Achtung Kurven
Kommissar«, sagte er liebenswürdig und ging zu seinem Wagen. Der Kommissar sah ihm mit einem kalten Blick nach.
Herold fuhr leichteren Herzens in die Stadt zurück, denn nun konnte er der Chefin berichten, daß er für die Demontage der Nummernschilder leider zu spät gekommen war. Aber sonst war ihm nicht besonders wohl zumute. Diesem Kommissar war durchaus zuzutrauen, daß er ahnte, in welcher Absicht er zur Unfallstelle hinausgefahren war. Und er hielt es fast für sicher, daß die Polizei ihn im Auge behalten würde. Wenn er heute nacht ein Hotel aufsuchte, dann war zu befürchten, daß die Polizei seiner Wohnung einen Besuch abstatten würde. Also fiel das Hotel aus, aber der Gedanke, mit dem Chef in einem Raum übernachten zu müssen, verursachte ihm eine Gänsehaut.
Vor dem Hause Bauersfeld stand das Polizeiauto.
Als er die Treppe zur Bauersfeldschen Wohnung emporstieg, beugte sich die Chefin oben über das Geländer. Sie spielte ihre Rolle ausgezeichnet. Ihr Gesicht zeigte genau die richtige Mischung von Enttäuschung und vermehrter Sorgenlast, daß >nur er< es war, der unten Einlaß begehrt hatte.
»Ach, Sie sind es, Herr Herold... Haben Sie etwas über meinen Mann erfahren?«
»Leider nicht, Frau Bauersfeld«, antwortete er tief bekümmert, »aber die Polizei ist dabei, ihn zu suchen.«
Ein Oberwachtmeister des Streifendienstes stand hinter Frau Bauersfeld in der Tür, und ein zweiter war in der Wohnung. Sie machten beide enttäuschte Gesichter.
»Das ist Herr Herold, einer unserer Fahrlehrer«, sagte die Chefin mit einer hin und her pendelnden Handbewegung, »und das ist Herr Oberwachtmeister Müller — wenn ich den Namen richtig verstanden habe...«
Herr Müller schluckte die Bosheit mit unbewegtem Gesicht. Die Chefin schien sich sehr sicher zu fühlen, und ihre Sicherheit übertrug sich auf Heinz Herold.
»Ich habe mit ihrem Chef schon gesprochen«, sagte er zu dem Beamten, »und ich muß sagen, der Kommissar war alles andere als höflich zu mir. Welches ist eigentlich die höhere Dienststelle, bei der man sich beschweren kann? Er tat geradeso, als ob ich etwas mit dem Verschwinden meines Chefs zu tun hätte.«
»Was sagen Sie da?« rief Frau Bauersfeld entrüstet.
»Stellen Sie sich diese Unverschämtheit vor!« sagte er empört. »Aber alles, was recht ist, das geht mir nun doch über die Hutschnur!«
»Halten Sie mal die Luft an!« befahl Herr Müller grob.
»Nein, zum Teufel, ich will wissen, bei wem ich mich über den Kommissar beschweren kann!« schrie Heinz Herold wild. Und seine Heftigkeit schien den Oberwachtmeister Müller nun doch zu beeindrucken.
»Wenden Sie sich an den Polizeipräsidenten, wenn Sie durchaus Ihren Wirbel haben wollen.«
»Und ob ich einen Wirbel machen werde!«
Im Hintergrund tauchte der zweite Polizeibeamte auf.
»Und mein Gatte?« schluchzte Frau Bauersfeld, »was ist mit meinem Gatten?«
Herold mußte sich auf die Lippen beißen, um nicht loszuplatzen. Aber vielleicht gab die Beförderung des Alten zum Gatten der Szene in den Ohren der Beamten einen besonders dramatischen Akzent. Sie machten sehr ernste Gesichter.
»Um ihn kümmert sich kein Mensch! Ha, die Polizei, dein Freund und Helfer. Vielleicht liegt er irgendwo blutend auf dem Feld, oder er irrt in der Gegend herum, oder...«, und die neue Möglichkeit, die sich vor ihr auftat, schien sie so zu überwältigen, daß sie die Hände vors Gesicht schlug und stöhnte, »er treibt schon irgendwo im Wasser. Der Fluß mit seinen verschilften Ufern ist doch keine hundert Schritt von der Straße entfernt!«
»Beruhigen Sie sich, Frau Bauersfeld«, sagte der Oberwachtmeister unsicher, »die Spuren Ihres Gatten führten, soweit wir sie verfolgen konnten, schnurstracks in die Stadt.«
»Blutspuren!« wimmerte sie.
»Sind wir hier fertig, Kollege Müller?« fragte der zweite Mann, der sich inzwischen in der Küche umgeschaut hatte, ob sich der Chef mit seinen zweieinhalb Zentnern vielleicht unter dem Spültisch verborgen hielt.
»Von mir aus können wir gehen«, sagte Herr Müller mürrisch, denn sicherlich erwartete Kommissar Schmölz von ihm eine Erfolgsnachricht.
»Sie sehen selbst, daß meine Chefin vor einem Nervenzusammenbruch steht«, sagte Herold mit gedämpfter Stimme, als könne er den beiden Herren den Vorwurf nicht ersparen, den Nervenzustand von Frau Bauersfeld durch ihre unzarten Fragen wesentlich verschlechtert zu haben, »denken Sie doch daran, Frau Bauersfeld sofort anzurufen, wenn Sie
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