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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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das Gefühl, daß sie, im Falle eines Falles, mit ihm fertig werden würde. Alle weiteren Vertraulichkeiten wurden unterbunden, weil Blackie viel früher zurückkam, als Mandy erwartet hatte. Mrs. Demery verkrümelte sich, und Blackie setzte sich wortlos wieder an ihren PC.
    Die nächste Stunde arbeiteten sie in bedrückendem Schweigen, das nur hin und wieder durch eine Anweisung Blackies unterbrochen wurde. Mandy wurde in den Kopierraum geschickt, um drei Kopien von einem kürzlich eingegangenen Manuskript zu machen, dem sie, nach den ersten drei Absätzen zu urteilen, wenig Chancen gab, je gedruckt zu werden. Sie bekam einen Stapel ausgesprochen langweiliger Texte zum Abtippen und mußte anschließend alle Unterlagen, die älter als zwei Jahre waren, aus der sogenannten Grabbel-Schublade aussortieren. Diese praktische Einrichtung wurde vom ganzen Lektorat als Depot für Dokumente benutzt, für die niemand die richtige Ablage wußte, die man sich aber trotzdem nicht wegzuwerfen traute. Von dem, was hier lagerte, war kaum etwas unter zwölf Jahre alt, und die Grabbel-Schublade ausmisten zu müssen galt fast als Strafarbeit. Mandy fand es sehr ungerecht, daß sie für Blackies plötzliche Anwandlung von Vertraulichkeit büßen mußte.
    Die Gesellschafterkonferenz endete früher als sonst, und es war erst halb zwölf, als Gerard Etienne, gefolgt von seiner Schwester und Gabriel Dauntsey, raschen Schrittes durchs Sekretariat in sein Büro ging. Claudia Etienne war zurückgeblieben und wechselte noch ein paar Worte mit Blackie, als die Innentür aufflog und Gerard wieder herausgestürzt kam. Mandy sah, daß er nur mit Mühe die Beherrschung wahrte. »Haben Sie meinen Privatkalender an sich genommen?« fragte er Blackie.
    »Aber natürlich nicht, Mr. Gerard. Ist er denn nicht in Ihrer rechten Schreibtischschublade?«
    »Wenn er da wäre, würde ich ihn ja wohl kaum suchen.«
    »Ich habe ihn Montag nachmittag aktualisiert und gleich wieder in die Schublade gelegt. Seitdem hab’ ich ihn nicht mehr gesehen.«
    »Gestern morgen war er noch da. Wenn Sie ihn nicht genommen haben, dann finden Sie gefälligst raus, wer ihn hat, und zwar schleunigst. Sie sind doch hoffentlich mit mir der Meinung, daß es zu Ihren Aufgaben gehört, sich um meinen Terminkalender zu kümmern. Und falls Sie den nicht finden können, wäre ich dankbar, wenn ich wenigstens den Stift wiederbekäme. Er ist aus Gold, und ich hänge sehr daran.«
    Blackie war puterrot im Gesicht. Claudia Etienne verfolgte den Auftritt mit süffisantem Lächeln und belustigt hochgezogenen Brauen. Mandy, die spürte, daß es jeden Moment krachen würde, studierte die Kürzel auf ihrem Stenogrammblock, als hätten sie sich plötzlich in Hieroglyphen verwandelt.
    Blackies Stimme war kurz davor, umzukippen. »Bezichtigen Sie mich des Diebstahls, Mr. Gerard? Ich arbeite in diesem Verlag schon seit siebenundzwanzig Jahren, aber…« Hier versagte ihr die Stimme.
    Er versetzte ungehalten: »Nun seien Sie doch nicht töricht. Niemand bezichtigt Sie wegen irgendwas.« Sein Blick fiel auf die Schlange, die zusammengerollt über dem Griff des Aktenschranks hing. »Und schaffen Sie um Gottes willen diese Scheißschlange hier raus. Am besten ab in die Themse damit. Dieses blöde Ding macht das Büro ja zum reinsten Kindergarten.«
    Damit ging er zurück in sein Zimmer, und seine Schwester folgte ihm. Wortlos nahm Blackie die Schlange und schloß sie in ihrer Schreibtischschublade ein.
    »Was gibt’s da zu gucken?« fuhr sie Mandy an. »Wenn Sie nichts mehr zu schreiben haben, kann ich Ihnen leicht Nachschub besorgen. Aber vorher machen Sie mir erst mal einen Kaffee.«
    Mandy, versehen mit solch erstklassigem Stoff für neuen Klatsch, an dem Mrs. Demery gewiß ihre helle Freude haben würde, ließ sich das nicht zweimal sagen.

14
    Declan sollte sie um halb sieben zu der Bootspartie abholen, und es war schon Viertel nach sechs, als Claudia zu ihrem Bruder ins Büro ging. Sie waren als letzte noch im Haus. Gerard arbeitete donnerstags immer länger, aber die meisten Angestellten gingen an diesem Abend gern früh und nutzten die verlängerte Ladenschlußzeit zum Einkaufen. Er saß im Lichtkegel seiner Lampe am Schreibtisch, erhob sich aber bei Claudias Eintreten sofort. Sein Benehmen ihr gegenüber war stets förmlich, stets untadelig, allerdings fragte sie sich oft, ob dies wohl nur ein kleiner Trick von ihm sei, um etwaige Vertraulichkeiten abzuwehren.
    Sie nahm ihm gegenüber Platz und

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