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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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wenig zu gleichgültig, als dass sein Versprechen mir Erleichterung verschafft hätte. Edda, die Seherin, verstand meine unausgesprochene Sorge.
    »Bussler, das ist eine ernste Angelegenheit.« Sie haute mit der Faust auf den Tisch. Und während ich vor Schreck mein Glas fallen ließ, zuckte unser Sturmbannführer nicht einmal zusammen.
    »Das Sudetenland scheint Ihnen überhaupt nicht bekommen zu sein, Bussler. Was ist los mit Ihnen?«
    »Verzeihen Sie mir«, sagte der Maestro und ergriff mit seinen traurigen Schwänzchen die Hand meiner Großmutter.
    »Was soll ich Ihnen verzeihen?«
    Er sagte nichts, schüttelte nur den Kopf, als ob da etwas festsäße, das er dringend loswerden wollte.
    »Ich werde sie finden, Adam. Ich werde sie finden.«
    Noch immer hielten seine leblosen schwarzen Fingerchen Edda fest. Mit ihrer freien Hand nahm Edda das Glas des Sturmbannführers und führte es an seinen Mund.
    »Trinken Sie, Bussler. Es wird schon alles werden.«
    Ehe ich erfuhr, wo Anna war, zettelte August einen Krieg an. Meine Mutter nahm die Nachricht mit einem Schulterzucken auf. Lara Cohen dagegen trieb mit aller Kraft das Englandprojekt voran. Wie gesagt, es war schwer, sie zu mögen, aber man musste sie einfach für ihre Willenskraft und ihre unerschöpfliche Energie bewundern. Da Augusts Reich sich jetzt mit England im Krieg befand, war es eigentlich unmöglich, dorthin zu gelangen. Doch Lara plante generalstabsmäßig eine Reise, die die Cohens und Frau Klingmann auf verschlungenen Wegen nach London bringen sollte. Sollte,denn zumindest ich würde Berlin ohne Anna nicht verlassen.
    Edda Klingmann regte sich mindestens so sehr über die Ausgangssperre auf, die der Führer über alle Saras und Israels dieses Landes verhängt hatte, wie über den Kriegsausbruch selbst.
    »Ich bin eine erwachsene Frau, und jetzt darf ich abends nicht mehr auf die Straße? Er säuft, Adam. Er säuft. So was hätte sich der Itzige auch ausdenken können.«
    Dann mussten wir unsere Radioapparate abgeben. Wir hatten zwei, und einen behielten wir einfach.
    Bussler teilte uns in einem Brief mit, dass er bald nach Polen versetzt werde, dass er, was Anna angehe, eine heiße Spur habe, und dass er uns vor seiner Abreise noch einen Besuch abstatten werde.
    Im Oktober kam unser Sturmbannführer.
    »Man hat Anna nach Polen abgeschoben, schon im Januar. Wahrscheinlich ist sie in Krakau.«
    »Ich fahre hin.«
    »Adam, es ist Krieg, und du bist Jude. Du kannst nicht nach Polen fahren. Man würde dich…« Dieses eigenartige Kratzen seiner Stimme war nicht Wut oder Zorn, sondern Angst.
    »Ich…«
    »Bussler hat recht«, sagte Edda. Sie betrachtete mein Gesicht. Und erkannte, dass kein Krieg und auch nicht das »J« in meinem Ausweis mich aufhalten würden.
    »Tot nützt du ihr nichts, Adam. Lass mich mit Bussler einen Moment alleine.«
    Ich gehorchte ohne Widerspruch, denn ich vertraute Edda Klingmann mehr als jedem anderen Menschen.
    Oft hatte ich ihr von den allzu wenigen Stunden, die Anna und ich miteinander verbracht hatten, erzählt. Manchmal befürchtete ich, dass ich sie mit meinen sich ständig wiederholenden Geschichten langweilen könnte. Ich sprach diesen Gedanken aus. Und was antwortete mir Frau Klingmann?
    »Adam, wie könnte mich das langweilen? Das sind die Momente, die zählen. Davon hat man immer nur eine Handvoll.«
    Ich setzte mich auf die unterste Stufe der Wendeltreppe. Aus dem Zimmer eines toten Soldaten und eines toten Arztes drang das Schluchzen meiner Mutter. Und einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, zu ihr zu gehen, aber bevor ich mich dazu entschließen konnte, hockte sich Moses neben mich.
    »Wenn wir in England sind, wird es besser werden«, sagte er und legte seinen Arm um meine Schultern.
    Mein frommer Bruder, der nicht wusste, dass mein England Polen heißen sollte. Der nichts von meiner Liebe wusste und nichts von Annas Verschwinden.
    »Kannst du dich noch an Anna erinnern?«, fragte ich ihn.
    »An wen?«
    »Ach, egal…«
    Moses Cohen beherrschte die Kunst des Sehens nicht, denn sonst hätte er mir ansehen müssen, dass mein Herz nicht an dieser Stadt hing, sondern an etwas anderem. An dir, Anna.
    »Eines Tages, Adam, werden wir nach Berlin zurückkommen, das verspreche ich dir.«
    Bussler stapfte die Treppe herunter, er war ein bisschen blasser als vorher.
    »Ich werde an Frau Klingmann noch zugrunde gehen«, sagte er und drückte mir die Hand.
    Edda eröffnete mir ihren Plan:
    Aus mir sollte ein echter

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