Ackermann tanzt
gefunden hatten. Die Mädchen mussten am Montag wieder zur Schule. Würden sie es schaffen dichtzuhalten? Konnte er ihnen klarmachen, dass möglicherweise Giltjes’ Leben davon abhing?
Und eigentlich musste er Giltjes’ Eltern Bescheid sagen, dass ihr Sohn wieder aufgetaucht war, einstweilen noch gesund und munter. Aber konnte er das riskieren? Wenn der alte Giltjes den Kanal mal wieder voll hatte, würde der seine Klappe bestimmt nicht halten. Nein, er konnte nicht anrufen und er tröstete sich damit, dass die Eltern sich in der ganzen Zeit nicht ein einziges Mal gemeldet hatten, um sich nach den Ermittlungen zu erkundigen. Die Liebe zu ihrem Kind schien nicht allzu groß zu sein.
Der Peugeot! Auf die Minute.
Van Appeldorn hatte die Haustür schon geöffnet, bevor das Auto ausgerollt war. Lowenstijn stieg aus, öffnete die hintere Tür, der Junge sprang heraus und schoss an van Appeldorn vorbei in den Flur.
Lowenstijn legte seinem Freund die Hand auf die Schulter. »Jetzt schau nicht so sorgenvoll drein. Denk an unsere gemeinsame Aktion vorletztes Jahr. Das war auch beileibe nicht alles rechtens, aber hinterher, als wir das Kind geschaukelt hatten, hat kein Hahn mehr danach gekräht. Alsdann! Melde dich, wenn du Hilfe brauchst.«
»Du kannst ruhig noch mit reinkommen.«
»Lieber nicht. Ich habe noch etwas vor.«
Björn Giltjes stand hinter der Tür an der Wand und zitterte.
»Tag, Björn, ich bin van Appeldorn, der Vater von Anna. Komm erst mal mit in die Küche. Du willst bestimmt was zu trinken.« Er kam sich linkisch vor.
»Ich möchte bitte zur Toilette«, wisperte Björn.
Anna knallte die Tür zu, pfefferte ihre Schultasche in die Ecke, die Jacke daneben und schnupperte dann. »Schnitzel? Hat einer Geburtstag?«
In der Küchentür blieb sie wie angewurzelt stehen. »Ihr habt Giltjes geschnappt!«
Ihr Vater machte ein komisches Gesicht. »Ganz so ist es nicht«, druckste er. »Aber setz dich erst mal.«
Nora plapperte los: »Der Björn wohnt jetzt bei uns. Er schläft in meinem Zimmer und ich bei dir. Mama hat mir schon ein Bett auf deinem Sofa gemacht. Papa und wir passen jetzt auf Björn auf. Wir müssen den beschützen vor den Mördern.«
Anna stand noch immer da wie betäubt. »Mörder?«, brachte sie schließlich heraus. »Was denn für Mörder?«
Van Appeldorn erzählte es ihr.
Anna schüttelte die ganze Zeit den Kopf, Hitze stieg ihr ins Gesicht.
»Scheiße, das mit Andy ...« Sie fing an zu weinen. Björn konnte nur nicken, die Tränen schnürten ihm die Kehle zu.
»Kinder, hört doch auf!« Marion stellte die Pfanne mit den brutzelnden Schnitzeln auf den Tisch. »Jetzt hab ich mir solche Mühe gegeben. Wenn ihr weiter so weint, kriegt ihr keinen Bissen runter. Nun kommt schon. Es wird ja alles wieder gut.«
Anna starrte sie an. Dann drehte sie sich um und ging. Die Badezimmertür klappte.
»Wie isset gelaufen?« Ackermann konnte es vor lauter Neugier nicht mehr aushalten. »Is’ der Jung jetz’ da? Wer passt denn jetz’ auf den auf? Wat hat deine Familie gesagt?«
Van Appeldorn ließ sich auf den Stuhl fallen, streckte die Beine aus und atmete zum ersten Mal an diesem Tag richtig durch. »Ja, der Junge ist da und meine Familie spielt mit, sogar Anna. Obwohl die immer noch glaubt, dass Giltjes sich die Schwarze Polizei nur aus den Fingern saugt.«
Ackermann nickte eifrig. »Et hört sich ja auf den ersten Blick auch an wie ’ne Räuberpistole. Un’? Red doch weiter!«
Van Appeldorn hatte über zwei Stunden mit Björn Giltjes gesprochen. Wieder und wieder waren sie in allen Einzelheiten den Einbruch durchgegangen, hatten versucht, jeden Schritt zu rekonstruieren. Kaufmann und Giltjes waren durch die Luke im Dach eingestiegen, hatten ein paar Dinge, die ihnen wertvoll erschienen, auf dem Tisch im Wohnzimmer abgestellt und wollten dann hinunter in den Keller, wo angeblich der Familienschmuck versteckt war. Diese Information hatte Kaufmann tatsächlich von Jacqueline, nur war ihr wohl nicht bewusst gewesen, was ihr Bruder damit anfangen würde. Als sie gerade die Kellertreppe hinunter wollten, waren auf einmal schwarz vermummte Leute durch die Luke gekommen und Björn war sofort die Treppe hinuntergelaufen, um durch die Kellertür nach draußen zu fliehen. Kaufmann hatte das nicht mehr geschafft.
»Giltjes hat sich noch einmal umgedreht«, berichtete van Appeldorn. »Er hat gesehen, wie einer von den Vermummten in dem Hundehaufen ausgerutscht ist und dabei Kaufmann zu Fall
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