Achtung Klappe
Angewohnheit ist. Aber diese kann man doch auch ohne Drohbrief aus der Welt schaffen. Was wissen Sie von der Klapperschlange?“
Herr Wagenknecht nahm seine Brille ab, rieb sich die Augen, zwinkerte und setzte die Brille wieder auf. „Ist das eine ernstgemeinte Frage, Herr Detektiv?“
„Ich stelle nur ernstgemeinte Fragen. Selbst dann, wenn es sich nicht danach anhört.“
„Tut mir leid, mit dieser Frage kann ich nichts anfangen.“ Und mit einem breiten Grinsen fügte er hinzu: „Ich schreibe keine anonymen Briefe, züchte keine Klapperschlangen und bohre auch keine Löcher in alte Autos. Aber eines möchte ich noch loswerden: Wenn Sie Ihrem Auftraggeber wieder begegnen, dann richten Sie ihm aus, daß ich ihn anzeige, wenn er noch lange meine Semmeln mit seinen Abgasen ungenießbar macht. Und jetzt müssen Sie mich entschuldigen, mein Arbeitgeber hat einen Tick, was die Pünktlichkeit anbelangt!“
Er erhob sich, hob noch grüßend die Hand und ging... das heißt, er wollte gehen, aber dann fiel ihm noch etwas ein. Er kam die anderthalb Meter zurück, beugte sich zu mir herunter und sagte leise: „Versuchen Sie Ihr Glück doch mal bei Kürbiszüchter Merx! Auf Wiedersehen, Herr Detektiv!“
„Meisterdetektiv!“ rief ich ihm hinterher.
Wagenknechts Wege kreuzten sich mit denen des Wirts. Und der kam auch gleich auf mich zu.
„Hatten Sie Ärger mit Herrn Wagenknecht?“
„Aber nein“, lächelte ich, „er wollte mir nur nicht glauben, daß ich noch eine dritte Tagessuppe esse.“
Der Wirt streckte strahlend seine Brust heraus und versprach: „Ich hole Ihnen das ganze Dicke von unten hoch!“
„Ich werd’s den Verwandten sagen!“ blinzelte ich zurück.
Um 16 Uhr traf ich wieder in meiner Wohnung ein. Die „Tagessuppen“ hatten eine ungeheure Wirkung hinterlassen: Ich verspürte Durst wie ein Regenwurm in der Sahara. Also ließ ich erst einmal ein Literchen eisgekühlte Buttermilch durch meine Schluckmuskeln nach unten befördern. Anschließend nahm ich Pinsel auf den Arm und erzählte ihm die Geschichte von den Katzen, und dann... dann rief ich Peter-Johann Zwerg an. Er mußte mit dem Kopf auf dem Telefon geschlafen haben. Erstens klang seine Stimme verschlafen, und zweitens war sie sofort da.
„Jaaaaaaaaaaaa????“
Ob ich wollte oder nicht: Ich mußte gähnen.
„Ich bin’s, Herr Zwerg!“
„Oooooooooooo...“
„Stimmt’s, Sie haben geschlafen?“
„Ein wenig nur! Haben Sie Neuigkeiten, Herr Pfiff?“
„So kann man es nennen. Herr Merx...“
„Oh, dieser scheinheilige Schuft...“ brüllte Zwerg ins Telefon, „ich bringe diesen scheinheiligen Schuft um, diesen armseligen Kürbiszüchter, ich... ich... Hallo, Herr Pfiff, sind Sie noch da?“
„Sie sollten die klugen Leute ausreden lassen, Herr Zwerg. Ich wollte sagen: Herr Merx war es nicht! Der Briefschreiber heißt Wagenknecht!“
„Wa... Wa... Wa... Wagenknecht...“ Ich hörte den Zwerg schlucken. Und leise traf sein böses Stimmchen bei mir ein. „Natürlich werde ich ihn nicht umbringen. Ich gehe jetzt unverzüglich zur Polizei und erstatte Anzeige.“
„Es gäbe noch eine Möglichkeit, Herr Zwerg!“
„Und die wäre?“
„Sie setzen sich mit ihm mal an einen Tisch und bereden in aller Ruhe die Abgase. Ich bin gern bereit, ein solches Zusammentreffen für Sie zu arrangieren... Das erspart Ihnen Ärger, und das erspart Wagenknecht Ärger. Und immerhin: Noch hat er ja nicht gebohrt!“
„Aber er wollte.“
„Wer weiß... Vielleicht wollte er in Wirklichkeit gar nicht wollen...“
„Wieso hat er eigentlich die Sache so schnell zugegeben?“
„Hat er nicht. Er hat sich nur verplappert. Er wußte für einen Ahnungslosen einfach zu viel... Also, beim spinnebeinigen Bonifatius, was halten Sie von meinem Vorschlag?“
„Ich... Ich werde mal darüber nachdenken, Herr Pfiff!“
„Tun Sie das, Herr Zwerg!“ sagte ich und anschließend was ganz Dummes: „Und sollten Sie zu dem Entschluß kommen, daß Miteinanderreden doch die feinere Art ist, dann verzichte ich auf die zweite Hälfte meines Honorars. Na, was sagen Sie jetzt?“
„Also... wenn das so ist, dann versuche ich es doch mal mit Reden!“
Auf diese Art kam ich, Dummkopf, Meisterdetektiv und Buttermilchtrinker, um die Hälfte eines stolzen Honorars. Mein Onkel, Balduin Pfiff der Erste, hatte wohl recht, wenn er sagte: Nur der Arme kann es sich leisten, großzügig zu sein. Ich armer Armer...
Überfall bei laufendem Motor
oder
Wie die
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