Achtung Klappe
Lust verspürte, Telefongespräche zu führen, legte ich den Hörer neben den Apparat.
Um 10 Uhr jedoch ergriff ich den Hörer wieder und wählte die Taxizentrale und bestellte für sofort einen Wagen, anschließend stellte ich mich vor den Spiegel und sprach mir Mut zu:
„Ein bißchen marschieren, Baldi, das ist keine Hexerei. Du hast keinen Grund, dir deswegen aus Angst in die Hose zu machen. Du hast die Masern, einen schräggewachsenen Weisheitszahn, zwei Lungenentzündungen und drei Fischvergiftungen überstanden, was regst du dich da über ein bißchen Marschieren auf? Sieh dich an: dick, stämmig, rund und fest! So stehst du auf dieser Erde. Was und wer sollte dich umschubsen? Doch nicht eine lächerliche Kamera! Du marschierst wie immer. Mit strammem Links-zwo-drei-vier, wie ein echter Meisterdetektiv. Mußt ja nicht unbedingt an die Chinesen dabei denken. Und wenn...“
Rrrrrrrrrrrrr-Rrrrrrrrrrrrr-Rrrrrrrrrrr...
So klingeln nur Taxifahrer, neugierig und mit Nachdruck. Neugierig, ob die telefonische Bestellung kein Schwindel war, und mit Nachdruck, weil unten die Taxiuhr lief.
„Komm, Pinsel, es wird ernst!“
Diesmal kam Pinsel auf das erste Rufen. Fröhlich und ausgelassen.
Rrrrrrrrrrrrr...
„Hörst du es, Pinsel. Diesmal werden wir von einer ungeduldigen Semmel chauffiert.“
Ich öffnete die Tür und erstarrte. Eine Reihe von Schlägen traf mich.
Vor mir stand ein Wesen, das eine gewisse Ähnlichkeit mit mir aufwies, schon deshalb, weil es wie ich gekleidet war. Von dem Gesicht allerdings sah man nicht übermäßig viel. Das meiste versteckte der Besucher hinter Mull und Pflaster.
Pinsel bellte vor Begeisterung.
„Nobsie!“ japste ich überwältigt und spürte aufrichtige Dankbarkeit für diesen Augenblick. Nobsie hatte die Tortur also einigermaßen überstanden. Er zeigte mit dem Finger nach unten.
„Hier lag ich und war am Verbluten. Und warum? Nur weil Sie sich die Nacht um die Ohren schlagen mußten. Und so was nennen Sie Freundschaft!“
Wir schüttelten uns die Hände. Sehr behutsam angesichts der angebrochenen Rippen, die, so Nobsie, durch riesige Pflaster zusammengehalten wurden.
„Kommen Sie direkt aus dem Krankenhaus?“ fragte ich.
Er schüttelte den Kopf.
„Ich komme von der Polizei. Ich habe die beiden Kerle identifiziert, die mich verwechselt haben. Von Inspektor Schulz weiß ich auch, daß es Ihnen zu verdanken ist, daß man sie festnehmen konnte.“
„Es lag mehr an Kommissar Zufall. Jedenfalls fühle ich mich bis an mein Lebensende in Ihrer Schuld.“
Nobsie nickte, und daß er dabei lächelte, erkannte ich daran, daß sich Pflaster und Verbände verschoben.
„Das tut gut zu hören.“
„Es ist das erstemal, daß jemand für mich Prügel in Empfang genommen hat.“
Nobsie tippte sich vorsichtig gegen die Brust.
„Ich hatte dummerweise Kunigunde in der Garderobe zurückgelassen. Mit ihr in der Hand wäre ich vielleicht davongekommen.“
Es klingelte. Diesmal von unten. Das mußte das Taxi sein.
„Begleiten Sie mich zum Drehort?“
„Ach, die wollen drehen?“
„Ja, und ich spiele Ihren Balduin Pfiff, was sagen Sie dazu?“
„Ich bin baff wie bäffchen!“ sagte Nobsie, und wieder bewegte sich sein Verband.
Langsam stiegen wir die Treppen hinunter, und dabei richtete mir Nobsie aus:
„Schöne Grüße soll ich Ihnen von Inspektor Schulz sagen. Er hat fünfzigmal versucht, Sie telefonisch zu erreichen...“
„Ich hatte den Hörer daneben gelegt!“ gestand ich.
„Ich soll Ihnen ausrichten, daß man diesen Masseritz und zwei andere Männer gegen 9 Uhr vor einem Hotel verhaftet hat. Sie wollten gerade in einen Wagen steigen, in dem sich über zwei Millionen in Falschgeld befanden.“
„Welch ein Tag nach so einer Nacht“, seufzte ich.
Drei Minuten vor dem vereinbarten Termin trafen Nobsie und ich am Drehort ein. Nobsies Auftauchen löste großes Hallo aus. Und mein mullbindenverkleidetes Ebenbild genoß als Mittelpunkt die Anteilnahme und die Zuneigung, die ihm von allen entgegengebracht wurden.
Doch dann begann der Ernst des Tages. Keine Schwierigkeiten bereitete mir die Aufnahme mit der Jacken-Arie. Der schon tausendmal praktizierte Trick saß auf Anhieb.
Nun ging es hinunter auf die Straße.
Der Regisseur erklärte mir:
„Sie treten also dort aus der Haustür, überqueren die Straße und marschieren auf der anderen Seite in Richtung Baustelle. Alles klar?“
„Alles klar“, nickte ich.
„Wenn ich .Kommen! 1 rufe, kommen
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