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Achtung Klappe

Achtung Klappe

Titel: Achtung Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Diamanten in den Wald kommen sollten

    Sechs Tatsachen gab es zum Zeitpunkt des Klingelns.
    Erste Tatsache: Ich fühlte mich satt, wohl und bei bester Laune!
    Zweite Tatsache: Pinsel fühlte sich ebenso.
    Dritte Tatsache: Wir waren beide ausgehbereit.
    Vierte Tatsache: Es schlug gerade 15 Uhr.
    Fünfte Tatsache: Es war Dienstag.
    Sechste Tatsache: Das Klingeln verdarb mir hart und unerbittlich die gute Laune.
    Ich konnte mich nicht daran erinnern, daß dienstags um 15 Uhr schon mal ein Glücksbringer vor der Tür gestanden hatte, ei der Daus und heiliges Kanonenröhrchen.
    „Wau-wau-wau!!“ ärgerte sich Pinsel so laut, daß ich den Gedanken „nicht-zu-Hause-zu-sein“ fallenlassen mußte. Schließlich entschloß ich mich zu behaupten, wer immer es auch sei, bei mir handle es sich nicht um mich, sondern nur um einen, der bei mir wohnte.
    Doch der Witz blieb mir förmlich im Hals stecken, als ich den vornehmen Herrn auf mich blicken sah. Vornehmheit hat mich schon von jeher mächtig beeindruckt. Vielleicht lag es auch daran, daß an meiner komischen Figur selbst der beste Maßanzug wie ein Kostüm aussah.
    Dieser hier jedoch war ein Obervornehmer. Vom Scheitel bis zur blinkenden Lacklederschuhspitze sah alles vornehm und fabrikneu aus.
    Das leichte Lüpfen des Hutes, das elegante Hochziehen der Augenbrauen und die angedeutete Verbeugung, bei Jussuv, dem Bartzupfer, das machte ihm so schnell keiner nach.
    „Habe ich das Vergnügen, mit Herrn Pfiff zu sprechen?“
    Na, konnte ich da vielleicht noch behaupten, ich sei mein eigener Untermieter? Bei so viel leise gefragter Vornehmheit? Also sagte ich: „Das Vergnügen haben Sie, mein Herr!“
    Und er: „Ich sehe, Sie sind zum Weggehen gekleidet, halte ich Sie von einer wichtigen Besorgung ab?“
    „Aber nein“, gestand ich, „ich wollte nur mit meinem Hund ein paar flinke Verdauungsrunden drehen. Aber die lassen sich auch ein Stündchen später einplanen, was, Pinsel?“
    „Woooouuuuuu!“ Das hieß kurz und bündig: schlecht.
    Und jetzt kommt’s: Mein Besucher sagte nicht einfach: „Mein Name ist Lannak!“ O nein, der sagte: „Lannak, mein Name!“
    Das klang nach Präsident oder Generaldirektor, auch ein bißchen nach Staatssekretär.
    Also ließ ich meine Rechte einen respektgeladenen Halbkreis beschreiben und sagte:
    „Bitte, Herr Lannak, treten Sie ein!“
    Da Pinsel keine Anstalten machte, den Platz zu räumen, hob Herr Lannak einen belackschuhten Fuß nach dem anderen über meinen trotzenden Knorpelfresser.
    Natürlich hätte ich Pinsel anschnauzen oder ihn einfach per Hand aus dem Weg räumen können. Aber komischerweise kam mir dieser Gedanke gar nicht. Ich war fasziniert von der Grandezza, mit der Herr Lannak das Hindernis überquerte.
    Nachdem er Kaffee, Tee, Mineralwasser und eisgekühlte Buttermilch mit einem Wink, weich wie Watte, abgelehnt hatte, kam er zu seinem Anliegen:

    „Ich beabsichtige, Sie für eine kurze Reisebegleitung zu engagieren.“
    Unwillkürlich mußte ich an Jojo und die Glatze mit den Sommersprossen denken.
    „Für Reisebegleitungen bin ich Spezialist! Ich war kürzlich in dieser Eigenschaft sogar auf Kreta.“
    Herr Lannak schien irritiert.
    „Kreta??“
    „Kreta!!“ nickte ich. Was störte den Vornehmen an Kreta?
    „Meine Reise ist wesentlich kürzer. Kaum zwanzig Kilometer lang.“
    Ich ließ mir nichts anmerken, auch nicht, daß ich zwanzig Kilometer für keine Reise, sondern für einen Froschhupfer hielt.
    „Könnten Sie mir morgen nachmittag zur Verfügung stehen, Herr Pfiff?“
    Mit einem Blick zur Decke murmelte ich ein nachdenkliches, dreimetervierzig langes „Moooooooooorgen??“ und nickte schließlich: „Doch, ja, im Prinzip ginge das.“
    Er beugte sich leicht vor.
    „Sie hegen Befürchtungen?“ Ein vornehmer Frageblick traf mich über der Nase, ich spürte ihn richtig aufprallen.
    „Ich sage ungern ja zu einer Sache, von der ich weiter nichts weiß, als daß sie stattfinden soll. Wie wär’s mit Einzelheiten?“
    Diesmal nickte er: „Die sollen Sie haben. Ich möchte morgen einige wertvolle Stücke aus meinem Bürosafe zur Industriebank in Wertlingen bringen.“
    „Nach Wertlingen?“ wiederholte ich und fragte mich dabei, um welche Stücke es sich wohl handeln könnte. Briefmarken, Schmuckstücke, Bilder, vielleicht auch Dokumente?
    „Darf ich fragen, um was genau es sich bei den Stücken handelt?“
    Er senkte die Stimme. Ein unruhiges Zucken war um seine Mundwinkel, und seine Hände drehten

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