Acornas Heimkehr
Hüne, dessen genaue Aufgaben an Bord Acorna zwar immer noch nicht so recht klar waren, selbst nach all der Zeit nicht, die sie nun schon gemeinsam durchs All gereist waren, der jedoch trotzdem felsenfest davon überzeugt schien, dass die Mission ohne ihn niemals hätte Erfolg haben können. Ihre wundersamen Fähigkeiten, die bei ihren menschlichen Freunden als einzigartige Gabe gegolten hatten, waren bei ihrem eigenen Volk augenscheinlich ganz und gar alltäglich. Und viele dieser Fähigkeiten schienen bei den anderen, reiferen Linyaari obendrein auch noch sehr viel ausgeprägter entwickelt und vielfältiger geartet zu sein. So war beispielsweise keiner von ihnen auf Worte angewiesen, um sich untereinander verständigen zu können; sie waren alle mühelos im Stande, die Gedanken der anderen auf dem Schiff zu lesen – einschließlich jener von Acorna, ein Umstand, den sie zuweilen als ziemlich lästig empfand. Sie hatte also offenbar in der Tat noch sehr viel zu lernen, bevor sie sich wahrhaftig zu den Erwachsenen ihrer Spezies zählen durfte. Zum Glück waren ihre Artgenossen, sofern ihre Schiffskameraden typische Vertreter ihrer Spezies waren, anscheinend alle liebenswert und verständnisvoll.
»Khornya, das ist meine Berufskollegin im Gamma-Sektor, Visedhaanye ferilii Taankaril«, verkündete Tante Neeva.
Khornya war die Linyaari-Version von Acorna, dem Namen, den ihr ihre menschlichen ›Onkel‹ gegeben hatten. Neevas Worte lenkten ihre Aufmerksamkeit wieder von dem fesselnden Anblick der Schiffe auf dem Panoramaschirm ab.
Acorna senkte grüßend ihr Horn, was ihr die Visedhaanye ferilii nachtat, eine Frau, die genau wie Tante Neeva, Khaari und Melireenya von unbestimmbarem Alter war, jedenfalls unbestimmbar für Acorna.
»Khornya«, fuhr Tante Neeva fort, nickte der Frau auf dem Komschirm zu und übermittelte Acorna die Gedankenbotschaft ihres Gegenübers: »Die Visedhaanye ferilii ist Mutter zweier stattlicher Söhne, die ihre Lebensgefährten noch nicht gefunden haben. Sie bedauert, dass sie zwar gerade im Begriff steht, zu einer Mission aufzubrechen, hofft aber, dass du nicht zögern wirst, dich jederzeit an die beiden zu wenden, wenn du Hilfe dabei brauchst, dich in deiner neuen Heimat einzuleben.«
Acorna lächelte und nickte der Frau ein weiteres Mal zu. Es waren keinerlei tatsächliche Worte zwischen ihrer Tante und der Würdenträgerin gewechselt worden. Augenscheinlich konnten die reiferen raumfahrenden Linyaari mit ihren Gedanken sogar die Weiten des Weltraums, zumindest jedoch beträchtliche Distanzen überwinden, um telepathisch miteinander zu kommunizieren. Zuweilen hatte Acorna das Gefühl, dass auch sie allmählich begriff, wie man das anstellte.
Aber sie fand die Prozedur sogar mit Leuten, die leibhaftig und mittelbar vor ihr standen, immer noch recht frustrierend.
Insbesondere, wenn ihre Telepathiepartner auf Gedanken reagierten, die sie, wenn sie es sich hätte aussuchen können, lieber nicht geäußert hätte. Leider beherrschte sie die Linyaari-Sprache einfach noch nicht fließend genug, um sich ausschließlich auf verbale Kommunikation beschränken zu können. Und die Mannschaft der Balakiire empfand die Notwendigkeit, sich mit ihr in gesprochenen Worten verständigen zu müssen, ohnehin als ziemlich beschwerlich.
Neeva versicherte ihr zwar, dass sie den Dreh schon bald herausbekommen würde, doch davon war Acorna selbst noch ganz und gar nicht überzeugt.
Das gleiche Spiel wiederholte sich jedenfalls auch im restlichen Verlauf ihrer Heimkehr; im Weltraum um ihre neue Heimatwelt herum tanzten Eierschiffe voller Acorna-ähnlicher Wesen, die ausnahmslos alle neugierig auf die ehemals tot geglaubte Tochter der erlauchten Feriila und des kühnen Vaanye zu sein schienen, die sich alle höflich erkundigten, wo sie die ganze Zeit über gewesen war und was sie getan hatte, die scheinbar alle ungebundene Söhne oder Neffen oder verwitwete Väter und Onkel besaßen, und die der Balakiire wie besorgte Hütehunde alle das Geleit bis zum Raumhafen gaben, um dort neben ihr zu Boden zu gehen.
Acorna tauchte hinter ihrer Tante Neeva und dicht vor Thariinye aus der Balakiire auf. Sie fand sich auf einem Landeplatz wieder, der mit einer unüberschaubaren Menge Linyaari angefüllt war, von denen ein paar sogar ein Willkommenstransparent hochhielten. Hinter den Uniformen tragenden, Acorna-ähnlichen Raumfahrern, die aus ihren Schiffen strömten, um sich der feiernden Menge anzuschließen, drängte
Weitere Kostenlose Bücher