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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Balschun
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immer, fragte die Kellnerin, ich
nickte und sie blickte in meine Zeitung. Jemand, den Sie kannten, fragte sie
und ich merkte, dass ich weinte, und sagte, ja. Das tut mir leid, sagte sie.
Der Kaffee geht aufs Haus. Danke, antwortete ich und dann sah ich Leo.
    Ada, rief er und riss seine Arme
auseinander. Ich musste aufstehen, um ihn zu begrüßen, und sagte, Leo. Was tust
du hier, fragte er. Studieren, sagte ich. Toll, sagte Leo. Was, fragte ich. Du
hier, sagte Leo und strahlte mich an.
    Ich bin nur auf der Durchreise,
erzählte er. Bin Ingenieur, weißt du. War jetzt drei Tage in München und nun
hier für zwei Tage und dann ab nach Hause. Leo setzte sich auf den Stuhl mir
gegenüber und sah mir fest in die Augen. Hier, die Karte, sagte ich. Er
überflog sie. Einen Latte, rief er der Kellnerin hinterher, dann sagte er, Ada,
ich freu mich, dich zu sehen.
    Was studierst du, fragte Leo. Ich
schreibe eine Doktorarbeit über das literarische Leben der englischen Frauen im
ausgehenden neunzehnten Jahrhundert, sagte ich. Du warst schon immer komisch,
sagte Leo.
    Wo ist Elisabet, fragte ich und Leos
Blick veränderte sich. Wir machen gerade eine Pause, sagte er, ist besser so.
Ich konnte mir nicht vorstellen, wie Menschen voneinander eine Pause machten,
wie ein Film, den man anhielt, um aufs Klo zu gehen, aber bei Leo und Elisabet
ging das und Leo legte seine Hand auf meine und sagte, wie schön du noch immer
bist.
    Abends traf ich mich mit Leo in einer
Kneipe bei mir um die Ecke, er hatte überraschend gefragt, meine Karteikarten
lagen zu Hause und so sagte ich, ja, um acht. Nun saß ich dort und seine Lippen
bewegten sich ununterbrochen und meine Ohren quollen über.
    Um viertel nach elf griff Leo in mein
Gesicht und drückte seine Lippen auf meine. Er schmeckte nach Bier und
Erdnüssen und machte ein saugendes Geräusch und ich dachte an Bos Schweine, die
auch so klangen, wenn sie sich im Schlamm wälzten.
    Bo hatte ihnen kleine Hütten aus Holz
gebaut, und bei Regen standen sie im Schlamm, die Schweine mochten das, und
wenn sie es nicht mehr mochten, gingen sie hinein und rieben ihre Bäuche
aneinander.
    Was ist, fragte Leo. Magst du
Schweine, fragte ich. Ada, sagte Leo und sein Atem ging schnell. Er schloss die
Augen und hielt mir sein Gesicht hin zum Küssen. Ich winkte dem Kellner, einen
Wein, sagte ich, Leo öffnete die Augen und guckte verdutzt.
    Was willst du, fragte ich und dachte
an Elisabet. Er nahm meine Hand und legte sie unter dem Tisch auf sein Bein und
ich bewegte sie auf und ab, so wie ich es aus dem Fernsehen kannte und von den
wenigen Verabredungen, und studierte sein Gesicht, das entgleiste.
    Ada, stöhnte Leo. Ich ließ ihn los und
trank meinen Wein in einem Zug leer. Ich muss los, sagte ich und stand auf. Leo
sagte, ich komme mit, lass dich doch jetzt nicht allein gehen. Er sah mich mit
diesem Blick an, der mir schon in der Schule den Regen als Sonne verkaufen wollte.
    Unterwegs umfasste Leo meine Taille
und ich steckte beide Hände in meine Jackentaschen. Der Herbstwind wehte uns
kalt ins Gesicht, es war dunkel und es lag ein Geruch in der Luft, der schwer
war und nass. Ich dachte an Bo und wie er an seinem Wein roch, bevor er ihn
trank, und als wir vor meiner Tür standen, sagte ich, mach’s gut, und ließ Leo
stehen.
    Ich ging weiter zum Bahnhof, der
Himmel riss auf und das Geräusch der Züge und die grellen Lichter der
Eingangshalle schlugen mir entgegen. Drinnen roch es nach Kaffee und nasser
Kleidung. Ich beschleunigte meinen Schritt und war froh, dass Leo mir nicht gefolgt
war.

12
    Obwohl ich bemüht war, die
Haustür leise aufzuschließen, hatten sie mich gehört, zerzaust und erschrocken
standen sie in der Mitte der Treppe und sahen mich an wie einen Geist. Ich
wollte euch nicht wecken, sagte ich und musste lachen über ihren entwurzelten
Anblick.
    Es ist vier Uhr früh, sagte mein
Vater. Ist etwas passiert, fragte meine Mutter und ich sagte, nein. Mit Bo,
fragte sie und mein Vater schnaubte, auch nicht, sagte ich und er schnaubte
wieder. Ich schickte sie zurück ins Bett und stand etwas verloren im Flur.
    Die Einrichtung meiner Eltern war alt
und zusammengewürfelt. Zu den Sammlerstücken meines Vaters gesellte sich der
neuzeitige Kitsch meiner Mutter, und mittendrin befanden sich Möbel und andere
Dinge, an denen gemeinsame Erinnerungen hingen. Hinter einem Regal voller
Plastikblumen in Hellblau hing ein wurmstichiges Bild, das einen See zeigte,
den es schon lange nicht mehr gab.
    Da in

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