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Ackermann tanzt

Titel: Ackermann tanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders
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sich Schuster und blickte den Wirt an, aber der machte gerade ein Tablett Doppelkorn fertig. Dafür meldete sich der Rotgesichtige neben dem Jungen zu Wort: »Profis! Echte Profis, Security, wenn Sie mich fragen. In zehn Sekunden war die Chose gegessen.«
    »Hatten Sie Security-Leute angefordert?« Schuster fasste nach der Schnapsflasche, damit der Wirt ihm endlich zuhörte.
    »Ich nicht, aber vielleicht die Offiziellen. Ich bin nur für den Ausschank zuständig. Für alles andere müsst ihr den Bürgermeister fragen.«
    Im Saal war es leiser geworden, als die Polizisten hereingekommen waren, aber inzwischen herrschte wieder Rambazamba und man konnte sein eigenes Wort nicht verstehen.
    Die Frau neben Schuster legte ihm unvermittelt die Arme um den Hals. Sie trug eine grüne Glitschbluse und er roch ihren süßen Achselschweiß und etliche billige Liköre. »Junge Kerls waren das. Knackig! Was in der Hose, genau wie du. Nicht solche Sackärsche wie der Rest hier.«
    Schuster machte sich frei. »Verdammt noch mal, Schluss jetzt! Wir müssen ein Protokoll aufnehmen. Also, was war los?«
    »Ruhe!«, brüllte Look.
    Der Wirt sah kurz auf.
    »Ich kann eine Aussage machen!« Der Mann ging auf die Achtzig zu, aber er schien noch einigermaßen klar zu sein. »Stender, mein Name.«
    »Ich komme sofort zu euch«, rief der Wirt. »Ich muss nur eben ein neues Fass anschließen.«
    »Ich glaub, ich flippe aus«, stöhnte Schuster.
    »Das haben wir gleich«, erwiderte Look, pflückte zwei glitschgrüne Arme von seinen Schultern und wandte sich dem Alten zu. »Also, Stender, denn mal los! Wir hören.«
    »Das waren die Russkis, die Russen waren das. Kamen hier an und wollten Ärger machen. So kennt man ihn ja, den Russen.«
    »Wer sonst?«, mischte sich der Rotgesichtige ein. »Voriges Jahr war es dasselbe. Die sind bloß hier, weil sie Zoff machen wollen. Guckt euch das an: Sogar mein Junge hat was abgekriegt.«
    Sein Sohn fuhr sich mit dem Mittelfinger über die Oberlippe. »Ist doch nix!«
    »Jedenfalls waren es die Russkis, die hier auftrumpfen wollten, Herr Wachtmeister.« Der Alte nahm Look fest in den Arm. »Unsere schöne Feier wollten die kaputthauen. Alles, was unsereins sich aufgebaut hat.«
    »Lass stecken.« Look schüttelte ihn ab. »Dafür hattet ihr bis jetzt keine Russen nötig. Für Stimmung in der Bude habt ihr all die Jahre auch wunderbar selbst gesorgt.«
    »Also«, versuchte Schuster es noch einmal, »was ist denn jetzt genau passiert?«
    »Russenpack!« Der Rotgesichtige sah aus, als würde er gleich platzen. »Einer von denen wollte letztes Jahr mal meiner Frau an die Wäsche. Da war aber was los! Alles Kriminelle. Oder meinst du, die schicken uns ihre Elite rüber? Wenn ich einen von den Knastis zwischen die Finger kriege ...«
    »An die Wand stellen, das ganze Gesindel«, stimmte der Alte ein. »Wenn ich zu sagen hätte – alle abschieben, oder noch besser: Rübe ab!«
    Endlich hatte der Wirt sein Fass angeschlossen. »Soweit ich das beobachten konnte, war da eine Gruppe, die offensichtlich auf Streit aus war. Können Russen gewesen sein, Deutsch sprachen die jedenfalls nicht untereinander. Pöbelten hier an der Theke herum. Und dann ging von nichts auf gleich die Post ab. Da hab ich euch angerufen, klar.«
    »Und dann?«
    »Tja, ich hatte den Hörer noch nicht ganz aufgelegt, da waren die Ordner da und hatten in null Komma nichts die Sache im Griff. Zwei rechts, zwei links, ka-zumm, und dann hatten sie die Typen schon im Schwitzkasten und raus mit denen.«
    »Saalordner?«, fragte Look.
    »Wie gesagt, da müsst ihr den Veranstalter fragen. Jedenfalls hatten die alle schwarze Klamotten an und Mützen auf dem Kopf. Sah aus wie eine Uniform. Aber das ging so schnell. In zwei, drei Sekunden war alles vorbei.«
    »Also gut, wir werden das überprüfen.« Schuster schlug seinen Block auf. »Machen wir es kurz. Ich bräuchte dann Ihre Namen. Sie waren ja alle Zeugen. Wollen Sie Anzeige erstatten?«, fragte er den Vater des Jungen mit der geplatzten Oberlippe, aber dann nahm er den Tumult am Zelteingang wahr.
    »Wo ist der Einsatzleiter?«
    »Schuster«, rief einer der Kollegen.
    Als Schuster nach draußen kam, hatte er sofort den Torkelnden am Hals.
    »Ich wollt bloß ma’ ebkes pissen hinter de Kirche. Un’ da find ich dat!«
    »Dat« war ein fest verschnürtes, zappelndes Bündel. Jemand hatte drei Menschen mit dem Rücken zueinander um Bauch, Füße und Hälse so zusammengezurrt, dass sie sich kaum bewegen

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