Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
Vom Netzwerk:
ich kann Ihnen sagen, was er wirklich von Ihnen gehalten hat. Woher ich das weiß? Weil er’s mir gesteckt hat, jawohl! Er war es satt bis obenhin, daß Sie immer hinter ihm herrannten und ihn anhimmelten wie ein mondsüchtiges Kalb. Ihre Unterwürfigkeit hat ihn angewidert. Er wollte Sie loswerden, bloß hatte er nicht den Mumm, Sie rauszuschmeißen. War eben immer zu weich, das arme Schwein. Hätte er ein bißchen mehr Schneid gehabt, dann würde Gerard Etienne sich jetzt hier nicht so breitmachen. So, und jetzt sagen Sie diesem Grünschnabel, daß ich ihn sprechen will, und er soll sich gefälligst nach meinem Terminkalender richten!«
    Blackies Lippen waren so blutleer und verkrampft, daß Mandy kaum glauben konnte, daß sie sich dennoch bewegten. »Es ist nicht wahr. Sie lügen. Das kann nicht wahr sein.«
    Und jetzt bekam Mandy es mit der Angst. An Bürostreitigkeiten war sie gewöhnt. In über drei Jahren als Aushilfe hatte sie etliche handfeste Temperamentsausbrüche miterlebt, sich aber selbst immer unbehelligt wie ein stabiles kleines Boot zwischen den Wrackteilen auf stürmischer See durchgemogelt. Ja, Mandy machte so ein richtiger Bürokrach eigentlich fast Spaß. Es gab kein besseres Mittel gegen Langeweile. Aber diesmal lag der Fall anders. Hier, so erkannte sie, ging es um aufrichtiges Leid, um echten, tiefen Schmerz und um eine ausgemachte Gemeinheit, geboren aus furchterregendem Haß. Dieser Gram ließ sich nicht mit frischem Kaffee lindern und mit ein paar Keksen aus der Dose, die Mrs. Demery eigentlich für die Gesellschafter reserviert hatte. Einen entsetzlichen Augenblick lang dachte Mandy, Blackie würde gleich den Kopf zurückwerfen und ihre Qual herausschreien. Gern hätte sie ihr tröstend die Hand hingestreckt, doch sie spürte instinktiv, daß sie hier keinen Trost spenden konnte, ja daß ihr schon der Versuch später angekreidet werden würde.
    Die Tür knallte zu. Mrs. Carling war hinausgerauscht.
    Blackie wiederholte tonlos: »Es ist gelogen. Alles gelogen. Sie hat keine Ahnung, wie es wirklich war.«
    »Aber natürlich nicht«, bekräftigte Mandy. »Klar lügt sie, das merkt doch jeder. Sie ist eine eifersüchtige Ziege, weiter nichts. Ich würde mir gar nichts draus machen, wenn ich Sie wäre.«
    »Ich geh’ nur mal rasch zur Toilette.«
    Blackie mußte sich offenbar übergeben. Wieder überlegte Mandy, ob sie ihr beistehen und mitgehen solle, entschied sich aber dagegen. Steif wie ein Automat wankte Blackie hinaus und wäre fast mit Mrs. Demery zusammengestoßen, die eben mit ein paar Päckchen herein wollte.
    »Die sind mit der zweiten Post gekommen«, sagte Mrs. Demery. »Und da dachte ich, ich bring’ sie gleich selber vorbei. Was ist denn mit ihr los?«
    »Ach, sie hat sich geärgert. Erst wollten die da oben sie nicht bei der Konferenz dabeihaben, und dann ist Mrs. Carling hier reingeplatzt und wollte unbedingt Mr. Gerard sprechen, aber Blackie hat sie aufgehalten.«
    Mrs. Demery lehnte sich mit verschränkten Armen gegen Blackies Schreibtisch. »Sie wird wohl heute morgen den Brief gekriegt haben, in dem steht, daß die da oben ihren neuen Roman nicht wollen.«
    »Mrs. Demery, wo um alles in der Welt haben Sie das denn wieder her?«
    »Ach, hier passiert kaum was, wo ich nicht die Nase drankrieg. Aber das gibt noch Stunk, darauf kannste dich verlassen.«
    »Wenn das Buch nichts geworden ist, warum überarbeitet sie’s dann nicht noch mal oder schreibt gleich ein neues?«
    »Weil sie sich das nicht zutraut, darum. Das ist nun mal so bei den Autoren, wenn die ’ne Abfuhr kriegen. Schreibhemmung, Talentverlust, davor fürchten sie sich doch immerzu, wie der Teufel vorm Weihwasser. Darum ist es ja auch so unheimlich schwer, mit ihnen auszukommen. Sind verflucht heikel, diese Schriftsteller. Man muß ihnen andauernd vorschwärmen, wie wunderbar sie sind, oder sie drehen durch. Ich hab’ das schon mehr als einmal miterlebt. Ja, was der alte Mr. Peverell war, der wußte sie zu nehmen. Er hatte ein Händchen für die Autoren, der alte Mr. Peverell. Mr. Gerard tut sich da schwer. Ist eben ein anderer Typ. Er kapiert nicht, warum die sich nicht einfach auf ihr Geschreibsel konzentrieren und aufhören, ihm die Ohren vollzujammern.«
    Das war freilich eine Haltung, für die Mandy sehr viel Verständnis aufbrachte. Sie mochte zu Blackie sagen – und es auch selber glauben –, daß Mr. Gerard ein Arschloch sei, aber es fiel ihr trotzdem schwer, ihn nicht zu mögen. Ja, sie hatte sogar

Weitere Kostenlose Bücher