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Ackermann tanzt

Titel: Ackermann tanzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders
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gebeten hatte, doch mal ein paar mittelschwere Jungs zu ihm rauszuschicken, damit er sie ein wenig anheizen konnte, hatte sie sich strikt geweigert. Sie hielt das für eine »total abgedrehte Idee«. Also blieb ihnen nichts weiter zu tun als zu warten.
    Um Mitternacht entdeckte van Appeldorn am Eingang seine Tochter Anna. Natürlich hatte sie ihn auch sofort gesehen und sich aus dem Staub gemacht. Er wollte hinter ihr her, bremste sich aber; schließlich hatte er nicht drei Stunden lang den Gestank und das Gebrutzel ausgehalten, nur um jetzt noch alles zu vermasseln. Was fiel dem Gör ein? Eben hatte sie ihn noch bei der Tagesschau gestört und ihm eine langatmige Geschichte erzählt von Carmens Problemen in Mathe und dass sie ihr unbedingt helfen müsse, dabei würde es spät werden, und deshalb würde sie bei Carmen übernachten. Kontrollierte Marion solche Sachen eigentlich nie nach?
    Um kurz nach eins gab es eine kleine Rangelei zwischen ein paar Betrunkenen, die sich aber schnell in Wohlgefallen auflöste.
    Ackermann hatte keinen trockenen Faden mehr am Leib. Die kleine Taschenlampe zwischen die Zähne geklemmt, putzte er sich gerade zum hundertsten Mal die Brille, als Nadine wieder zu ihm hinauskam. »Norbert hat die Nase voll, er will gehen.«
    »Seit wann norbertst du den denn?«, schnatterte
Ackermann.
    »Seit eben. Der war so sauer, weil er Anna vorhin entdeckt hat, da wollte ich ihn ein bisschen aufmuntern und deshalb hab ich ihn zum Tanzen geholt.«
    »Norbert hat getanzt?«
    »Klar, und hinterher haben wir Brüderschaft getrunken.«
    »Mit Küssen?«
    »Klar mit Küssen.«
    »Der alte Lustmolch! Wenn ich den zwischen de Finger krich!«
    »Doch nicht so, Papa! Jedenfalls sollst du in fünf Minuten am Auto sein.«
    Ackermann schüttelte sich den Regen aus dem schütteren Haar. »Ich hab nix gegen ’ne heiße Dusche, bloß ... Schätzeken, würdeste deinem alten, klapperigen Vater einen letzten Gefallen tun?«
    »Legst du dich zum Sterben nieder oder was soll das?« Sie lachte.
    »Hoffentlich nich’. Pass ma’ auf, ich geb dir mein Handy. Wenn der Norbert seins auch mit hat, könnt dat klappen. Lass uns ma’ gucken gehen.«
    Van Appeldorn wartete schon im Wagen.
    »Boah, Norbert, du stinks’ wie ’ne Fritteuse.«
    Van Appeldorn schaute zähneknirschend geradeaus.
    »Hast du dein Handy dabei?«
    »Wen willst du denn um diese Zeit anrufen?«
    Ackermann blieb ruhig. Er speicherte van Appeldorns Telefonnummer in seinen Apparat ein und zeigte Nadine, welche Tasten sie drücken musste. »Ich nehm Norbert mit zu uns, da kann er sich ers’ ma’ den Gestank ausse Haare waschen. Wenn die Schwapo doch noch auftaucht, rufs’ du an, un’ wir sind in drei, vier Minuten hier.«
    Sie rollten gerade in Ackermanns Einfahrt, als Nadine sich schon meldete. Van Appeldorn wartete den Ausgang des Gespräches nicht ab, sondern wendete sofort mit quietschenden Reifen.
    »Sie sind da!«
    Es war nur gut, dass zu dieser späten Stunde in Kranenburg nichts los war, denn Norbert van Appeldorn hielt sich mit den gängigen Verkehrsregeln nicht weiter auf.
    »Zwei Minuten vierzig«, meinte Ackermann bewundernd, als sie am Bürgerhaus bremsten.
    Ein lang gezogener, schriller Pfiff ertönte, und als sie ausstiegen, stürmten die vermummten Gestalten schon aus der Tür und liefen Richtung Bahngleise. Ackermann setzte ihnen nach, aber ihre Silhouetten verschmolzen mit der Dunkelheit. Dann waren sie weg. Ackermann leuchtete ihnen mit seiner Taschenlampe nach, aber der Strahl war zu schwach, man sah nur einen glitzernden Regenschleier. Hinter ihm kam van Appeldorn angehechelt. »Fünf Leute!«
    Ackermann richtete den Lichtstrahl auf den Boden. »Pass auf, sons’ brichst du dir die Knochen. Hier liegen überall Schienen. Ach, guck ma’!« Er ging in die Hocke und betrachtete den tiefen, deutlichen Abdruck einer Schuhsohle mit wulstigem Profil. »Ich fress ’n Besen, wenn ich den nich’ scho’ ma’ gesehen hab, un’ zwar auf van Gemmerns Fotos vom Bruch bei Rogmanns.«
    »Bist du sicher?«
    »Nee, aber et is’ ’n Versuch wert. Ruf ma’ den Klaus an.«
    »Der wird sich freuen. Mitten in der Nacht noch mal raus!«
    »Fragt uns einer? Wir können doch wohl schlecht die ganze Nacht hier hocken bleiben un’ dat Ding bewachen. Ich klapper mir ja jetz’ schon einen ab. Is’ dir übrigens aufgefallen, dat die schon getürmt sind, da waren wir noch ga’ nich’ ausgestiegen. Die müssen dein Auto kennen.«
    20
    Am nächsten Morgen

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