Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
Vom Netzwerk:
der eingebaute eiserne Kochherd an einer Wand zeugte, dessen Ringe und Ofenklappen jetzt auf Hochglanz poliert waren. An dem rußgeschwärzten Balken über dem Herd hingen stählerne Gerätschaften sowie eine ganze Reihe Kupferpfannen, verbeult, aber funkelnd. Die gegenüberliegende Wand wurde zur Gänze von einer eichenen Anrichte eingenommen, in der man all die Geschenke und Vermächtnisse von Clubmitgliedern ausstellte, die für die Bibliotheksvitrine ungeeignet oder gar unwürdig erschienen.
    Dalgliesh erinnerte sich, daß der Club einem ungeschriebenen Gesetz huldigte, demzufolge keine Stiftung eines Mitglieds, egal wie unpassend oder bizarr, abgelehnt werden durfte. Die Anrichte und mit ihr der ganze Raum waren beredtes Zeugnis dafür, welch eigenartige Blüten Geschmack und persönliche Marotten treiben können. Da stand feines Meißener Porzellan in unziemlicher Nachbarschaft zu schleifengeschmückten viktorianischen Souvenirs mit Ansichten von Brighton und Southend-on-Sea; ein Figurkrug, der aussah wie ein Kirmesmitbringsel, prangte zwischen einem viktorianischen Flachrelief, offenbar original Staffordshire-Keramik, auf dem Wesley als Kanzelprediger dargestellt war, und einer erlesenen Büste des Herzogs von Wellington aus Elfenbeinporzellan. Eine Sammlung Krönungsbecher und frühe Staffordshire-Tassen hing gefährlich unsicher an den dafür bestimmten Haken. Neben der Tür zeigte ein Glasgemälde die Bestattung der Prinzessin Charlotte; der ausgestopfte Elchkopf darüber, an dessen linker Geweihschaufel ein Panamahut baumelte, richtete seinen glasigen Blick traurig und mißbilligend auf den Druck eines blutrünstigen Schlachtengemäldes.
    Die heutige Küche lag offenbar irgendwo ganz in der Nähe; Dalgliesh hörte mitunter leises, angenehmes Klappern und dazwischen hin und wieder das Rumpeln des Speiseaufzugs, der vom Speisesaal im ersten Stock herunterkam. Von den vier Tischen war nur der am Fenster gedeckt, natürlich mit blütenreiner Tischwäsche, und Dalgliesh und Ackroyd nahmen dort Platz.
    Speise- und Weinkarte lagen schon rechts von Ackroyds Platz bereit. Er nahm sie zur Hand und sagte: »Die Plants sind in Rente gegangen, aber dafür haben wir jetzt die Jacksons, und Mrs. Jackson ist womöglich eine noch bessere Köchin. Mit den beiden haben wir wirklich einen Glückstreffer gelandet. Früher hat sie mit ihrem Mann zusammen irgendwo in der Provinz ein privates Pflegeheim geleitet, aber eines Tages waren sie des Landlebens müde und wollten nach London zurück. Eigentlich brauchten sie nicht mehr zu arbeiten, doch ich glaube, der Posten hier ist genau das Richtige für sie. Sie führen die Tradition des Hauses fort und bieten zum Lunch wie zum Dinner täglich nur je ein Hauptgericht an. Sehr vernünftig. Heute gibt’s weiße Bohnen und Thunfischsalat, gefolgt von Lammschulter mit frischen Gemüsen und grünem Salat. Und als Nachtisch Zitronencremetorte und Käse. Die Gemüse sind garantiert irisch. Eier und Gemüse liefert uns nach wie vor der junge Plant von seinem kleinen Bauernhof. Möchten Sie einen Blick in die Weinkarte werfen? Bevorzugen Sie eine bestimmte Sorte?«
    »Da überlasse ich die Auswahl ganz Ihnen.«
    Ackroyd überlegte laut, indes Dalgliesh, der sehr gern Wein trank, aber nicht darüber diskutieren mochte, den Blick wohlgefällig über diesen kunterbunt zusammengewürfelten Raum schweifen ließ, der trotz, oder vielleicht auch gerade wegen seines Flairs von exzentrischem, aber doch planvollem Chaos verblüffend gemütlich war. Die so gar nicht miteinander harmonierenden Trophäen waren nicht effektheischend ausgestellt, und mit der Zeit hatte man sich so an sie gewöhnt, daß sie nicht einmal mehr deplaziert wirkten. Nach einer ausgiebigen Würdigung der Weinkarte und ihrer vorzüglichen Angebote, einem Diskurs, bei dem Ackroyd anscheinend gar nicht mit der Beteiligung seines Gastes rechnete, entschied er sich für einen Chardonnay. Mrs. Jackson erschien wie auf ein heimliches Stichwort hin, begleitet vom Duft warmer Brötchen und umweht von selbstsicherer Geschäftigkeit.
    »Ah, Commander, sehr erfreut. Heute mittag haben Sie das Nebenzimmer ganz für sich allein, Mr. Ackroyd. Um den Wein kümmert sich Mr. Jackson gleich.«
    Als der erste Gang aufgetragen war, fragte Dalgliesh: »Warum trägt Mrs. Jackson denn Schwesterntracht?«
    »Weil sie von Beruf Krankenpflegerin ist, nehme ich an. Sie war sogar Oberschwester und ich glaube, auch Hebamme, aber dafür besteht natürlich bei

Weitere Kostenlose Bücher