Totalitarismus und Hass. Der Islamismus ist eine reaktionäre Ideologie. Überall, wo er sich breitmacht, zerstört er Gleichheit, Freiheit und Laizismus. Wo er erfolgreich ist, führt er nur zu einer Welt des Unrechts und der Unterdrückung: der Frauen durch die Männer und aller anderen durch die Integristen.
Wir lehnen den kulturellen Relativismus ab, der im Namen der Achtung der Kulturen und der Traditionen hinnimmt, dass den Frauen und Männern der muslimischen Kultur das Recht auf Gleichheit, Freiheit und Laizismus vorenthalten wird.
Wir weigern uns, wegen der Befürchtung, die ‹Islamophobie› zu fördern, auf den kritischen Geist zu verzichten.
Wir plädieren für allgemeine Meinungsfreiheit, damit sich der kritische Geist auf allen Kontinenten gegen jeden Missbrauch und gegen alle Dogmen entfalten kann.
Wir richten unseren Appell an die Demokraten und freien Geister aller Länder, damit unser Jahrhundert eines der Aufklärung und nicht eines der Verdummung wird.»
Ayaan Hirsi Ali, Chahla Chafiq, Caroline Fourest, Bernard-Henri Lévy, Irshad Manji, Mehdi Mozaffari, Maryam Namazie, Taslima Nasreen, Salman Rushdie, Antoine Sfeir, Philippe Val, Ibn Warraq
Das gemeine Geschenk
Das Buch Schöner denken von Josef Joffe, Dirk Maxeiner,
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