AD ASTRA Buchausgabe 008 Der Schattenstern I
wie kleine Häuser aus robustem Kunststoffmaterial, es gab Container mit Öffnungen, einige Baracken, die aussahen, als wären sie aus Gerümpel und Abfall zusammengeschweißt worden, und es gab einfache Teppiche und Decken, die auf dem Boden ausgebreitet waren. Sara wagte sich gar nicht vorzustellen, welche exotischen Waren hier angepriesen und verkauft wurden, und in einer plötzlich auftauchenden olfaktorischen Halluzination glaubte sie, den Geruch von Zimt und anderen Gewürzen in der Nase zu haben.
„Hier geht’s runter!“ sagte Bartôg mit seiner hohen, kratzigen Stimme. „Und sei vorsichtig, dass man nicht versucht, Dir Deine Stiefel beim Laufen abzukaufen!“
Der Weg, den der Techniksammler gemeint hatte, war ein sicherlich breiter Steg, der jedoch ungleich schmaler wirkte aufgrund der Tatsache, dass er weder nach rechts noch nach links gesichert und unter ihm gute 30 Meter Luft bis zum Boden waren. Anscheinend machte das ihrem Retter recht wenig aus, denn dieser ging mit einer beiläufigen Leichtigkeit über die etwa zehn Meter lange Brücke und kümmerte sich gar nicht um Sara, als würde er davon ausgehen, dass sie ihm ebenso unerschrocken folgte.
Glücklicherweise gehörte Höhenangst nicht zu Saras Schwächen; nichtsdestotrotz floss ein leicht panisches Gefühl durch ihre Adern, als sie sich auf den Steg begab, bemüht, nicht nach unten zu sehen und auch möglichst wenig darüber nachzudenken. Ihre Strategie ging auf, und ehe sie sich versah, stand sie auf der anderen Seite der Verbindungsbrücke, die sich allerdings als monolithartige Erhöhung der nächst-unteren Ebene präsentierte. Erfreulicher Weise führte von hier eine langgezogene Rampe, diesmal mit Geländer, nach unten in die Menge der Verkäufer. Wieder ging Bartôg schnellen Schrittes voran, gefolgt von Sara.
„Wenn Dich jemand anspricht, geh’ einfach weiter! Die werden denken, Du bist eine von den Hohen Mächten! Die wollen Dich dann an Ihre Stände ziehen! Einfach weitergehen!“ belehrte Bartôg sie.
„Ist das denn normal, dass diese Hohen Mächte hierher kommen?“ fragte Sara und befürchtete im selben Augenblick, dass sie den Techniksammler und das, was er als seine Welt betrachtete, damit diskriminiert hatte. Allerdings fasste der kleine Abenteurer ihre Frage offenbar nicht derartig auf, sondern gab bereitwillig Antwort.
„Ja, das kommt schon hin und wieder vor!“ erklärte er. „Die wollen dann exotische Waren kaufen! Vermutlich, um damit anzugeben!“
Bartôg bestätigte erneut, dass er von den Hohen Mächten von Citadel nicht wirklich viel hielt. Und Sara verstand auch, woher diese Ablehnung kam, als plötzlich zwischen den einzelnen Ständen zahlreiche Paramirs, darunter einige, die sie für Kinder hielt, hervorkamen und mit teils flehenden, teils unterwürfigen Augen die verschiedensten Waren feilboten, von denen Sara nicht einmal einen Bruchteil identifizieren konnte. Ihr wurde bewusst, welchen Wert das System innerhalb der Zitadelle der Unendlichkeit den Paramecs, den Paramirs und den sogenannten Hohen Mächten zugewiesen hatte, und sie erkannte, dass gerade diejenigen, die sie und die übrigen Mitglieder der Armee des Lichts am freundlichsten empfangen hatten, auch diejenigen waren, die am untersten Ende der Hierarchie standen.
Wie war es zu dieser Aufteilung der Macht gekommen? Sara hoffte, dass ein Gespräch mit dem Ältestenrat hier Klärung schaffen konnte.
Die junge Frau von Terra wehrte alle Verkäufer und Anbieter ab, wobei sie bemüht war, nicht abweisend oder herablassend zu klingen, und obwohl ihr keineswegs danach war, zwang sie ihr Gesicht zu einem freundlichen Lächeln. Zwar erreichte sie durch ihre Aussage, nichts erwerben zu wollen, dass sich die Feilbieter sofort und demütig zurückzogen, allerdings folgten sofort andere nach, um deren Stellung einzunehmen. Bartôg seinerseits schien die Situation vorausgeahnt zu haben, denn er bahnte sich kommentarlos seinen Weg durch die Menge und blieb lediglich in einigen Intervallen stehen, um sicherzugehen, dass Sara noch hinter ihm war. Die Allgegenwart der Verkäufer führte dazu, dass Sara dem Markt, der sie eigentlich interessierte, nicht halb so viel Aufmerksamkeit schenken konnte, wie sie gewollt hätte; nur gelegentlich war es ihr vergönnt, einen längeren Blick auf einen Stand, eine Bude oder hin und wieder sogar ein regelrechtes Geschäft zu werfen, was dann aber als Kaufbereitschaft interpretiert und vom jeweiligen Besitzer des Ladens mit
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