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Achtung Kurven

Achtung Kurven

Titel: Achtung Kurven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Unterkleides.
    »Schwarze Dessous!« seufzte Rothe hingerissen. »Mensch, davon habe ich schon als Fähnrich geträumt, wenn ich die Bilder aus den Wäschekatalogen ausschnitt und in meinen Schrank klebte. — Wovon haben Sie eigentlich geträumt, Herold?«
    »Von Winnetous Silberbüchse!«
    »So was Ähnliches habe ich mir gedacht...«
    Herold las die Zeitung, während er im >Ochsen< die dünne und lauwarme Lauchsuppe löffelte. Der Genuß des Donnerstagsmenüs, Rindsgulasch mit Salzkartoffeln, stand ihm noch bevor. Unter den Familienanzeigen entdeckte er die Danksagung von Frau Bauersfeld für die warmherzige Teilnahme am Hinscheiden ihres geliebten Gatten. Am Ende der Anzeige teilte sie dem verehrten Publikum in Stadt und Land mit, daß die Fahrschule Bauersfeld von ihr im Sinne des Entschlafenen mit bewährten Fachkräften weitergeführt werde. Herold schob das Blatt Rothe hinüber.
    »Das sind wir!« sagte Rothe und dehnte die Brust. »Wie fühlen Sie sich als bewährte Fachkraft, Herold?«
    »Bei kalten Suppen fühle ich mich immer mies. Außerdem bin ich auf den neuen Mann gespannt. Ich möchte wissen, wo sie den so schnell aufgegabelt hat.«
    »Witwen mit schwarzer Unterwäsche haben eine magische Anziehungskraft.«
    »Trotzdem — wir sind nämlich Mangelware, falls Sie es noch nicht wissen sollten.«
    »Woher wissen Sie es?«
    »Ich habe vor einiger Zeit einmal einen Versuchsballon losgelassen. Man will doch wissen, was man wert ist.«
    »Schau einer diesen Heimtücker an!« sagte Rothe mit hochgezogenen Augenbrauen. »Und das Ergebnis?«
    »Mehr als ein halbes Dutzend Offerten, alle mit übertariflicher Bezahlung und fabelhaftem Betriebsklima.«
    »Das ist am billigsten. Wann war das?«
    »Ach, es ist schon eine ganze Weile her.«
    Als sie nach der einstündigen Mittagspause wieder zum Dienst antraten, stellte Frau Bauersfeld ihnen den neuen Kollegen vor. Er hieß Leo Scheuring, kam aus Augsburg und sah wie der Liebhaber einer Sommerbühne aus, für den es höchste Zeit wurde, sich um einen nahrhaften Vertreterposten zu bemühen. Herold schätzte ihn auf fünfundvierzig Jahre, aber er kleidete sich wie die Jünglinge aus den Bouillonkellern, enge Hosen, braune Lederweste, buntes Halstuch, nur für die Beatlefrisur fehlten ihm die Haare.
    »Wir haben zur Zeit zweiundsechzig Kursteilnehmer, Herr Scheuring«, erklärte die Chefin, »vierzehn davon in der Klasse II. Sie werden den Lkw übernehmen...«
    »Wie Sie wünschen, gnädige Frau.«
    »Sagen Sie >Frau Bauersfeld< zu mir.«
    »Jawohl, Frau Bauersfeld.«
    »In allen Betriebsentscheidungen wenden Sie sich an Herrn Rothe, dem ich die technische Leitung übergeben habe.«
    Das war Herold neu, aber es schien auch Rothe neu zu sein. Doch er nahm die Beförderung — wenn es eine war — mit einer knappen Verbeugung zur Kenntnis.
    »Wann tritt Herr Scheuring den Dienst an?« fragte er.
    »Morgen«, antwortete Frau Bauersfeld, »er ist seit gestern auf Zimmersuche. Können Sie ihm vielleicht noch einen Tip geben?«
    »Gehen Sie mal in den >Roten Ochsen< hinüber«, sagte Rothe zu dem neuen Mann. »Wenn Sie bei der Wirtin ein Abonnement nehmen, wird sie Ihnen sicherlich was Passendes besorgen.«
    »Dann will ich Sie nicht länger aufhalten, meine Herren«, sagte Frau Bauersfeld zu Rothe und dem neuen Mann. Herold bat sie, für einen Augenblick zu bleiben, da sie mit ihm noch etwas zu besprechen habe. Sie wartete ab, bis Rothe und Scheuring das Büro verlassen hatten, und zündete sich eine Zigarette an, ohne auch Herold eine anzubieten.
    »Was war eigentlich mit Fräulein Schütz los?« fragte sie und zog unter einem Stoß von Papieren und Briefen einen halben Bogen heraus.
    »Ich verstehe Ihre Frage nicht...«
    Sie tippte mit dem Fingernagel auf den Halbbogen: »Sie hat sich abgemeldet.«
    »Das ist mir allerdings neu«, sagte er und tat erstaunt. »Ich habe es ihr wirklich nicht geraten, obwohl sie hoffnungslos unbegabt war. Womit hat sie ihre Abmeldung begründet?«
    »Die Abmeldung enthält keine Begründung«, antwortete sie und stäubte ihre Zigarette in den Papierkorb ab. »Sie war ein recht hübsches Ding, wie ich sie in Erinnerung habe...«
    »Ja...«, sagte er gedehnt, als müsse er sich auf dieses Fräulein Schütz erst besinnen, »sie war recht nett...«
    Sie streifte ihn mit einem schrägen Blick, nahm den Briefbogen, ballte ihn zu einer Kugel zusammen und ließ die Papierkugel vor sich liegen: »Komisches Zusammentreffen«, sagte sie und blätterte

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