Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
Vom Netzwerk:
jetzt da«, sagte sie. »Die Beamten warten nur noch auf den Polizeiarzt, und dann werden sie Miss Clements wegbringen. Sie beide bleiben am besten hier, bis alles geregelt ist.« Und an Miss Blackett gewandt »Sind Sie mit dem Test fertig?«
    »Ja, Miss Claudia.«
    Mandy reichte ihr den Block. Miss Etienne warf nur einen flüchtigen Blick darauf und sagte: »Gut, gut, Sie haben den Job. Morgen früh um halb zehn können Sie anfangen.«

4
    Zehn Tage nach Sonia Clements’ Selbstmord und genau drei Wochen vor dem ersten der Innocent-House-Morde aß Adam Dalgliesh mit Conrad Ackroyd im Cadaver Club zu Mittag. Ackroyd hatte ihn gebeten und am Telefon jenen verschwörerischen und leicht ominösen Ton angeschlagen, der jede seiner Einladungen begleitete. Selbst eine Dinnerparty, mit der er lediglich ausstehende gesellschaftliche Verpflichtungen einlöste, wurde den wenigen auserkorenen Gästen wie eine Verheißung auf Geheimnisse, Intrigen und Rätsel angekündigt. Der vorgeschlagene Tag kam nicht gerade gelegen, und während Dalgliesh mit einigem Widerstreben seinen Terminkalender umstellte, sagte er sich, daß zu den Nachteilen des Älterwerdens nicht nur die wachsende Abneigung gegen gesellschaftliche Verpflichtungen gehöre, sondern auch die schwindende Kraft und Wendigkeit, ohne die man um manch rettende Ausrede verlegen war. Ihrer beider Freundschaft – er nahm an, dies sei das passende Wort dafür, denn bestimmt waren sie mehr als bloß flüchtige Bekannte – ihre Freundschaft also gründete sich auf den Nutzen, den hin und wieder der eine vom anderen zog. Da diese Tatsache von beiden eingestanden wurde, hielten sie es auch nicht für nötig, sie zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Conrad, eines der berüchtigtsten und zuverlässigsten Klatschmäuler Londons, war Dalgliesh oft nützlich gewesen, vor allem im Fall Berowne. Diesmal wurde eindeutig von ihm erwartet, daß er sich revanchierte, aber Conrads Forderung an ihn würde vermutlich eher lästig als schwer zu erfüllen sein. Überdies war die Küche im Cadaver Club ausgezeichnet, und Ackroyd mochte einem zwar bisweilen albern vorkommen, war aber kaum je langweilig.
    Im nachhinein erschienen ihm all die Greuel, die sich später ereigneten, wie Ausgeburten dieses ganz und gar alltäglichen Lunchs, und er ertappte sich immer wieder bei dem einen Gedanken: Wenn dies ein Roman und ich sein Autor wäre, dann würde die Geschichte genau hier ihren Anfang nehmen.
    Der Cadaver Club genoß im Kreis der Londoner Privatclubs zwar kein allzu hohes Renommee, aber für seine Stammitglieder zählte er zu den funktionstüchtigsten. Das Clubhaus, ein Gebäude aus dem neunzehnten Jahrhundert, gehörte ursprünglich einem wohlhabenden, wenn auch nicht besonders erfolgreichen Rechtsanwalt, der es 1892, ausgestattet mit einer angemessenen Stiftungssumme, einem fünf Jahre zuvor gegründeten Privatclub vermachte, der sich bis dahin regelmäßig im Salon des Anwalts getroffen hatte. Der Cadaver Club war – und ist – ein reiner Herrenclub, und wer Mitglied werden möchte, muß in erster Linie ein berufliches Interesse für Mord nachweisen können. Damals wie heute zählen zu seinen Mitgliedern einige pensionierte Polizeibeamte aus dem höheren Dienst, praktizierende wie im Ruhestand befindliche Rechtsanwälte, fast alle wirklich hervorragenden Kriminologen (berufsmäßige wie Amateure), Gerichtsreporter und ein paar berühmte Kriminalschriftsteller, ausnahmslos männlichen Geschlechts und auch die nur geduldet, denn der Club vertritt die Ansicht, daß die Literatur, sofern es um Mord geht, nicht mit dem wirklichen Leben konkurrieren kann. Vor kurzem nun war der Club Gefahr gelaufen, aus der Kategorie der Exzentriker in jene überzuwechseln, die man als ›in‹ bezeichnet, ein Risiko, das der Vorstand unverzüglich dadurch bekämpft hatte, daß er den nächsten sechs Anwärtern die Mitgliedschaft versagte. Ein Schachzug, der seine Wirkung nicht verfehlte. Denn, wie ein verstimmter Bewerber klagte: Vom Garrick abgelehnt zu werden, ist peinlich, aber eine Ablehnung vom Cadaver ist ganz einfach lachhaft. Der Club aber blieb klein und, nach den eigenen exzentrischen Maßstäben, exklusiv.
    Der Tavistock Square lag im milden Septembersonnenschein, und während Dalgliesh den Platz überquerte, fragte er sich, wie wohl Ackroyd die Aufnahmebedingungen des Clubs erfüllt haben mochte. Doch dann fiel ihm das Buch ein, das sein Gastgeber vor fünf Jahren über drei berühmt-berüchtigte

Weitere Kostenlose Bücher