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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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und an den Ohren herauszerren würde. Nein, Tilly, wenn einer in die chemische Reinigung gehört, dann ist er es! Aber auch gereinigt würde ich den Menschen nicht mehr mit der Feuerzange anfassen!«
    »Armes Mädchen, hat es dich so schwer erwischt?«
    »Mich erwischt? Daß ich nicht lache!« Sie blitzte Tilly böse an. »Was willst du damit überhaupt sagen?«
    »Ich verstehe nicht, warum du dich so ereiferst, wenn dir der Mensch gleichgültig ist. Er ist dir doch gleichgültig — oder etwa doch nicht ganz?«
    »Der Mensch ist für mich gestorben!« fauchte Marianne.
    Nun war inzwischen die Todesanzeige von Paul Bauersfeld in der Zeitung erschienen, und aus dem Text ergab sich, daß Herr Bauersfeld an jenem Freitagabend verschieden war, an dem Marianne Heinz Herold aufgesucht hatte.
    »Und was sagst du jetzt, Marianne?« fragte Tilly und deutete auf die große Anzeige, die erst in der Montagausgabe beider Blätter erschienen war. »Jetzt weißt du, warum Frau Bauersfeld noch am späten Abend zu deinem Herold gelaufen ist. Wie ist es nun mit der chemischen Reinigung?«
    »Das war so oder so eine Unverschämtheit«, antwortete Marianne, aber es klang wesentlich gedämpfter.
    »Daß du ihn aus dem Auto warfst, war auch nicht gerade ein feiner Zug von dir.«
    »Du hättest sie sehen sollen, wie sie sich vor seinem Haus zurechtmachte! Nach Trauerbotschaft sah das wahrhaftig nicht aus. — Und mit dem Aus-dem-Auto-Werfen war es auch nur halb so schlimm. Ich habe ihm lediglich gesagt, ich gäbe ihm die Erlaubnis, auszusteigen...«
    »Nur die Musik dazu klang anders, nicht wahr?«
    »Ein bißchen...«, gab Marianne zu.
    »Hast du dich bei ihm entschuldigt?«
    »Wie kommst du darauf?« fragte Marianne halb überrascht und halb entrüstet.
    »Du kommst doch gerade vom Briefkasten...«
    »Ich habe eine Anzeige aufgegeben«, sagte Marianne mit einiger Schärfe, als verbäte sie es sich energisch, Tilly könne etwa annehmen, daß sie zu Kreuze kriechen würde. »Es ist mein letzter Versuch, einen Fahrlehrer nach Kirst zu locken. Wenn er mißlingt , dann mache ich den Laden zu und bewerbe mich um eine Stellung in Frankfurt oder in München. Irgendwo wird man mich schon brauchen können. Von Kirst habe ich die Nase voll.«
    »Was wird deine Mutter dazu sagen?«
    »Sie muß einsehen, daß ich keine Lust habe, hier zu versauern.«
    »München...« Tilly machte ein Gesicht, als schmecke sie eine pikante Soße ab. »München? Du, ich hätte nicht übel Lust, dem Straußen-Wirt zu kündigen und dich zu begleiten. Aber ich werde nicht nach München gehen — und du auch nicht.«
    »Und warum nicht? Bildest du dir ein, daß ich mit dieser Anzeige mehr Glück haben werde als mit den früheren?«
    »Ich habe nicht an deine Anzeige gedacht. Und ich meine überhaupt, daß du dir das Geld dafür hättest sparen können.«
    »Wie meinst du das?« fragte Marianne mit einer steilen Falte über der Nasenwurzel.
    »Das weißt du ganz genau.«
    »Ich weiß gar nichts!« sagte Marianne heftig.
    »Wenn du etwas weniger eigensinnig wärst, mein Herzchen, dann hättest du den Fahrlehrer, den du so dringend brauchst, und einen netten Mann dazu. Er ist nämlich wirklich ein bildsauberer Mensch, und wenn du weiter so stur bleibst, dann werde ich es mir überlegen, ob ich nicht bei ihm als nächste Fahrstunden nehme...!«
    »Bitte! Bitte! Bitte!!«
    »Hör mal zu, Marianne! Was vergibst du dir schon, wenn du ihm sagst, daß du dich geirrt hast? Du brauchst vor ihm ja nicht auf die Knie zu fallen...«
    »Das fehlte gerade noch!«
    »Ich an deiner Stelle...«
    »Hör schon auf!« rief Marianne hitzig. »Du bist eben nicht an meiner Stelle! Und du hast dieses Weibsstück nicht gesehen, wie sie sich vor seiner Haustür die Lippen anmalte! Für die Trauernachricht etwa? Nein, nein, die wollte getröstet werden!«
    »Tu, was du willst«, sagte Tilly resignierend.
    »Und ob ich das tun werde! Nichts werde ich tun, um diesem Menschen noch einmal zu begegnen!«

    Die Fahrschule nahm den Betrieb am Mittwoch wieder auf. Frau Bauersfeld ließ sich nicht sehen, und der Mercedes stand den ganzen Tag über in der Garage. Erst am Donnerstag erschien sie wieder im Büro. Sie kam tatsächlich nicht als >schwarze Witwe<, aber — wie Rothe sich ausdrückte — doch in einer Art von Zweifünfteltrauer. Sie trug ein mittelgraues Tweedkostüm, schwarze Nylons und schwarze, sehr hochhackige Pumps. Durch die weiße Hemdbluse schimmerten die schwarzen Spitzen eines eleganten

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