Adams Erbe (German Edition)
fallen, wischte sich die Hände ab und sagte: »Du weißt, warum, Artur Marder.«
Er lächelte und schüttelte den Kopf.
»Da muss ich von Hedwig Krutner erfahren, dass du die Einladung von Untersturmführer Möller abgelehnt hast.«
»Habe ich das?«
Gudrun schnaubte vor Wut und trat mit einem dicken Beinchen gegen Arturs Magen. Lautstark verfluchte sie den Tag, an dem sie ihn geheiratet hatte.
»Ich warne dich, Artur Marder, bring das in Ordnung, sonst kannst du die Hölle erleben. Die Hölle.«
In einem Blumenbeet zusammengeschlagen zu werden war also noch nicht die Hölle. Gudrun verabschiedete sich mit einem »Heil Hitler« und stapfte davon. Ich hatte das Gefühl, dass der Boden unter ihren Schritten bebte. Erst als ich mir sicher war, dass sie nicht zurückkommen würde, setzte ich mich zu Marder und wischte mit meinem Taschentuch das Blut von seinem Arm.
»Es ist nicht schlimm, gar nicht schlimm… Wie… wie hieß der Mann, dessen Einladung ich ausgeschlagen habe?«
»Untersturmführer Möller.«
Artur rappelte sich hoch. Mit wackeligen Schritten, den Namen immer wieder vor sich hin murmelnd, lief er zum Tor. Ich blieb dicht hinter ihm, weil ich fürchtete, dass er einfach umfallen könnte.
»Was haben Sie vor, Herr Marder?«
»Ich muss Herrn Möller aufsuchen, nicht wahr? Gudrun ist eine sehr anspruchsvolle Dame, ja… Sehr anspruchsvoll.«
Am nächsten Tag hockte Marder mit einem blauen, geschwollenen Auge zwischen den Alba-Rosen. Ganz leise sang er ein Lied für seine geliebten Blumen. Erst als ich mich neben ihn kniete, verstummte er.
»Dann haben Sie Möller also nicht gefunden?«
Artur lächelte. »Manchmal, Adam, glaube ich, dass ich an ihr zugrunde gehen werde. Aber darf ich ihr die Schuld geben? Schließlich habe ich nach ihr gesucht, nicht wahr?«
»Wie meinen Sie das?«
»Wir suchen nach den Menschen, die uns begegnen, nicht wahr?« Gedankenverloren befreite er eine Rose von ein paar welken Blütenblättern.
Der Herbst kam, und während meine namenlose Brut Hunderte von Hagebutten hervortrieb, fiel die Ernte von ›Gudruns Erwachen‹ bescheiden aus. Wir pflückten die Hagebutten, entfernten das Fruchtfleisch, stopften die Samen in mit Kompost gefüllte Beutel und lagerten sie in großen Truhen ein.
»Im Frühling wissen wir mehr«, sagte Marder.
»Ich dachte, wir wüssten jetzt schon mehr?«
»Adam, man braucht Geduld. Man muss ihnen Zeit geben zu werden, den Rosen und allen anderen Dingen auf der Welt. Nicht wahr?«
Es wurde Frühling. Wir füllten die Samen in Töpfe, bedeckten sie mit Erde und Sand und stellten sie in die kühlen Gewächshäuser.
»Und jetzt warten wir, bis die ersten Keimblätter kommen.«
»Und wann ist das?«
»Oh, das weiß man nicht so genau. Vielleicht in zwei Monaten, vielleicht in drei, vielleicht später.«
Herr Guldner aus der Schweiz kam die Wendeltreppe herunter, und ich rannte hoch. Stolz zeigte ich meiner Großmutter Reinhard Heydrich, den Chef der Sicherheitspolizei, aber Edda sah weder mich noch Reinhard an.
»Adam, ruf Bussler an, er soll sofort hierherkommen.«
Ich erreichte den Sturmbannführer zu Hause und meldete mich mit »Marders Rosenzucht, Adam am Apparat, bitte kommen Sie, es ist wichtig«. So wollte es der Maestro, denn er fürchtete, dass man seinen Apparat abhörte. Seit einiger Zeit durften wir ihn nur noch im Notfall anrufen.
Edda sagte kein Wort, bis Bussler anrückte.
»Setzen Sie sich.« Ihre Stimme klang ungewohnt kalt. Der Sturmbannführer zuckte zusammen und gehorchte.
»Bussler, glauben Sie auch, dass es besser wäre, wenn ich diese Wohnung verkaufen würde?«
»Wovon… wovon reden Sie?«
Edda lief auf und ab und wartete einen Moment, ehe sie weitersprach. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass man mir vielleicht eines Tages aufgrund meiner Rassenzugehörigkeit, um in Ihrem Vereinsjargon zu bleiben, diese Wohnung wegnehmen könnte.«
Der Sturmbannführer bäumte sich auf. »Davon weiß ich nichts, Frau Klingmann, wirklich nicht.«
»Können Sie mir das schwören?«
»Ja.«
»Und können Sie mir auch schwören, dass es nicht geschehen wird, dass Ihr August nichts dergleichen vorhat?«
Bussler zögerte.
»Können Sie mir das schwören?«, wiederholte sie leise.
»Ich kann… ich kann nicht für andere meine Hand ins Feuer legen.«
Edda lächelte, sie holte zwei Gläser und eine Flasche Asbach.
»Und werden Sie mich warnen, Herr Sturmbannführer, wenn es einmal so weit ist?«
»Natürlich.«
Sie schob
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