AD ASTRA Buchausgabe 008 Der Schattenstern I
meisten Fluggäste waren bereits so oft interstellar gereist, dass sie das Bild nicht mehr beeindruckte; sie widmeten sich ihren Sitz- und Gesprächspartnern, ihren Lektüren oder den Informationsterminals vor ihren Sitzen. Auch Kapitän Santa Bosz und Pox beschlossen stillschweigend, über die offiziellen Nachrichtenkanäle weitere Informationen einzuholen, und so aktivierten sie den statischen Monitor im Sitz ihres Vordermannes.
Mehrere neue Sender waren zu den unzähligen bisher existierenden hinzugekommen, und ihre Ausrichtung war zweifelsfrei pro-rebellisch, doch auch einige der übrigen waren – ob aus Überzeugung oder Zwang war nicht erkennbar – zu den neuen Herren des Imperiums übergeschwenkt. Es gab zahlreiche Meldungen, die sich vor allem darum bemühten, die Rebellion nachträglich zu rechtfertigen, indem Mängel und Fehler der Vorgängerregierung aufgezeigt wurden, und die außerdem versuchten, den Triumph der Revolutionäre herauszustellen. Zusätzlich liefen am unteren Bildrand galaktonavigatorische Informationen in Schriftzeichen entlang. So konnte Pox erfahren, dass im Kontext Raumfahrt noch immer jenes beunruhigende Maß an Unsicherheit herrschte, dass vor einiger Zeit aufgetreten war und zugenommen hatte: Unvorhersehbare Asteroidenschauer und merkwürdige Gravitationsphänomene wechselten sich ab, und immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass der stellare Bereich um das Sieben-Sonnen-System für den Raumverkehr gesperrt sei, da sich anscheinend die Kumulation der unerklärliche Prozesse hier abspielte. Das erinnerte Pox daran, dass er in der Kommandozentrale des Obelisken eine Kommunikationsbotschaft des geheimnisvollen General das Zweiten Lebens miterlebt hatte, der augenblicklich sich im Sieben-Sonnen-System befand und weitere Schiffe angefordert hatte. Entweder wusste er demnach, was dort vor sich ging und erhöhte durch Flottenverlegungen die eigene Sicherheit, oder er stand ebenso vor einem Rätsel. In jedem Fall schien sich im System der Sieben Sonnen etwas Bedeutsames abzuspielen.
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Terabial war die zweite Welt eines Riesenplanetensystems, in welchem sich 129 Himmelskörper unterschiedlichster Größe um die Sonne Bialis bewegten. Das weiße Licht, welches dieser Stern aussandte, brauchte 282366, 6 Sekunden, bis es den äußersten Planeten erreichte, also rund 80 Stunden. Trotz dieser enormen Ausdehnungen war nur Planet 2, also Terabial selbst, besiedelt, und zwar ursprünglich von einem Volk namens T’bazi, das jedoch ausschließlich in Form von Ruinen und Relikten auf sich aufmerksam gemacht hatte – es war bereits vor Tausenden von Jahren wenn auch nicht ausgestorben, so doch ausgewandert: Die klimatischen Verhältnisse auf Terabial hatten sich einst derart gewandelt, dass die Insektoiden gezwungen waren, sich einen anderen Planeten als Heimat zu wählen. Dies war umso bedauerlicher, als dass es auf dem Ursprungsplaneten faszinierende Bauwerke errichtet hatte. Wie so viele andere Völker in der Galaxis auch, die aufgrund ungünstiger Umstände und eines widrigen Schicksals gezwungen worden waren, ihre Heimatwelt aufzugeben, waren in den folgenden Jahren auch die T’bazi niemals wieder richtig heimisch und sesshaft geworden, so dass sie nun ein dezentralisiertes Leben überall in der Galaxis führten.
Nichtsdestotrotz wäre es falsch gewesen, Terabial als tote und verlassene Welt zu bezeichnen (auch ohne das Wissen von Pox’ und Santa Bosz über die Geretteten), denn es gab einige Städte auf dieser Welt, die vor allem von Glücksuchenden sowie von Archäologen bewohnt waren. Darüber hinaus gab es da noch jene florierende Industrie auf der nördlichen Hemisphäre des Planeten, die sich vor allem um das gewaltige Werk der Quantex-Kooperation scharrte; letzteres wies inzwischen die Größe eines kleinen Staates auf und produzierte allein 46% des gesamtplanetaren Bruttosozialproduktes. Es gab auf dem weiträumigen Gelände Industrien und Dienstleistungen fast jeder Sparte, die jedoch allesamt ausschließlich dem Kernunternehmen zuarbeiteten, und dieses wiederum war auf spezielle Hoch- und Höchstenergie-Chemikalien spezialisiert, hatte folglich in den letzten Jahren enorm vom Netzbau profitiert. Pox, der bereits recht früh im Zuge seiner Ermittlungen auf dieses Unternehmen gestoßen war und dadurch gleichsam einen Hinweis auf die Welt Terabial erhalten hatte (das Quantex-Werk gehörte zu einem der wenigen Unternehmen, die in der Lage waren, Beonzodoran herzustellen), musste
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