Ackermann tanzt
richtich? Ihr haltet lieber die Schnauze un’ verpisst euch, als dat ihr den Typen anscheißt? Dat is aber verdammt feige, Jungs.«
»Hängen geblieben, oder was? Und wenn der einen auf den Sack kriegt, ist dem doch scheißegal. Paar Sozialstunden. Die Bullen! Klar, die stehen auf uns. Die tun alles für uns.«
Ackermann schüttelte den Kopf. »Der Kerl läuft also weiter rum un’ macht, wat er will. Der un’ seine Freunde. Un’ ihr guckt zu un’ macht nix?«
Die beiden grinsten schief. »Klar.«
»So ’ne gequirlte Kacke hab ich schonn lang’ nich’ mehr gehört«, regte Ackermann sich auf.
»Lass gut sein, Papa.« Nadine fasste ihn von hinten am Ellbogen. »Komm, wir hauen ab.«
Aber Ackermann war auf einmal schrecklich wütend. »Abhauen? Dat scheint ja bei euch in Mode zu sein!« Er drehte sich wieder zu den Jungen um, aber die hatten sich auf den Weg zum Bierstand gemacht. »Kennst du die?«
»Ja, die sind selbst nicht ganz ohne. Von denen hält man sich besser fern.«
»Wat is’ denn so falsch an denen? Dat sind normale Jungs, die noch nich’ trocken hinter de Ohren sind, un’ denen anscheinend keiner beigebracht hat, wat Sache is’.« Gereizt schüttelte er ihre Hand ab. »Fern halten? Ah, jetz’ versteh ich. Dat sind wohl Hauptschüler oder Asis, wie du dat nenns’.«
Mann, wann war die Welt denn nur so umgekippt? Er war damals zur Penne gegangen, aber ein paar seiner besten Freunde waren auf der Volksschule geblieben. Keiner hatte daran auch nur einen Gedanken verschwendet. Sie hatten immer zusammen gespielt und das Dorf unsicher gemacht.
»Ach ja«, schnaubte er, »un’ der Kerl, der dem Jung’ eine getafelt hat, dat war ja bestimmt ’n Russe oder ’n Kurde, wa?«
Nadine senkte den Blick. »Nein, das war ein Deutscher ...«
Ackermann atmete zischend aus und wurde wieder leiser. »Hab ich mir gedacht. Weißte, ich kann dat nich’ haben. Ich musst mich da schon letztens kriminal drüber ärgern, wie du dat gesacht has’. Für euch heißt dat vielleich’ nix mehr, aber mir wird ganz schlecht davon. Bestimmt gibbet ’n paar schräge Vögel unter den Ausländern, genau wie bei den Deutschen. Un’ bestimmt gibbet Drecksäcke bei denen vonne Hauptschule, aber auch bei denen vonne Penne. Dat glaub mir.«
»Ach, Papa ...«
»Nix, ach Papa!«
»Doch! Du hast doch nicht die geringste Ahnung, wie es heute wirklich aussieht.«
»So? Hab ich nich’? Na, dann klär mich doch ma’ auf, werte Dame.«
Aber in diesem Augenblick meldete sich sein Piepser.
8
Als Ackermann am Einsatzort in der Bresserbergstraße ankam, war es zwei Uhr in der Frühe und nur in einem einzigen Haus brannte Licht. Van Appeldorns Auto und ein Streifenwagen parkten auf dem Gehsteig.
Die Eheleute Rogmanns seien heute Nacht aus dem Urlaub zurückgekommen und hätten in ihrem Haus einen toten Einbrecher gefunden, hatte der Diensthabende gesagt. Komische Geschichte. Ob den Mann bei der Ausübung seiner Tätigkeit vor lauter Aufregung der Schlag getroffen hatte, dachte Ackermann. Aber im Grunde war ihm nicht nach Scherzen zumute. Er hatte mit Toten nur sehr selten zu tun gehabt, und darüber war er auch ganz froh.
Noble Gegend, hier wohnten nur die bestens Betuchten. Auch Rogmanns schienen keine Not zu leiden. Das Wohnmobil, das vor der Garage stand, kostete gut und gern neunzigtausend Mark. Das Haus war noch ziemlich neu, ein Flachdachbungalow aus grauem Beton mit purpurfarbenen Fensterrahmen und einer ebenso lackierten Haustür. Ackermanns Geschmack war es nicht, viel zu modern und zu kalt.
Er wollte gerade auf den Klingelknopf drücken, als die Tür geöffnet wurde und Norbert van Appeldorn mit zwei Streifenbeamten herauskam. »Wat is’ los?«, flüsterte Ackermann. »Wat guckt ihr denn alle so komisch?«
»Die Kollegen kennen den Toten«, antwortete van Appeldorn. »Es ist Andreas Kaufmann.«
»Der Junge?« Ackermann starrte ihn entsetzt an. »Wat is’ denn passiert?«
»Sieh es dir selbst an.« Van Appeldorn nickte den Kollegen zu. »Ruft van Gemmern. Er soll sich beeilen, wir warten. Und sagt auch Bonhoeffer Bescheid.« Dann drückte er die Haustür auf und ließ Ackermann vorbei. Der kam nur drei Schritte weit, dann wurde er von einem Dalmatiner angesprungen, der ihm freudig durchs Gesicht leckte.
»Verdammt noch mal«, rief van Appeldorn. »Ich hatte Ihnen doch gesagt, Sie sollen die Hunde wegsperren. Die haben schon genug Spuren verwischt.«
Ein etwa sechzigjähriger Mann kam um die Ecke und
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