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Ada liebt

Ada liebt

Titel: Ada liebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Balschun
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schicken Hüten und ihren Porzellangesichtern, ihrer Anfälligkeit und
heimlichen Einsamkeit, sie würden bleiben und Rosen einkaufen und auf geputzte
Tische stellen. Romanfiguren, die vielleicht niemals gelebt hatten, waren meine
Hinterlassenschaft, und auch die waren nur geliehen, und meine Sprachlosigkeit
füllte keinen Raum, nahm keinen Platz ein, nicht in meinem Leben und nicht in
dem der anderen. Ich schluckte und verstand, was Bo gemeint hatte, als er
sagte, dass ich keine Zeugen zulasse, dabei wollte Bo mehr sein, er wollte mein
Gefährte sein, aber er hatte nur Zeuge gesagt, und selbst das hatte ich ihm
nicht sein können.
    Mein kluger hornochsiger
Schweinehirte, sagte ich laut in die Küche und mein Blick ging an Elisabet
vorbei zu Bo, der erstaunt die Augenbrauen hob. Ich verließ die Küche, denn ich
wollte mit dem Durcheinander in meinem Kopf alleine sein. Als ich draußen stand
und mir der Geruch von Mist und Sonne entgegenwehte, empfand ich den Mist als
störend und die Weite vor meinen Augen, so gänzlich ungebrochen von hohen
Häusern und ratternden Straßenbahnen, als beengend.
    Ich wischte meine Gedanken weg,
schließlich war es egal, was blieb, denn das Leben war jetzt, und das Surren
und Summen der Mistfliegen vor meinem Gesicht verengte nur den Blick und meine
Welt war das sicher nicht.
    Ich hob meinen Kopf hoch und sagte
laut in den Vormittag, dieser Gestank bringt mich ganz durcheinander, und mir
tat Bo leid, der ja noch nicht einmal wusste, was ihm fehlte, und ich sah auf
meine Gummistiefel und dachte an den Hundehaufen darunter und wieder wusste ich
sicher, dass dies mein Leben nicht war.
    Wie schön, rief meine Mutter, ich
werde stricken für die Babys und dein Vater kann gleich anfangen, dein altes
Spielzeug vom Dachboden zu holen. Ich bereute, ihr von Elisabet erzählt zu
haben, doch nun war es zu spät und mein Vater ließ seine Zeitung sinken,
funkelte mich an und grunzte ein paar unverständliche Laute.
    Sie sind noch nicht einmal geboren,
sagte ich zu meiner Mutter und sie sagte, aber das werden sie, zwei kleine
Leos. Ich hob die Schultern und mein Vater sagte, die hättest du auch haben
können, und meine Mutter sagte, stell dir das nur vor, und da sagte mein Vater,
für Ada sind Schweine genau richtig.
    Ich blickte ihn verwundert an und er
flüsterte in seine Zeitung, sonst hört sie den ganzen Tag nicht mehr auf, und
ich lachte und fragte mich, wie sie es miteinander ausgehalten hatten so viele
Jahre. Will Bo Kinder, fragte meine Mutter, ich sagte, weiß nicht, und mein
Vater grunzte, der hat doch genug Ferkel, und meine Mutter schimpfte aus der
Küche, das ist doch nicht das Gleiche. Frag lieber, ob Ada Kinder will, sagte
mein Vater und meine Mutter sagte, Ada weiß nicht, was sie will.
    Das stimmt nicht, sagte ich wütend,
aber ich wusste, dass meine Mutter nicht ganz falsch lag, denn ich wusste, was
ich nicht wollte, und das waren Kinder und ein eigener Herd und eine planbare
Zukunft mit Schweinen und Weizenfeldern, und ich wollte nicht wissen, was
morgen kam, und ein Übermorgen gab es nicht in meiner Vorstellung, aber ich
wusste nicht, was ich wollte. Ich weiß genau, was ich will, sagte ich stur und
meine Mutter sagte, behalt es für dich, ich will mich heute nicht aufregen, der
Tag ist so schön.
    Meine Stratfords, sagte mein Vater,
zieht euch an, wir machen einen Spaziergang, und er sprang auf und schob uns in
die Garderobe. Er hatte wieder dieses Hochzeitsgesicht, meine Mutter sah es
auch und ihre Augen leuchteten. Die letzten Sonnenstrahlen fielen auf unsere
Köpfe, mein Vater legte seine Arme um uns und wir liefen plaudernd
nebeneinander und meine Mutter lachte viel. Ich spürte, dass dies ein Abend mit
Blumen sein würde, und ich sah, dass mein Vater es schaffte, sie zum Leuchten
zu bringen, und auch er hatte mir etwas voraus.

28
    An einem Mittwoch, der
seinen trüben Novemberhimmel vor das Fenster gehängt hatte, kam mir ohne
Vorwarnung die Erkenntnis, die alles verändern sollte. Ich saß in unserem
Arbeitszimmer in der Uni, mir gegenüber hämmerte Wolff tonlos in die Tasten und
die Luft war verbraucht. Keiner von uns öffnete das Fenster, diesen nassen
November wollten wir beide draußen lassen, auf der anderen Seite der Scheibe.
    Ich saß vor meinem Computer und las
mich durch meine Notizen und versuchte, meine Arbeit wieder aufzunehmen. Ich
war so konzentriert wie in den letzten Wochen lange nicht mehr. Ich hatte die
Bücher über Landwirtschaft beiseite gelegt

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