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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Schindler warf einen schläfrigen Blick auf die Namensliste: »Fahren Sie, Frau Zauner«, sagte er, als höre er den Namen zum erstenmal .
    »Ganz ruhig, Frau Zauner«, sagte Heinz Herold halblaut, »wenn Frau Jossa es geschafft hat, dann schaffen Sie es ganz gewiß!«
    »Während der Prüfung redet niemand außer mir!« ließ sich der Ingenieur grob und scharf vernehmen. »Wissen Sie, wo meine Dienststelle liegt, Frau Zauner?«
    »Ja, Herr Ingenieur...«
    »Dann fahren Sie mich dorthin.«
    Frau Zauner fuhr, aber sie ging über den zweiten Gang nicht hinaus, obwohl der Verkehr um diese Zeit nicht besonders lebhaft war.
    »Etwas schneller, wenn ich bitten darf!«
    Sie drückte den dritten Gang ein, ohne das Tempo wesentlich zu beschleunigen. Ihre Finger umschlossen das Steuerrad so fest, daß die Knöchel weiß aus dem Handrücken traten. Ihre Haltung war völlig verkrampft, zwischen ihren Rücken und die Lehne des Sitzes hätte man bequem ein prallgestopftes Kissen schieben können. Heinz Herold hüstelte und lehnte sich demonstrativ in seinen Sitz zurück, aber sein Hüsteln verwirrte sie nur, und um ein Haar wäre sie bei Rot über eine Kreuzung gefahren. Zentimeter vor dem weißen Strich brachte sie den Wagen zum Stehen.
    »Setzen Sie sich doch bequemer!« knurrte der Ingenieur.
    Sie rutschte um Zentimeter zurück.
    »Noch bequemer!« befahl Herr Schindler grimmig.
    Endlich berührten ihre Schultern die Rückenlehne. Die Ampel schaltete auf Grün. Die Fahrt ging weiter. Heinz Herold schluckte trocken. Das konnte nicht gut ausgehen. So ungeschickt hatte Frau Zauner sich nicht in der dritten Fahrstunde angestellt. Für die Parkmanöver brauchte sie ein halbes Dutzend Ansätze, und beim Anfahren am Berg hätte sie beinahe den Motor abgewürgt. Unterhalb des rechten Auges von Frau Zauner zuckte ein Nerv. Auf ihrer Oberlippe standen dicke Schweißtropfen. Und sie war blaß wie Kalk.
    Vor seinem Büro ließ der Ingenieur Frau Zauner halten: »Hupen Sie dreimal kurz hintereinander. Meine Sekretärin wartet auf das Zeichen.«
    Im letzten Moment zog Frau Zauner den Daumen vom Signalknopf in der Mitte des Lenkrades zurück: »Die Betätigung der Hupe als Rufzeichen ist verboten«, sagte sie wie ein Schulmädchen, das seine Lektion brav gelernt hat.
    »Tun Sie, was ich Ihnen sage!« knurrte Herr Schindler. »Auf meine Verantwortung.«
    Heinz Herold starrte auf den Nickelknopf des Handschuhfachs. Daß der Kerl die unfairen Tricks nicht lassen konnte...!
    »Nein, Herr Ingenieur«, sagte Frau Zauner den Tränen nah, »ich hupe nicht! Die Verantwortung für den Wagen tragen nicht Sie, sondern der Fahrer.«
    »So?« knurrte er. »Na schön, wenn Sie meinen. Und nun wenden Sie und fahren Sie den gleichen Weg, den wir gekommen sind, zur Fahrschule zurück. Aber etwas flotter als vorher!«
    Es war die zweite Falle innerhalb einer Minute, denn das Büro lag in einer Einbahnstraße. Frau Zauner löste die Handbremse und schob den Rückwärtsgang ein, um im Halbkreis zu wenden. Sie war im besten Begriff, in die Falle hineinzustolpern. Heinz Herold öffnete das Handschuhfach, nahm seine Sonnenbrille heraus, schaute durch die Gläser, behauchte sie und rieb sie mit einem Zipfel seines Taschentuchs blank.
    Frau Zauner ließ die Kupplung zurückschnellen. Der Wagen ruckte rückwärts und stand. Der Motor stand auch.
    »Aber das ist ja eine Einbahnstraße!« sagte sie empört.
    »Deshalb brauchen Sie den Motor nicht abzuwürgen«, knurrte der Ingenieur und tippte Herold auf die Schulter: »Fahren Sie zurück, Herr Herold, ich habe es eilig. Und legen Sie die Brille wieder in den Handschuhkasten — falls Sie das Ding nochmals brauchen sollten.«
    Heinz Herold klappte die Bügel zusammen und steckte die Brille in seine Brusttasche. Er putzte sich die Nase, um seinen roten Kopf im Taschentuch zu verstecken. Frau Zauner tat ihm leid, aber im Augenblick spürte er nichts als Ärger, daß dieser gerissene Kerl das verabredete Manöver sofort durchschaut hatte. Er stieg gleichzeitig mit Frau Zauner aus dem Wagen, um das Steuer zu übernehmen.
    »Es tut mir leid, Frau Zauner«, murmelte er bedrückt, als sie vor dem Wagen aneinander vorbeigingen.
    »Ach, lassen Sie nur, Herr Herold«, sagte sie und ließ die Schultern ergeben hängen, »ich habe nichts anderes erwartet.«
    Von einer grünen Welle getragen, konnte Heinz Herold den Wagen fünf Minuten später vor der Fahrschule parken, wo Herr Blum wartete. In dem Augenblick, in dem sich Frau Zauner

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