Achtung Kurven
Zustand davon reden konnte, kurz nach sieben aus dem Hause und suchte sofort seinen Hausarzt Dr. Sommer auf, der seine Praxis schräg gegenüber der Fahrschule hatte. Als er den Arzt verließ, hatte er ein ausführliches Attest in Händen, in dem ihm bescheinigt wurde, daß er neben drei gebrochenen Rippen, einer Meniskuszerrung, einer angebrochenen Kniescheibe, einem Nasenbeinbruch und Prellungen am ganzen Körper auch eine leichte Gehirnerschütterung erlitten habe, die Bewußtseinsstörungen nach dem Unfall sehr wahrscheinlich und eine längere Schonzeit, möglichst in einer Klinik, dringend notwendig mache.
Obwohl der von Kommissar Schmölz herbeizitierte Polizeiarzt die Diagnose seines Kollegen Sommer bestätigen mußte, und obwohl der Alkoholtest negativ ausfiel, kümmerte sich der Kommissar nicht im geringsten um die anempfohlene »schonende Behandlung«, sondern nahm sich Paul Bauersfeld zwei Stunden lang vor. Natürlich hatte er inzwischen den Eichenwirt aus Windsberg herbeiholen lassen und versuchte ihn auszuquetschen, aber Schorsch hielt eisern dicht und gab zwei, im »allerhöchsten Höchstfälle« drei kleine Schorle zu, die er auch noch besonders sprudelreich gemischt zu haben behauptete.
»Sie kennen den Herrn Bauersfeld von früher, nicht wahr?«
»Ganz recht, Herr Kommissar. Er war mein Spieß. Der schärfste Hund, der jemals auf dem Kasernenhof gebellt hat. Denken Sie bloß nicht, daß ich so was ‘rauspauken würde. Im Gegenteil...!«
Paul Bauersfeld hütete sich, das Amtszimmer mit der Miene des Siegers zu verlassen. Noch schlimmer ächzend als sonst, denn er bekam tatsächlich kaum noch Luft, stellte er zum Schluß des Verhörs eine Strafanzeige gegen Unbekannt, und der Kommissar mußte die Anzeige zu Protokoll nehmen.
»Haben Sie wenigstens den Wagentyp erkannt?« fragte er knirschend vor Wut, denn er wußte genau, was hier — besonders vom Wirt der >Deutschen Eiche< in Windsberg — gespielt wurde.
»Nicht mal das!« murrte Herr Bauersfeld, »der Kerl blendete mich mit seinen Scheinwerfern völlig.«
»Und die Stelle im Maisfeld, wo Sie die Nacht zugebracht haben wollen, werden Sie natürlich auch nicht wiederfinden?«
»Was heißt wollen, Herr Kommissar? Was ich wollte, war mein gutes Bett daheim. Aber die Stelle müßte sich finden lassen. Nur können Sie in meinem Zustand« — und er klopfte auf das Attest in seiner Brieftasche — »nicht von mir verlangen, daß ich sie suche. Haben Sie nicht ‘nen guten Polizeihund auf Vorrat? Von denen hört man doch wahre Wunderdinge...«
Nachdem er die Abschleppgebühr bezahlt hatte, durfte er seinen Wagen abholen lassen. Außer der zertrümmerten Windschutzscheibe, einer eingedrückten Tür und Blechschäden war dem Mercedes nichts passiert. Und das zahlte die Kaskoversicherung.
»Wer Glück hat, dem kalbt auch noch der Ochse«, bemerkte Emil Rothe am Stammtisch. Herold hütete sich, ihm zu verraten, was in der Nacht geschehen war.
»Wie geht es dem Alten?« fragte Rothe nicht allzu besorgt.
»Er hat einiges abbekommen. Ich schätze, daß er für den Betrieb eine ganze Weile ausfallen wird.«
»Das höre ich gern«, knurrte Rothe, »aber wenn wir uns für seine verunglückten Sauftouren abzappeln müssen, dann soll er auch was springen lassen. Mir langt mein Zehnstundentag.«
Sie bekamen den Ausfall des Chefs gleich am ersten Tag zu spüren. Zwar wurde der Stundenplan ein wenig geändert, die Chefin benachrichtigte einige Kursteilnehmer, die es nicht brandeilig hatten, sich für kurze Zeit mit einer Fahrstunde pro Woche zu begnügen, trotzdem ging der Zirkus für die beiden Fahrlehrer mit zwei kurzen Unterbrechungen für das Mittag- und Abendessen von acht Uhr morgens bis zehn Uhr abends.
Mittags fing Frau Zauner Heinz Herold vor der Fahrschule ab. Er sah ihr schon von weitem an, daß sie keine guten Nachrichten mitbrachte. Sie sah unglücklich und erschöpft aus. Die Verhandlung gegen Oskar Zauner war auf Freitag vormittag zehn Uhr angesetzt worden. Herold erfaßte die Bedeutung dieses Termins für sie nicht sogleich, aber dann fiel ihm doch ein, daß auch die Fahrprüfung Freitag vormittag um die gleiche Zeit stattfinden sollte.
»Und nun wollen Sie den Prüfungstermin um acht Tage verschieben, nicht wahr?«
»Das können Sie doch verstehen, Herr Herold, ich würde vor Nervosität eine Dummheit nach der anderen begehen.«
Natürlich verstand er sie, und da auch Herr Blum am Freitag beruflich verhindert war, an der Prüfung
Weitere Kostenlose Bücher