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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Balschun
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mit der Nase und unter
meinem rechten neuen Stiefel klebten Reste eines riesigen Hundehaufens.
    Ich stellte die Tüten ab und warf den
beschmierten Stiefel vor die Tür des Nachbarn, sollte er doch dort alles
vollstinken, dann schloss ich meine Tür auf und ging in die Küche, wo ich die
Einkäufe auf einen Stuhl stellte. Mir war kalt und ich wusste nicht, was sonst,
also ging ich ins Badezimmer und ließ mir eine Wanne ein.
    Beim Öffnen der Lavendelflasche
strömte mir ein feiner Duft entgegen und ich sog die lila Luft tief ein, doch
es mischte sich ein störender Geruch dazwischen. Ich sah an mir herunter auf
den einen roten Stiefel, den ich noch trug, und auch dort klebte Hundescheiße.
    Die hatte ich auch schon auf dem
Teppichboden im Flur und auf den Dielen in der Küche verteilt. Alles stank, und
während ich den Fußboden schrubbte und mir schlecht wurde, dachte ich an die
Kühe im Stall und war froh, dass das vorbei war.
    Ich zog meine feuchte Jacke aus, nahm
meine Sneakers aus dem Karton und stellte sie an ihren Platz unter der
Garderobe. Gummistiefel passten also doch nicht in mein akademisches
Stadtleben, das hatte ich ja nun gesehen, und so warf ich auch den zweiten vor
die Tür des Nachbarn, sollte er doch glücklich werden mit dem Geruch von
Schweinen und Kühen und all den Erinnerungen.
    Irgendwann stank der Teppich nicht
mehr, und als die Wanne voll war, drehte ich den Wasserhahn zu, ging in die
Küche und stellte die Milch in den Kühlschrank, daneben den Käse, das Brot.
Eier hatte ich vergessen und Kaffee auch. Und ich hatte Leberwurst gekauft, die
ich niemals essen würde, und wie um Himmels willen kam der grüne Wackelpudding
in die Tüte? Verwirrt stellte ich alles in den Kühlschrank, zwei Tiefkühlpizzen
fror ich wieder ein, und dann fiel die Postkarte auf den Boden.
    Ich hob sie hoch und es war kein
Druck, sondern ein Foto, ein Foto von einem riesigen rosa Schweinekopf, der
etwas schräg lag, und die schwarzen Augen guckten ein wenig ungläubig, so als
wollten sie sagen, du hier? Mir wurde heiß, denn ich kannte das Schwein. Auf
der Rückseite stand in dicken schwarzen Buchstaben: Du
fehlst mir gar nicht. Siegfried. Mehr nicht.
Nur meine Adresse und Altkanzler Kohl, der gern Saumagen aß. Er glotzte aus der
Briefmarke oben rechts in der Ecke und sein Mund war vom Stempel halb verdeckt.
    Ich war fassungslos. Siegfried hatte
mir eine Karte geschrieben. Ich hielt mir das Papier unter die Nase, es roch
nur nach Postkarte, was hatte ich denn erwartet. Siegfried. Ich musste lachen.
Dann nicht mehr. Scheiß Herbst, dachte ich und stieg in die Wanne. Morgen würde
ich zum Arzt gehen und mir etwas gegen die Depressionen verschreiben lassen.
Eine Karte von Siegfried. Ich nahm sie mit ins Badezimmer und stellte sie vor
den Spiegel. Den Spiegel stellte ich so, dass ich die Karte von vorne und
hinten sehen konnte in der Wanne. Ein rosa Schweinekopf. Du fehlst mir gar
nicht. Kleine schwarze Haare auf dem Kopf von Siegfried, die hatte ich nie
gesehen. Helmut Kohl ohne Mund. Du fehlst mir gar nicht.
    Ich lag in der Wanne und sah auf das
Schwein. Meine weißen Füße guckten aus dem Wasser. Du fehlst mir auch nicht,
sagte ich in die Stille und spritzte Wasser gegen den Schweinekopf. Und dann
weinte ich.
    Ich hatte wieder zu viel Wasser im
Auge, auch das sollte sich der Arzt morgen mal ansehen. So viel Zeit musste
sein. Aus dir strömt das Meer, hatte Bo gesagt, und jetzt stand Siegfried in
meinem Badezimmer und kleine Tropfen liefen ihm über den glatten rosa
Schweinekopf.

20
    Er will mich unbedingt
heiraten, sagte Elisabet. Sie legte den Kopf schräg und zwirbelte eine
Haarsträhne in ihren Fingern. Wegen der geordneten Verhältnisse, hat Leo
gesagt. Sie senkte den Kopf und ich goss ihr Kaffee ein, und du, hatte ich sie
gefragt und sie zuckte die Schultern.
    Er hat nicht von Liebe gesprochen,
sagte sie und ich dachte an Elisabet als junges Mädchen und an ihren Sinn für
Romantik und ihre Aufregung nach dem Festival, und jetzt saß sie in meiner
kleinen Küche und suchte ausgerechnet hier nach der Liebe.
    Weißt du, Ada, ich habe mir das
irgendwie anders vorgestellt, ein bisschen wie im Film, mit Champagner und
roten Rosen und einem magischen Augenblick und nicht zwischen Tür und Angel ein
dahingeworfenes, dann heiraten wir eben, das Kind soll in geordneten
Verhältnissen aufwachsen. Sie senkte den Blick und fixierte einen Fleck auf dem
Küchenboden.
    Ich suchte meine Zettel an der Wand
hinter Elisabet

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