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Ackermann tanzt

Titel: Ackermann tanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders
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Kaufmann lächelte und enthüllte pelzige Zähne. »Ich hab keinen Mann. Brauch ich nicht. Wollen Sie ’n Kaffee?« Dabei nahm sie die Hand vom Morgenrock und ließ den Ausschnitt wieder klaffen.
    Van Appeldorn lachte hart. »Ganz bestimmt nicht! Machen Sie lieber das Fenster auf. Hier stinkt es schlimmer als im Puff.«
    Sie gehorchte, aber sie ließ sich Zeit.
    Im Nebenzimmer röhrte ein Fernseher. »Noch ein Lover?« Van Appeldorn wies mit dem Kinn zur Tür.
    Sie kicherte neckisch. »Nee, bloß meine Kinder.«
    »Ist Andreas zu Hause?«
    »Andy? Weiß nicht. Glaub nicht.«
    »Darf ich mal nachschauen?«
    »Von mir aus.«
    Einen Augenblick war er unvorsichtig und fasste die verkleisterte Türklinke mit der bloßen Hand an.
    Das Zimmer war klein, die beiden Gitterbettchen und die zwei alten Klappsofas passten gerade so hinein. Der Fußboden war mit einer gleichmäßigen Schicht Plastikspielzeug und Kirmes-Plüschtieren bedeckt, dazwischen festgetretene Schokokussreste und andere Dinge, die van Appeldorn gar nicht identifizieren wollte.
    Der Fernsehapparat stand in einer Ecke auf dem Boden. Davor saßen zwei Kleinkinder, stopften mit beiden Händen Süßigkeiten in sich hinein und starrten auf die Mattscheibe. Sie trugen alte rote Strumpfhosen und eingelaufene Hemdchen von undefinierbarer Farbe. Gewaschen worden waren sie schon länger nicht mehr, in den flusigen Haaren klebte angetrockneter Rotz. Es stank nach vollen Windeln.
    »Andy ist nicht da«, stellte die Mutter fest. »Also, was ist denn jetzt? Was wollen Sie?«
    »Wie viele Kinder haben Sie eigentlich?«
    »Vier, warum? Sieht man mir nicht an, was?«
    »Und wo steckt das vierte?«
    »Jacqueline? Woher soll ich das wissen? Könnte sein, bei ihrem Vater. Der markiert ja neuerdings den feinen Herrn, setzt dem Balg Flausen in den Kopf. Von wegen, sie wäre was Besseres, Abitur und solchen Mist. Aber zum Fressen und Schlafen schickt er sie dann wieder zu mir, das Arschloch.«
    Van Appeldorn schloss die Kinderzimmertür, fand ein Papiertaschentuch in seiner Hosentasche und wischte sich die Hände ab. »Setzen Sie sich!« Dann hob er eine Zeitung vom Boden auf, breitete sie auf dem Sessel aus und ließ sich vorsichtig auf der Kante nieder.
    Frau Kaufmann konnte oder wollte ihm weder sagen, wo ihr Sohn steckte, noch wann sie ihn zuletzt gesehen hatte. Das konnte gestern oder vorgestern gewesen sein oder auch letzte Woche Mittwoch.
    »Andy kann tun und lassen, was er will. Schließlich ist er alt genug«, hatte sie desinteressiert gemeint. Von Björn Giltjes hatte sie angeblich noch nie was gehört. »Der Andy bringt keine Freunde mit nach Hause. Das hab ich auch nicht so gerne.« Van Appeldorn glaubte ihr aufs Wort. »Aber sonst«, fügte sie wichtig hinzu, »wir sind Freunde, der Andy und ich. Nicht so wie Mutter und Sohn, wenn Sie verstehen, was ich meine. Von Strafen und so halte ich nicht viel. Ich sage immer, mit Liebe kommt man viel weiter.«
    Van Appeldorn war nicht besonders zart besaitet, aber an dieser Stelle hätte er kotzen können.

    Ackermanns Tag war auch nicht gerade erfolgreich verlaufen. Frau Rouenhoff hatte tatsächlich, wie er es sich schon gedacht hatte, mit den Eltern aller betroffenen Kinder gesprochen, nur leider gar nicht in seinem Sinn. Sie hatte die Leute gebeten, von einer Anzeige gegen Gregor Weller abzusehen, weil sie wollte, dass der Junge noch eine Chance bekam. »Außerdem bin ich sicher, dass die Strafe, die ihm sein Vater angedeihen lässt, schon schlimm genug ausfällt«, hatte die Lehrerin gemeint.
    Die meisten Eltern begegneten Ackermann mit Ablehnung. Er gab sich redlich Mühe, nicht zu zeigen, was er von ihnen hielt, aber vermutlich spürten sie es trotzdem. Einige der Kinder hatten ältere Geschwister, aber auch die verhielten sich abweisend.
    Am Tatort hatte er natürlich nichts Neues gefunden und die Anwohner waren zur Tatzeit entweder nicht zu Hause gewesen oder hatten sich um ihre eigenen Angelegenheiten gekümmert. »Wenn Sie neben einer Schule wohnten«, hatte ihm eine Frau erklärt, »dann würden Sie auch nicht wegen jedem Blagengeschrei zum Fenster rennen.«
    Gegen halb fünf hatte Ackermann die Nase gestrichen voll und wollte nur noch nach Hause. Er hatte nicht einmal mehr Lust, zum Präsidium zu fahren. Kurzerhand verschob er den Bericht auf morgen, fuhr zum Blumenladen an der Minoritenstraße und kaufte einen Strauß Freilandrosen. Da würde sich die Mutti drüber freuen. Die hatte ihm für heute Abend nicht nur

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