Ada liebt
und Mist roch, und
er meinte den Mandelkuchen und den Ausflug in das Zentrum des Dorfes. Ich
grinste und sah in sein rotes Gesicht, aber ich traute mich nicht zu lachen,
denn Bo guckte ernst. Die Kühe mussten gemolken werden und ich habe ihre Milch
in einen nicht vorsterilisierten Auffangbehälter gekippt, weil es schnell gehen
musste, sagte Bo und kratzte sich am Kopf. Ich hatte ja auch keine Hilfe, sagte
er und sah mich an.
Ich wusste, dass er mir vorwarf, dass
ich nicht mit ihm zusammen an den haarigen Eutern gezogen hatte und dass ich
auch nicht an das Sterilisieren der Eimer gedacht hatte, aber das stand ihm
nicht zu und ich war nicht sein Stallhelfer.
Ich wollte etwas sagen, etwas
Landwirtschaftliches, und deshalb sagte ich, sonst entzünden sich die Euter.
Ich machte ein fachmännisches Gesicht und drückte Bo eine Tasse Kräutertee in
die Hand. Weißt du, was das bedeutet, wenn der Auffangbehälter nicht steril
ist, sagte Bo, sie ist hin, die Milch. Und die Euter, fragte ich. Kann man
einzeln nicht verkaufen, sagte Bo wütend und er heftete seinen Blick noch immer
auf mich.
Es ist nicht meine Schuld, wenn deine
Scheißkühe auslaufen, sagte ich trotzig und Bo starrte mich an. Nein, hier ist
gar nichts deine Schuld. Du beteiligst dich so wenig an meinem Leben, dass du
nicht einmal mitkriegst, wenn es ausläuft. Bo bekam einen roten Kopf und er
wirkte noch größer als sonst.
Aber wenigstens komme ich dich
besuchen, sagte ich, du weißt doch noch nicht einmal, wie mein Leben aussieht,
wie es gestrichen ist, auf welchem Teppich es geht und in welchem Takt. Meine
Stimme schwankte vor Wut, denn ich hatte mich noch nie so missverstanden
gefühlt wie in diesem Moment.
Ich kam schließlich jedes Wochenende
hierher in diesen Schweinemief und guckte auf Felder und in Kuhscheiße und Bo
hatte mich noch kein einziges Mal besucht in der Stadt mit ihren tausend
Möglichkeiten und dem tollen Ausblick.
Du nimmst nicht teil, sagte Bo, selbst
wenn du da bist, sind deine Wochenenden nur Ferien auf dem Bauernhof bei einem
gut aussehenden Bauerntölpel. Bos Stimme war wieder ruhig geworden und jetzt
sah er traurig aus. Ich schwieg, denn vielleicht hatte Bo recht, aber das
konnte ich ja nun schlecht zugeben. Bo wartete eine Antwort nicht ab und ging
hinaus. Er hatte beide Hände tief in die Taschen seines alten Stalloveralls
gesteckt, seine Locken kräuselten sich feucht im Nacken. Er lief draußen am
Küchenfenster vorbei und war auf dem Weg in den Stall. Es war bereits dunkel
geworden und ich fragte mich, ob ich Bo in dieser Nacht noch zu sehen bekommen
würde.
Du hornochsiger Schweinehirte, rief
ich Bo hinterher und durch die Scheibe sah ich, wie Bo die Schultern hob und
wieder senkte. Es wurde still in der Küche, Bo hatte noch viel zu tun und ließ
mich mit dem Kräutertee und meiner ganzen Kultur in den braunen Fliesen zurück.
Es war unser erster Streit und ich hätte merken müssen, dass er das Ende
einläutete.
Ich lehnte an Bos Spüle aus der
Jahrhundertwende und starrte in meinen postmodernen Tee. Ich versuchte mir
vorzustellen, wie ich mit einem braunen Kopftuch und einer blutverschmierten
Schürze aus dem Stall komme und glücklich zu Bo sage, es sind sechs neue
Ferkel, und Bo hebt mich in die Luft und wirbelt mich herum und sagt, wir gehen
gleich zu den Nachbarn und feiern es, und er denkt dabei an den netten
Postboten von nebenan, der zu Weihnachten von allen Schnaps bekommt und bei dem
es deshalb immer so lustig ist.
Aber erst die Arbeit, hörte ich mich
sagen, und ich grinse rotbäckig und mein Gesicht ist kräftig und rund und ich
sehe ein wenig aus wie Tante Rosi. Bo sagt, ich repariere den Weidezaun, und
ich sage, gut und vergiss nicht das Sterilisieren der Eimer, und Bo küsst mich
und sagt, was für eine kluge Frau ich doch habe.
Am Nachmittag kommt die Nachbarin und
wir essen selbstgebackenen Kuchen und sie hält mir einen Frischling unter die
Nase, der ihr Kind ist, und fragt, wann kommt deins. Vor Schreck ließ ich die
Teetasse fallen auf die gelbbraunen Fliesen in Bos Küche.
Bo kam erst in den Morgenstunden aus
dem Stall. Ich hatte in der Küche auf ihn gewartet und ein schlechtes Gewissen
gehabt, das mit jeder Stunde, die Bo im Stall blieb, wuchs. Als es hell wurde,
war ich so weit, dass ich mich entschuldigen wollte.
Ich verstand das Ausmaß der
Katastrophe erst, als Bo sagte, dass er die ganze Nacht gebraucht hatte, um die
Milch zu entsorgen, und dass er nicht liefern könne am nächsten
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