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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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mich in das Kinderbett, das noch immer in meinem ehemaligen Zimmer stand.
    Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Adams letzter Wunsch ist nicht in Erfüllung gegangen. Sein Buch hat das Mädchen, das er geliebt hat, niemals erreicht.
    Mir, dem Erben, ist es vorbehalten, das letzte Kapitel zu schreiben.
    Udo konnte es nicht glauben, dass ich aussteigen wollte.
    »Warum, Ed? Die Leute lieben diese Dinger. Überleg es dir doch noch mal.«
    Aber ich hatte mich entschieden. Die toten Schafe ergaben einfach keinen Sinn mehr.
    Mama und ich einigten uns darauf, Lara Cohens Wohnung vorerst unterzuvermieten. Wir brachten es nicht übers Herz, sie zu verkaufen. Zu vielen Cohens war sie einmal ein Zuhause gewesen. Das Vermögen meiner Großmutter teilten wir unter uns auf, es war nicht viel. Ich beschloss, das Geld in einen Privatdetektiv zu investieren. Ich hoffte, dass Anna den Krieg überlebt hatte und dass sie auch heute noch lebte. Sie müsste jetzt fast neunzig sein.
    Nachdem ich der Detektei alles, was ich aus Adams Buch über Anna wusste, mitgeteilt hatte, legte ich mich in mein Bett und wartete. Meiner Mutter würde ich erst später von ihrem Onkel, von meinem Großonkel, erzählen.
    Adams Buch musste zu einer Zeit hier eingetroffen sein, als meine Großeltern noch in England waren. Es war also ein Fremder, der damals das Päckchen entgegengenommen hatte.
    Vielleicht war es nur eine Laune, die diesen Menschen dazu bewogen hatte, es aufzubewahren und nicht einfach wegzuschmeißen. Ich werde es nie erfahren.
    Aber warum hatte Moses in all den Jahren Adams Geschichte nicht gefunden? Vielleicht hatte er nicht gesucht? Und hätte das Wissen, dass sein Bruder kein Dieb war, ihn erlösen können?
    Ich glaube nicht. Es war nicht Adam, der meinen Großvater zu Boden gezwungen hatte.
    Ich wartete. Dreiundzwanzig Tage.
    Sie war in New York. Sie lebte.
    Ich bin hingeflogen. Anna wohnte in einem Seniorenheim auf Staten Island. Die Wände ihres Zimmers waren hellgelb, ebenso wie die Möbel. Sie trug ein dunkelblaues Kleid und eine silberne Kette. Anna hatte die traurigsten Augen, die ich jemals gesehen habe.
    Es war ein eigenartiger Moment, als wir uns gegenüberstanden. Keiner der Sätze, die ich mir zurechtgelegt hatte, wollte heraus. Und während ich noch nach Worten rang, erkannte sie mein Gesicht, das einmal einem anderen gehört hatte. Und doch konnte sie nicht verstehen, was sie da sah.
    »Ich bin Edward Moss-Cohen. Adam Cohen war mein Großonkel«, sagte ich schließlich.
    Sie sank auf einen der gelben Korbstühle. »Adam Cohen«, flüsterte sie, »Adam.«
    Hinter der schwimmenden Traurigkeit erblickte ich eine ganze Welt.
    Ich holte das Buch aus meiner Tasche. »Er hat Ihnen etwas hinterlassen.«
    Sie weinte, als sie Adams Buch in den Händen hielt, und ihre Tränen machten mich verlegen.
    »Würden Sie es mir vorlesen?«, fragte sie.
    Und das tat ich.
    Draußen war es bereits dunkel, als die letzten Töne einer nicht ganz vergangenen Geschichte in diesem hellgelben Zimmer verhallten.
    Nun begann Anna zu erzählen.
    Nachdem man sie in Berlin verhaftet hatte, wurde sie nach Polen ausgewiesen.
    »Adam hat Ihnen an diesem Tag gesagt, dass Sie zu Hause bleiben sollen. Haben Sie gedacht, dass er…«
    »Dass er etwas mit meiner Verhaftung zu tun hatte?«
    »Ja.«
    »O nein. Nicht eine Sekunde lang. Wir haben ja mitbekommen, was draußen los war.«
    In Polen ging ihre Odyssee weiter. Verhaftung, Flucht, Entdeckung, Flucht. Fast hätte Adam sie schon in Krakau gefunden. Bussler hatte richtig gelegen: Das Haus in der Nähe des Hutmachers… Als Anna an jenem Abend nach Hause kam, erzählte ihr Leon – so hieß der Mann, der Adam damals die Türe geöffnet hatte –, dass die Deutschen nach ihr suchen würden.
    »Er hat gesagt, dass sich ein Kerl, der wie eine Karikatur von Hitler aussah, nach mir erkundigt habe. Und unser Nachbar hatte diesen schnurrbärtigen Menschen dann mit einem SS-Mann im Treppenhaus gesehen.«
    Noch in derselben Nacht verließ Anna Leons Wohnung. In Krakau fühlte sie sich nicht mehr sicher.
    »Und das Band? Die drei himmelblauen Fäden? Waren das…«
    Sie nickte. »Bei meiner Verhaftung in Berlin haben sie mir fünf Minuten Zeit gegeben, um ein paar Sachen einzupacken. Ich habe meine Träume mitgenommen, aber die Rosen haben die Reise nach Polen nicht überstanden. Nur das Band ist übriggeblieben.«
    »Und wie ist es in der Besenkammer gelandet?«
    »Dort habe ich oft gesessen, wenn ich alleine in Leons

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