Adam 01 - Die letzte Chance der Menschheit
der Magier tatsächlich bereits die Namen aller Schüler kannte. Das wäre erstaunlich.
»Gibt es noch mehr Spinnen oder sogar schlimmere Wesen?«
Quinton klang ein wenig amüsiert, als er antwortete. »Genau diese Frage habe ich erwartet. Natürlich ist Pik nicht allein. Wie sollte das auch funktionieren? Ich nehme doch an, dass ihr alle über die Fortpflanzung Bescheid wisst. Es bedarf dazu zumeist eines Männchens und Weibchens.«
Vereinzelt wurde gekichert.
»Aber ich kann dich beruhigen, Nia«, fuhr Quinton fort. »Piks Artgenossen leben im Norden. Jenseits der Grenzbefestigungen. Ich habe ihn im östlichen Kongo gefunden.«
»Sie waren im Kongo?«, fragte Sharad, ein hagerer Junge, der von indischen Einwanderern abstammte. »Wie sieht es dort aus?«
Seit Jahren gab es keine Berichte über die Länder im Norden. Wenn man von den verbündeten Nationen Namibia und Simbabwe absah. Nicht nur Adam brannte darauf, etwas über diese Orte zu erfahren.
Quinton wurde sehr ernst. »Ich habe viele Länder besucht. Auch nach der Katastrophe. Es existiert fast nirgendwo auch nur der Ansatz von staatlicher Ordnung. Überall herrscht Chaos und Tod. Ich wünschte, ich könnte euch von blühenden Landschaften und glücklichen Menschen erzählen, aber das wäre eine Lüge.«
»Dann sind wir also allein«, stellte Yera fest. Adam war erstaunt, dass ausgerechnet er zu solch einem Gedanken fähig war.
»Es gibt aber noch Brasilien«, warf ein Polizeischüler ein, dessen Name Adam entfallen war.
Quinton kannte ihn jedoch. »Brasilien hat sich einen neuen Namen gegeben, Aaron«, erwiderte er. »Einen nicht besonders einfallsreichen übrigens: Groß-Brasilien. Und dieses Groß-Brasilien ist sehr weit von uns entfernt.«
Für Adam hörte es sich so an, als wäre Quinton darüber sehr froh. Dann fiel ihm auf, dass der Medizinmann überhaupt nicht auf den zweiten Teil von Nias Frage eingegangen war.
Gab es noch schlimmere Wesen als die Spinnen?
Ja, dachte Adam. Es gibt sie. Ich bin einem von ihnen begegnet.
***
Adam stand in der Unterrichtspause mit Delani und Sharad zusammen. Unter den Ästen eines Baumes suchten sie Schutz vor den grellen Sonnenstrahlen.
Überall hatten sich Gruppen gebildet. Die Schüler und Schülerinnen diskutierten aufgeregt über Quinton und das neue Unterrichtsfach. Ein Mädchen aus Shawis Clique ahmte Quintons wiegenden Gang nach und rollte dabei mit den Augen. Die anderen Mädchen kicherten. Außer Nia.
Delani bot die Reste seiner kandierten Nüsse an. Adam lehnte dankend ab, während Sharad begeistert zugriff.
»Er war im Kongo«, bemerkte Sharad kauend. »Das muss man sich mal vorstellen. Ich frage mich, wie er das überleben konnte. Da gibt es doch die wildesten Geschichten. Ich sage nur Kannibalismus.«
»Der Kerl kann zaubern«, erwiderte Delani. »Damit kommt er wohl überall durch.«
»Ich glaube nicht an Zauberei.« Sharad schüttelte energisch den Kopf. »Alles, was wir heute gesehen haben, beruht auf Sinnestäuschung.«
»Wusstet ihr, dass die Wettervorhersagen seit Langem von Medizinmännern oder Zauberern erstellt werden und nicht wie früher von Meteorologen?«, sagte Delani.
Adam blickte automatisch zum Horizont. Weit hinter der Stadt zog ein graubrauner Wolkentrichter seine Bahn. Eine Windhose, angefüllt mit Staub und Sand aus den Steppen und Wüsten des Nordens. Sie schien sich von Kapstadt zu entfernen. Noch vor zehn Jahren hatte es solche Wetterphänomene in dieser Region nicht gegeben.
»Was ist denn der Unterschied zwischen Medizinmännern und Zauberern?«, fragte Sharad.
»Da musst du schon die Magische Gilde fragen«, erwiderte Delani.
»Lass mal«, sagte Sharad. »Mein Vater behauptet, das wäre eine Vereinigung von Spinnern und Betrügern, die unser Land übernehmen wollen.«
Nach der Pause tauchte ein uniformierter Polizist im Klassenraum auf. Er teilte den Schülern mit, dass sich zehn von ihnen am nächsten Morgen auf dem 1. Polizeirevier zu melden hatten. Ihre Aufgabe würde es sein, die Stadtpolizei bei einer besonderen Aufgabe zu unterstützen. Der Mann las die Namen von einer Liste ab. Adam und Delani waren unter den zehn Auserwählten.
Es war schon einige Male vorgekommen, dass Schüler zu Einsätzen angefordert wurden. Bei der südafrikanischen Polizei herrschte chronischer Personalmangel. Ungewöhnlich war jedoch, dass man ihnen über die morgige Arbeit überhaupt keine Einzelheiten mitgeteilt hatte.
Kapitel 3
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Das Waisenhaus
Es gab eine
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