Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut
Geschäftsplan habe ich euch schon vorigen Monat gegeben.«
»Aber den hat kein Mensch verstanden. Wir vertagen uns auf heute in einer Woche. Und es wäre hilfreich, wenn du die Unterlagen schon einen Tag früher verteilen könntest. Ach ja, wir brauchen natürlich alternative Vorstellungen, also einen Geschäftsplan für den Fall, daß Innocent House verkauft wird, und einen zweiten, der davon ausgeht, daß wir es behalten.«
»Den zweiten kann ich dir aus dem Stand geben«, sagte Etienne. »Entweder wir schließen mit Skolling ab, oder wir machen bankrott. Und Skolling ist nicht gerade ein geduldiger Mensch.«
»Dann halte ihn erst mal mit einem Versprechen hin«, schlug Claudia vor. »Sag ihm, falls wir uns zum Verkauf entschließen, dann hat er das Vorkaufsrecht.«
Etienne lächelte. »Nein, nein, das könnte ich ihm wohl nicht versprechen. Wenn sein Interesse erst mal publik wird, könnten die Gebote um weitere 50.000 Pfund steigen. Ich halte das zwar nicht unbedingt für wahrscheinlich, aber man weiß ja nie. Wie man hört, sucht das Greyfriars Museum nach einem würdigen Domizil für seine Sammlung von See- und Schiffahrtsbildern.«
»Wir werden Innocent House weder an Hector Skolling noch an irgend jemand sonst verkaufen«, sagte Frances Peverell. »Wenn dieses Haus verkauft wird, dann nur über meine Leiche – oder deine.«
13
Im Sekretariat blickte Mandy auf, als Blackie mit hochrotem Kopf eintrat, stocksteif zu ihrem Schreibtisch stakste, sich an den Computer setzte und zu schreiben begann. Binnen kurzem siegte in Mandy die Neugier über alle Vorsicht, und sie fragte: »Was ist los? Ich dachte, Sie führen bei der Gesellschaftersitzung immer das Protokoll?«
Blackies Stimme klang schroff, als sie antwortete: »Jetzt anscheinend nicht mehr.«
Aha, haben sie die arme alte Kuh also rausgeschmissen, dachte Mandy und sagte laut: »Und wozu die Heimlichtuerei? Was machen die denn da oben?«
»Was sie machen?« Blackies Finger hörten auf, ruhelos über die Tastatur zu flattern. »Sie sind dabei, den Verlag zu ruinieren, jawohl. Sie machen alles zunichte, wofür Mr. Peverell über dreißig Jahre lang gearbeitet, sich engagiert und eingesetzt hat. Sie wollen Innocent House verkaufen. Mr. Peverell hat dieses Haus geliebt Es ist seit über hundertsechzig Jahren im Familienbesitz. Innocent House ist Peverell Press. Wenn eins dran glauben muß, sind beide dahin. Schon seit Mr. Etienne in den Ruhestand ging, hat Mr. Gerard das Haus abstoßen wollen, und jetzt, wo er der Chef ist, kann ihn keiner mehr aufhalten. Den anderen ist es ja auch egal. Miss Frances wird es zwar nicht gefallen, aber sie ist in ihn verliebt, und außerdem, wer hört schon auf Miss Frances. Miss Claudia ist seine Schwester, und Mr. de Witt ist ihm nicht gewachsen. Keiner kann sich gegen ihn behaupten, außer vielleicht Mr. Dauntsey, aber der ist inzwischen zu alt, ihn kümmert das alles nicht mehr. Nein, keiner von ihnen kann Mr. Gerard die Stirn bieten, aber er weiß, wie ich darüber denke. Darum wollte er mich nicht dabeihaben. Er weiß, daß ich dagegen bin und daß ich ihm Einhalt gebieten würde, wenn ich nur könnte.«
Mandy sah, daß Blackie den Tränen nahe war, doch es waren Zornestränen. Der Anblick machte sie verlegen, und hin und her gerissen von dem Wunsch zu trösten und der beklemmenden Gewißheit, daß Blackie diese ungewohnte Vertraulichkeit später bereuen würde, sagte sie: »Er kann schon ein echtes Arschloch sein. Ich sehe ja, wie er Sie manchmal behandelt. Warum schmeißen Sie ihm den Kram nicht vor die Füße und versuchen’s mal mit Zeitarbeit? Verlangen Sie einfach Ihre Papiere und sagen Sie ihm, wo er sich seinen Job hinstecken kann.«
Blackie, die sich immer noch nicht in der Gewalt hatte, versuchte trotzdem tapfer, ihre Würde wiederzuerlangen. »Jetzt seien Sie aber nicht albern, Mandy. Ich habe keineswegs die Absicht zu kündigen. Ich bin Privatsekretärin und keine Aushilfstippse. So was war ich nie und werde es auch nie sein.«
»Ach, es gibt Schlimmeres als Zeitarbeit. Aber wenn nicht, dann nicht. Wie wär’s denn mit einer Tasse Kaffee? Ich könnte gleich frischen brühen – warum bis zur Pause warten? –, und bestimmt haben wir noch ein paar Schokoladenkekse.«
»Gut, meinetwegen, aber vertratschen Sie sich nicht mit Mrs. Demery. Ich hab’ nämlich noch was für Sie zum Abtippen, wenn Sie mit den Briefen da fertig sind. Ach, und Mandy, was ich Ihnen eben erzählt habe, ist streng
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