AD ASTRA Buchausgabe 008 Der Schattenstern I
General Lutan von Zenit hatte herausgefunden, dass Bau und Material der Zitadelle selbst dies verhinderten. So hatte sich im Hangar eine Status-quo-Situation etabliert, denn auch die Paramecs hatten eingesehen, dass mit ihren Mitteln dem fremden Schiff nicht beizukommen war. So beschränkten sie sich darauf, das eingedrungene Objekt zu belagern.
Szeszechun wusste nicht, wie der Befehlshaber der Paramecs über diese Situation dachte, doch er selbst war höchst beunruhigt, wenngleich man es ihm nicht ansah: Seine Kaiserin befand sich mindestens in höchster Gefahr, denn die Paramecs konnten ihr nicht freundlich gesonnen sein – wäre dies der Fall, so hätte sie längst das Ende der Belagerung ihres Raumschiffes angeordnet. Der Leibgardist befürchtete gar, dass die Kaiserin die Gefangene der Paramecs war, und am unangenehmsten an dieser Lage war die eigene Ohnmacht. Auch General Lutan von Zenit, sonst ein brillanter Stratege, wusste keinen Rat, denn die Paramecs reagierten auf keine akustischen Kontaktaufnahmen, wiederholten stereotyp ihre Anweisungen und hatten stur ihre Waffenmündungen auf das Schiff gerichtet.
Szeszechun war seit der Inthronisierung Cyas Anführer der Leibgarde, und das war für ihn die höchste Ehre. Bereits seit unzähligen Generationen dienten die Mitglieder seines Volkes dem Imperium und stellten nun bereits für den 5378. Kaiser den Anführer der Leibgarde. Ihr Heimatplanet, eine sehr alte Welt ohne nennenswerte Gebirge mit vielen Wasserflächen, lag relativ nahe bei Zenit, und hier war Szeszechun mit vielen anderen seines Volkes ausgebildet worden, dem Imperium zu dienen, und alle hatten nur jenes Ziel vor Augen, welches Szeszechun schließlich erreichte: Der Kaiserin höchstselbst als Leibwächter zu dienen. Es war ein hartes Training und eine ebenso anspruchsvolle Ausbildung, die zeitlich länger dauerte, als die Kaiserin jetzt Jahre zählte – insgesamt 25 Standardjahre benötigte ein Adept zur Erreichung der Abschlusswürde. Szeszechun hatte seine Spezialausbildung begonnen, noch bevor Cya auf Aternia das Licht des Universums erblickt hatte. Und als sie diesen Rang schließlich erhielt, durfte sie unter allen Absolventen wählen – doch Szeszechun selbst war damals noch nicht fertig mit seiner Ausbildung. So geschah das Unerhörte, von dem auf dem Wasserplaneten noch immer gesprochen wurde, denn Cya, die sich vor ihrer Wahl erbeten hatte, die ganze Akademie besuchen zu dürfen, hatte sich zielsicher für Szeszechun entschieden, den sie in einem Trainingseinsatz beobachtet hatte. Das hatte zur Folge, dass die Kaiserin genau 77 Standardtage ohne Leibwächter regierte – nach Szeszechuns Wissen eine Einmaligkeit in der Geschichte des Imperiums.
Doch Cya war einmalig, und es war für Szeszechun mehr als eine Ehre, ihr dienen zu dürfen; auf seine Art und Weise liebte er die Kaiserin, und er wäre bereit, sein Leben für sie zu opfern. Immerhin war sie auch die einzige nicht zu seiner Familie gehörenden Person in der Galaxis, der er es erlaubte, sie mit einem vertraulichen Du ansprechen, während er – trotz ihres Angebots auf Erwiderung der Vertraulichkeit – weiterhin aus Respekt beim Sie blieb.
Wegen dieser innigen, besonderen und aufopferungsbereiten Zuneigung war es umso schlimmer für ihn, Cya von Aternia in Gefahr zu wissen und selbst keinen Einfluss darauf zu haben. Es hätte ihn ungemein erleichtert, wenn er gewusst hätte, dass die Kaiserin zwar nicht unbedingt in einer erfolgreichen Lage agierte, andererseits aber auch nicht unmittelbar gefährdet war, denn sie befand sich noch immer zusammen mit Elexi’ael, Zentaya, Sara und Mercurion in der Zelle im Gefängnistrakt der Zitadelle, bewacht von schwer bewaffneten Paramecs. Nach dem harten Schlag, den ihr Katango mit seiner Waffe verpasst hatte, war sie einige Augenblicke ohnmächtig zu Boden gegangen, doch inzwischen war sie wieder auf den Beinen, und nur ein leuchtend blaues Hämatom auf ihrer Stirn erinnerte daran. Auch Folgeschäden waren nicht zu erwarten, denn sie spürte nicht einmal Kopfschmerzen.
„Die Frauen von Aternia hatten schon immer harte Knochen, und Du hast außerdem den dicksten Schädel, den ich kenne!” hatte Lex’ lächelnd gesagt, als er ihr auf die Beine geholfen hatte. Sie lächelte kurz zurück und erkundigte sich dann nach A’eron.
„Diese Königin Ta-Ai-Lar hat ihn mitgenommen! Wir wissen nicht, wohin, oder was sie mit ihm vorhaben!” lautete die Antwort des Psyonten.
„Es gibt keinen
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