Adam - Die letzte Chance der Menschheit: Band 1 (German Edition)
umherhuschte, oder vom Rost zerfressenes Metall, das irgendwo nachgab.
Aber jener Schatten, der sich jetzt langsam über die Motorhaube schob und dort innehielt, machte ihr klar, dass sie in tödlicher Gefahr war.
Shén Zilúng machte einen Schritt nach links, umklammerte ihre einzige Waffe – einen rostigen Schraubenzieher – und versuchte, mehr Distanz zwischen sich und das Ding auf dem Lastwagen zu bringen.
»Ich habe keine Angst«, sagte sie zu sich selbst. »Keine Angst.« Aber das Zittern ihres Körpers und das Beben ihrer Stimme bewiesen das Gegenteil.
Das marode Blech des Lasters beulte sich unter dem Gewicht des Wesens. Tränen stiegen Shén Zilúng in die Augen.
Das Ding war lebendig, und das fahle Mondlicht offenbarte unwirkliche Umrisse.
Kein Tier!, schoss es Shén durch den Kopf. Nichts von dieser Welt!
»John … bitte, John … hilf mir«, flüsterte sie.
Einer der violetten Punkte, die sie zuvor beobachtet hatte, huschte nur wenige Meter von ihr entfernt über den Boden.
Dann spürte sie, dass etwas hinter ihr war. Ohne sich umzudrehen, wusste sie, dass ihr der Rückzug ins Gebäude versperrt war.
Der Angreifer war nicht allein.
Sie schloss die Augen und wünschte, sie könnte einfach den wilden Schlag ihres Herzens stoppen. So würde sie wenigstens einem schmerzvollen Tod entgehen.
Die Kreaturen kamen näher. Das konnte sie deutlich hören. Es gab keinen Ausweg.
»Ganz ruhig«, hauchte eine Stimme.
Shén zuckte zusammen. Vor ihr kroch das Wesen von der Motorhaube auf die Straße. Es war groß. Beängstigend groß.
»Wenn ich es dir sage, gehst du, ohne dich umzusehen, auf die Mitte der Straße. Dort wartest du auf mich«, wisperte die Stimme. »Hast du mich verstanden?«
»Ich … kann mich nicht bewegen.« Shén war vor Angst wie gelähmt.
»Doch! Kannst du!« Eine Hand legte sich auf ihre Schulter, und augenblicklich wurde sie von Wärme erfüllt. »Geh jetzt!«
Shén machte ein paar zaghafte Schritte. Grelles Weiß vertrieb die Dunkelheit. Die Chinesin sah ihren tanzenden Schatten auf der Straße und konnte nicht widerstehen: Sie wandte sich um. Die furchtbaren Wesen waren noch da. Sie duckten sich in das Dunkel jenseits des Lichts, das aus einer Funken sprühenden Magnesiumfackel drang. Eine Frau in einem dunklen Gewand hielt die Fackel in die Höhe. Ihr Gesicht zeigte Anspannung und äußerste Konzentration.
Das Licht wurde schwächer.
»Lauf!«, rief ihr die Fremde zu. »Lauf!«
Shén Zilúng lief wie nie zuvor in ihrem Leben.
***
Der Polizist Nkala hatte Sergeant Lakota und den Polizeischülern dringend geraten, in der Dunkelheit auf keinen Fall das Polizeirevier zu verlassen. Mit den stabilen Wänden und den vergitterten Fenstern bot es Schutz vor allem, was die Straßen von Harare unsicher machte.
Nachdem sich die meisten seiner Kollegen längst davongemacht hatten, gab es genügend Schlafplätze. Adam und Delani wurden in einem Büro im ersten Stock einquartiert. Sie bekamen zwei Wolldecken und versuchten, es sich auf dem Boden halbwegs bequem zu machen. Eine Öllampe verbreitete schwaches Licht.
Adam sah sich um. Bis auf ein Regal mit Aktenordnern und einem Schreibtisch war der Raum leer. Der Rahmen mit dem Porträt des Präsidenten von Simbabwe hing schief an einer Wand. Das Glas über dem Foto war gesprungen.
Delani kaute an einem Kanten Brot. Mehr hatte es zum Abendessen nicht gegeben. Außer den letzten Zuckernüssen von Delanis Großmutter, die sie sich geteilt hatten. Jetzt fand sogar Adam, dass sie köstlich schmeckten.
»Wir sollten den Schreibtisch vor die Tür schieben«, schlug Delani vor. »Ich traue den Leuten hier nicht. Auch nicht diesem Nkala.«
Mit vereinten Kräften schafften sie es, den Eingang zu verbarrikadieren. Delani hockte sich schnaufend auf den Schreibtisch. »Vielleicht ist es nur eine bisher unbekannte Spinnenart«, sagte er plötzlich.
»Keine Ahnung«, erwiderte Adam. Auch er musste immer wieder an dieses eigenartig glühende Wesen denken. Und vor allem an den grässlichen Laut, den es ausgestoßen hatte.
»Es gibt doch Insekten, die ihr eigenes Licht erzeugen können«, fuhr Delani fort.
Adam hatte das Gefühl, dass sich sein Freund einfach nur selbst beruhigen wollte. Er überlegte, ob es nicht trotz Quintons Verbot an der Zeit war, Delani von dem Ding in der Unterwelt von Gugulethu zu erzählen. Noch während er mit sich rang, dröhnte in der Ferne eine Explosion.
Adam eilte zum Fenster, schob die Sichtblende zur Seite und
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