Adairas Erbe

                                              
                                                     Verzögerungen
     
     
    Jenna ging, mit flottem Schritt, den Weg zum großen Platz und den Riesenbäumen hinauf. Es wäre merkwürdig gewesen, wenn sie, direkt nach ihrer Ankunft, zur Tobar Höhle gegangen wäre.
    Der Plan war, ihre Sachen in die baumhütte zu bringen, eine Runde um den großen Platz zu schlendern um das ein- oder andere Schwätzchen zu halten und sich dann dezent Richtung Nordstrand zu verdrücken.
     
    „Jenna! Gut, dass du da bist! Ainsley hält gleich eine Besprechung in ihrem Büro ab. Es ist wichtig!“, meinte eine Wächterin , die ihr am großen Platz entgegenkam.
    „Verdammt“, murmelte Shania auf ihrer Schulter, als die Wächterin vorbei gegangen war.
    „Wenn ich nicht hingehe, weiß Ainsley, dass etwas nicht stimmt.“
    „Dann gehen wir halt hin und hoffen, dass es zügig vonstatten geht,“ seufzte Catriona aus der Brusttasche.
     
    In Ainsleys Büro war die Führungsregie der Wächter bereits versammelt, als Jenna eintrat.
    „Ich habe euch hergebeten, weil mir eine zuverlässige Quelle mitgeteilt hat, dass wir heute Nacht mit einem Großangriff der Krieger rechnen müssen“, ließ Ainsley die Bombe platzen.
    „Natürlich könnte der Angriff auch früher erfolgen, daher ist ab sofort Alarmstufe Rot. “
    „Jeremy, du wirst mit ein paar Leuten zur Tobar Höhle als Verstärkung gehen. Jenna, du übernimmst das Südufer und David übernimmt das Nordufer.“
    Sie teilte sämtliche Abschnitte der Küste auf. Shania knirschte mit den Zähnen, was nicht weiter wahrgenommen wurde, da man es für eine Gargoyle-Marotte hielt.
    Ainsley teilte Maschinengewehre aus.
    „Schluss mit Lustig. Wenn wir sie nicht mit Magie stoppen können, dann eben damit!“
    Jenna sollte eigentlich eine Truppe zur Bewachung des Südstrandes zusammenstellen, aber sie machte, dass sie zur Tobar Höhle kam, bevor Jeremy mit seiner Gruppe dort auftauchte.
    Sie rannte über den Hügelpfad, als eine Stimme sie aufhielt.
    „Hey! Solltest du nicht den Südstrand in Kampfposition bringen?“
    Sie fuhr herum. Zu spät hatte sie das Pochen des Chips in ihrem Oberarm registriert.
    Laurie Montgomery stand vor ihr und schaute sie misstrauisch an.
     
    „Und was machst du hier? Solltest du nicht einen anderen Abschnitt bewachen?“ Die alte Devise, Angriff ist die beste Verteidigung war für Jenna nie verkehrt.
    „Ach, weißt du, als ich vorhin einen Schwarm Möwen sah, der offensichtlich auf mein Implantat reagierte, dachte ich mir, dass irgendetwas im Busch ist. Dann tauchst du plötzlich hier auf,- mit einem wildfremden Gargoyle....“ Sie warf Shania einen kritischen Blick zu.
    „Du hast noch nie einen Gargoyle mit dir rumgeschleppt. Dann erzählt mir Parson, dass du ihn für Logan mitgebracht hättest, weil er ein alter Bekannter von ihr wäre. Wenn dass wirklich der Fall wäre, würdest du ihn nicht immer noch herumschleppen, sondern er würde bei Logan auf der Veranda sitzen.“ Sie grinste Jenna aufreizend an.
    Der saß die Zeit im Nacken und sie überlegte kurz, ob sie Laurie einfach niederschlagen sollte.
    „Ich hab keine Zeit für den Scheiss jetzt. Sag mir, in zwei Sätzen, warum du den Chip trägst.“ Sie baute sich drohend vor Laurie auf.
    „Weil Daracha O´Reilly mich aus der Drogenhölle geholt hat und mir eine Chance gab, als es niemand sonst tat. Ihr gehört meine oberste Loyalität.“
    „Okay, dann komm mit, ich informiere dich unterwegs.“
    Sie rannten los und Jenna gab ihr eine Kurzversion der Ereignisse. Bei dem Punkt, an dem Namira ins Spiel kam, blieb Laurie ruckartig stehen.
    „Die Königin der Fae ???“
    „Ja, wenn alles gut läuft wirst du sie bald selbst sehen.“
    „Jenna! Wir sind Wächter ! Es ist unser gottverdammter Job, dafür zu sorgen, dass das Portal geschlossen bleibt!“
    „Wir sind bald tote Wächter,- zusammen mit einem Berg toter Krieger. Der Irrsinn muss endlich aufhören! Außerdem werden wir alle bald unsere Kräfte verlieren, wenn  die Fae an ihrer Krankheit sterben.“
    „Hat was, deine Argumentation.“
    Sie nahmen ihr Tempo wieder auf. Bald kam die Abzweigung zur Tobar Höhle in Sicht. Auf einem Felsen gegenüber der Höhle erhoben sich fünf Möwen und flogen herüber .
    „Ich bin übrigens ein weiblicher Gargoyle. Ich hatte doch angenommen, dass man das sieht.“