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Achtung Klappe

Achtung Klappe

Titel: Achtung Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Fortbewegung eigentlich nicht nennen. Es war mehr ein schaukelndes Vorwärtsfallen, ein Torkeln oder ein steifes Dahinstelzen.
    Der Mann, der da versuchte, die Zeitung zu überqueren, war ich!
    Beim steinzeitlichen Höhlenfritz, was tat sich in mir? Wieso verweigerten mir meine Beine plötzlich, ordentlich zu gehen? Hatte ich etwa gar Angst vor der Filmerei? Lächerlich, ich, ein Meisterdetektiv... Ich würde in einem Tempo die Straße entlangmarschieren, daß der Kameramann am anderen Tag Muskelkater in den Augen haben würde.
    Ich schleuderte die Zeitung in die entgegengesetzte Sofaecke.
    „Pinsel!“ Pinsel rührte sich nicht vom Fleck. Ich glaube, er hielt sogar den Atem an.
    „Pinsel!!!“
    Er räkelte sich, scheinheilig, so, als sei er soeben erwacht. Er brachte sogar ein gekränktes Gähnen zustande, wobei er das linke Augenlid hob.
    „Tue nicht, als hättest du im Tiefschlaf gelegen!“
    Jetzt öffnete er auch seinen zweiten Strahler und lächelte.
    „Es ist dreiviertel acht, wir machen jetzt ein paar Proberunden ums Karree!“
    Pinsel stellte sein Lächeln ein, indem er die Oberlippe auf die Zähne zurückfallen ließ. Er streckte sich und schloß beide Augen. Ich erhob mich, setzte meine Mütze auf, packte meinen Schirm und drohte:
    „Wenn du dich nicht sofort erhebst und mit Begeisterung meinem Vorschlag zustimmst, gehe ich allein und komme erst in drei Wochen wieder!“
    Die „drei Wochen“ gingen ihm durch Haar und Zahn.
    Innerhalb einer Sekunde sprang er auf und stand an meiner Seite.
    „Erpresser!“ sagten seine Augen. Woher sollte er auch wissen, wie schwierig es war, plötzlich und unerwartet in den Anzug eines Filmstars schlüpfen zu müssen.
    Millionen, ach was, Milliarden in aller Welt würden mich marschieren sehen. Das heißt, „Milliarden“ war wohl übertrieben, noch übertrieben, denn wie mir Müller-Maroni sagte, hatten die Chinesen noch nicht endgültig ja gesagt. Nahm man es genau, so kam jetzt eigentlich alles nur noch auf meine marschierende Figur an... Oja, ich liebe die Chinesen. Schon deshalb würde ich einen Marsch aufs Pflaster legen, daß meine Freunde von Peking bis Schanghai nicht aus dem Staunen herauskommen sollten.
    „Gehen wir!“
    Pinsel ließ mich seinen Mißmut spüren. Er flitzte nicht voller Ausgelassenheit die Treppen hinunter, er ließ sich mehr von Stufe zu Stufe plumpsen, während ich wenig später versuchte, in eleganter und vornehmer Haltung ein flottes Links-zwo-drei-vier auf den Asphalt zu zaubern.
    Der alte Möffel von „Möffels Nachf.“, einem Laden für Autozubehör, schob gerade das Eisengitter vor dem Eingang zur Seite, als er mich entdeckte. Irgendwie mißfielen mir die Blicke, mit denen er mich musterte. Als ich auf seiner Höhe war, rief er laut und aufdringlich über die Straße:
    „Haben Sie einen Hexenschuß, Herr Pfiff?“
    „Warum sollte ich einen Hexenschuß haben, Herr Möffel?“
    „Weil Sie so gehen. Ich hab’ da ein prima Mittel.“
    Ich schleuderte ihm meine gesammelte Verächtlichkeit zu und blaffte wütend zurück:
    „Ich hab’ keinen Hexenschuß. Ich übe für die Olympiade im Krummgehen!“
    Er verzog sein Gesicht. War er nun verschnupft, oder tat er nur so? Meinetwegen, als Fußgänger brauchte ich sowieso kein Autozubehör.
    Trotzdem wurmte mich der „Hexenschuß“ höllisch. Ging ich denn wirklich nicht normal?
    Nach so einer Nacht nun so ein Tag...

    Um dreiviertel neun trafen wir wieder in unseren vier Wänden ein. Meine Laune befand sich in Höhe meiner Schuhsohlen. Während Pinsel an seinem Frühstücksknochen zu knaupeln begann, baute ich mich vor Onkel Balduin auf.
    „Was ist mit mir los, Onkel?“ fragte ich. „Erkläre mir, warum ich plötzlich eckig wie ein Karton durch die Gegend stampfe!“
    Balduin der Erste schwieg. Stumm sah er mir aus seinem silbernen Rahmen entgegen.
    „Ich denke, du hast für alles eine Antwort. Hast du nicht immer behauptet, daß es für dich nichts gäbe, das ohne Lösung sei? Nun sag schon: Warum schaukle ich wie ein beschwipster Nachtwächter durch die Gegend?“
    Schweigen!
    „Glaubst du etwa auch, ich hätte Angst vor der Filmerei? Du irrst! Angst habe ich nur vor fliegenden Untertassen und Gift in der Buttermilch!“
    Schweigen!
    „Sagtest du eben etwas?“
    Die Wahrheit: Onkel Balduin blieb stumm! Ich konnte nicht das leiseste Muskelzucken und auch kein noch so angedeutetes Augenzwinkern auf seinem Foto entdecken.
    Pinsel nagte, ich grübelte.
    Und weil ich keinerlei

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