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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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kein Lächeln, sie blieb steif an der Tür stehen.
    »Nun nehmen Sie schon Platz«, sagte er etwas ungeduldig, »oder ziehen Sie es vor, mit mir irgendwo einen Schoppen zu trinken?«
    Sie schaute an sich herab und zögerte. Er bemerkte erst jetzt, daß sie ein Dirndl mit schwarzem Mieder, buntem Rock und schwarzer Taftschürze trug, das ihr reizend zu Gesicht stand.
    »Was haben Sie? Weshalb zögern Sie?«
    »Ich bin gar nicht für ein Lokal angezogen...«
    »Unsinn«, rief er, »es ist das hübscheste Kleid, das ich bis jetzt an Ihnen gesehen habe!«
    Sie sah ihn zweifelnd an.
    »Wirklich!« beteuerte er.
    »Also gut, gehen wir. Ich habe zwar schon ein Eis gegessen, aber ich vertrage noch eins.«
    Vor dem Haus stand der graue Ford.
    »Oder fahren wir lieber?« fragte sie.
    »Kennen Sie die Gelateria von Umberto?«
    »Ja, ich war schon öfter dort.«
    »Dann also auf zu Umberto!«
    Die Eisdiele lag in der Nähe des Hauptbahnhofs. Im Auto war es dorthin ein Weg von fünf Minuten. Marianne Schütz setzte sich ans Steuer und öffnete ihm von innen die rechte Tür.
    »Ach du lieber Himmel!« sagte er lachend, als er zu seinen Füßen die fahrschulmäßige Ausrüstung des Wagens mit dem zweiten Kupplungs- und Bremspedal entdeckte. »Ich fühle mich wie zu Hause.«
    Marianne Schütz ließ den Motor anspringen.
    »Handbremse lösen, Kupplung durchtreten, ersten Gang einlegen, Blick in den Rückspiegel nicht vergessen — Herr Schindler nimmt es damit sehr genau! — Kupplung langsam auslassen und gleichzeitig mit Gefühl Gas geben!«
    Aber sie tat nichts dergleichen. Seine ironischen Belehrungen verpufften wirkungslos.
    »Ist die Frau Mama immer noch in Würzburg?« fragte er.
    »Ja, aber ich erwarte sie morgen zurück.«
    »Ich hätte Sie morgen im Laufe des Tages angeläutet«, sagte er. »Ich habe das Schützenfest in Kirst nicht vergessen. Aber ich fürchte, daß ich unsere Verabredung nicht einhalten kann. Der Chef ist nämlich schwer erkrankt und liegt in der Klinik.«
    »Ich weiß es«, sagte sie lächelnd, »die Geschichte hat sich bis nach Kirst herumgesprochen.«
    »Was für eine Geschichte?«
    »Nun tun Sie doch nicht so, als ob Sie nicht genau Bescheid wüßten! Jedenfalls hat er die Polizei schön drangekriegt... «
    »Ich weiß wirklich nicht, ob er sie drangekriegt hat. Er ist nämlich ein erstklassiger Fahrer, auch, wenn er einen kleinen Zacken zuviel in der Krone hat. Er behauptet, strohnüchtern gewesen und von einem entgegenkommenden Wagen von der Straße in den Graben gedrängt worden zu sein.«
    Der Motor lief, aber Marianne Schütz hielt noch immer vor der Haustür. Sie blickte geradeaus. Der Wagen stand unter einer Laterne. Sie saßen in halber Dunkelheit nebeneinander. Heinz Herold hatte Zeit, Mariannes Profil zu studieren, die sanfte Wölbung der Stirn, die kleine fröhliche Nase, die zärtliche Bogenlinie der Lippen und das kräftige, runde Kinn...
    »Natürlich waren Sie der Meinung, daß ich Ihnen nachlaufe!« sagte sie plötzlich.
    »Ach, wissen Sie, Fräulein Schütz, ich habe es mir schon seit längerer Zeit abgewöhnt, mir über solche Sachen Gedanken zu machen. Wenn ich jeden Hausschlüssel ernst nehmen wollte, den ich ab und zu im Wagen finde, dann wären meine Abende voll ausgefüllt.«
    »Sie sind unverschämt!« fauchte sie ihn an.
    »Warum? Ich habe doch nicht behauptet, Sie hätten einen Schlüssel in meinem Wagen vergessen.«
    »Das würde mir auch nie passieren, Herr Herold! Und bei Ihnen schon gar nicht!«
    »Schade«, grinste er, »denn bei Ihnen hätte ich mir die Sache wahrscheinlich überlegt.«
    »Sie scheinen sich mächtig stark zu fühlen«, sagte sie böse.
    »Wie kommen Sie darauf? Ich habe mich noch nie stark gefühlt. Im Gegenteil, Sie müßten doch längst gemerkt haben, daß ich im Grunde ein schüchterner Mensch bin...«
    Er griff sanft nach ihrer Hand, aber in dem Augenblick, in dem seine Fingerspitzen sie berührten, entzog sie sich ihm mit einem scharfen Ruck.
    »Lassen Sie das gefälligst!« fuhr sie ihn an.
    »Nun aber langsam, Fräulein Schütz«, sagte er leicht verärgert. »Wenn ich nicht irre, dann kamen Sie zu mir, um mir etwas zu erklären. Bis jetzt bestand diese Erklärung darin, daß Sie behaupteten, ich sei der Meinung, Sie wären mir nachgelaufen. Und Sie wurden böse, als ich Ihnen erklärte, daß ich mir über derlei Dinge keine Gedanken mache. Haben Sie nicht das Gefühl, daß wir uns wie vernünftige Leute unterhalten sollten? Von mir aus auch im

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