Acornas Heimkehr
Offizier bekannt zu machen, sodass Acorna bald das Gefühl hatte, sie befände sich schon jetzt auf einem jener Empfänge oder Gesellschaften, die auszurichten ihr ihre Tante und Melireenya androhten, um sie in die Linyaari-Gesellschaft einzuführen und insbesondere, um ihr Kandidaten vorzustellen, die sich als Lebensgefährten für sie eignen könnten. Acorna war jedoch so hingerissen vom Spektakel der Schmuckeier-
ähnlichen Schiffe und dem Anblick der Heimatwelt ihres Volkes, die beinahe unmerklich rotierend hinter der Flottille schwebte, dass sie den Bildern auf dem Komschirm nur mit Mühe Aufmerksamkeit zu widmen vermochte.
Die Linyaari, die sie auf dieser Welt willkommen hießen, sahen ihr alle so ähnlich, dass ihre menschlichen Freunde sie glatt mit Acorna hätten verwechseln können. Die Haut der Gestalten auf dem Komschirm war blass, und sie besaßen golden schillernde, spiralenartig gedrehte, kegelförmige Kurzhörner, die ihnen aus der Stirn sprossen. Ihre Häupter wurden von Mähnen silberfarbigen Haares gekrönt, deren Wuchs sich im Nacken und an ihrem Rückgrat entlang fortsetzte. Genau wie bei Acorna waren auch ihre Beine mit Büscheln feinen, lockigen, weißen Haares bedeckt, das sie von den Knien bis zu den Knöcheln zierte, bis knapp oberhalb ihrer zweizehigen Füße. Ihre Hände besaßen, wie die von Acorna, nur jeweils drei Finger, jeder mit lediglich einem Gelenk in der Mitte und einem zweiten an der Stelle, wo der Finger an der Handfläche ansetzte.
Wenn sie bedachte, dass das einzige Leben, das sie bislang gekannt hatte, das einer Exotin unter lauter Andersgestaltigen gewesen war, konnte sie es kaum fassen, sich nun in der Gesellschaft von so vielen anderen ihrer Art zu befinden.
Sämtliche Einrichtungsgegenstände und Gerätschaften, die sie sehen und berühren konnte, waren von vornherein für Geschöpfe wie sie entworfen worden. Nichts brauchte eigens für ihre anatomischen Besonderheiten modifiziert zu werden.
Nichts an ihrem Äußeren war für die Linyaari ungewöhnlich.
Trotzdem, so sehr diese Wesen ihr auch glichen, so waren sie doch alle, sogar die Schwester ihrer Mutter und die anderen Anwesenden an Bord der Balakiire, immer noch Fremde für sie – Fremde, die ein besitzergreifendes Interesse an ihr bekundeten, ohne sie sonderlich gut zu kennen. Während die Menschen, unter denen sie aufgewachsen war, mittlerweile aufgehört hatten, sie wie ein Kind zu behandeln, schien sie in den Augen ihrer Linyaari-Schiffskameraden kaum mehr als eine Halbwüchsige zu sein.
Das war eine ungewohnte Erfahrung für sie. Acorna war als Kleinkind in einer Rettungskapsel aus dem Raumschiff ihrer Eltern ins All hinauskatapultiert worden, um sie vor jener tödlichen Explosion zu bewahren, die das Leben ihrer Eltern und der attackierenden Khleevi gefordert hatte. Kurz danach war sie gerettet worden und unter Menschen aufgewachsen.
Genauer gesagt, sie war von gleich drei Adoptivonkeln aufgezogen worden – Calum Baird, Declan ›Gill‹ Giloglie und Rafik Nadezda. Als diese Acorna damals gefunden hatten, waren sie als Erzschürfer tätig gewesen und hatten in den abgelegensten Sternengebieten am äußersten Rand des von Menschen besiedelten Teils der Galaxis gearbeitet.
Mittlerweile hatten sie sich jedoch auf andere Dinge verlegt.
Rafik beispielsweise war jetzt das amtierende Oberhaupt des Hauses Harakamian, des mächtigen Wirtschaftsimperiums, das von seinem Onkel Hafiz Harakamian, einem außergewöhnlich gerissenen Handelsbaron und vermögenden
Kuriositätensammler, gegründet worden war.
Als Acorna Hafiz das erste Mal begegnet war, hatte er sie seinen vielen Schätzen hinzufügen und sie als seine neueste Kostbarkeit zur Schau stellen wollen, zusammen mit den wunderschönen Fabergé-Eiern oder den unglaublich seltenen Singenden Steinen von Skarrness, die seinen Palastgarten bewachten. Ihren Wert als Sammlerstück hatte sie für Hafiz später allerdings schlagartig wieder verloren, als dieser erfuhr, dass sie keine einmalige Kuriosität, sondern lediglich die Angehörige einer zahlenstarken, nichtmenschlichen Fremdspezies war.
Acornas Beziehung zu Hafiz und jene zwischen Hafiz und Rafik hatten sich in der Folge so sehr verbessert, dass Acorna inzwischen den Namen Harakamian als Familiennamen führte, zusammen mit dem ihres selbstlosen und liebevollen Mentors Herrn Li. Der herzensgute Herr Li war vor ein paar Monaten verstorben, der robustere Onkel Hafiz jedoch hatte erst kürzlich zum zweiten
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