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Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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arischer Deutscher werden.
    Über einen Freund von Hupfi würden wir falsche Papiere besorgen, und sobald das gelungen wäre, sollte Bussler mir eine Arbeitsstelle im besetzten Polen verschaffen.
    Dieser Plan klang so einfach in all seiner Ungeheuerlichkeit.
    Anfang Dezember besuchte eine Frau mit einem Säugling auf dem Arm Eddas Dachboden. Aus den Windeln des Kindes zog sie meine neue Identität: Anton Richter.
    Das Bild hatte man ausgetauscht. Unter meinem Foto stand sein Name.
    Adam Israel Cohen war gerade zwanzig geworden, Anton Richter allerdings schon vierundzwanzig.
    Adam war zwei Zentimeter kleiner als Anton.
    Sie hatten die gleiche Augenfarbe und die gleiche Haarfarbe.
    Die Frau legte alle Unterlagen auf den Tisch: Taufschein, Ausweis, Führerschein und sogar einen Stammbaum, einen arischen Stammbaum. Dafür bekam sie einen funkelnden Daumen und ein Bündel Geldscheine.
    An Bussler erging ein Telegramm mit verfrühten guten Wünschen zum neuen Jahr. Unterzeichnet: Ihr ehemaliger Geigenschüler Anton Richter.
    Zwei Wochen später erhielten wir einen Brief aus Krakau:
Anton Richter soll sich ein Zeugnis von Marder ausstellen lassen. Treffen in Berlin am 12.   Februar. Abreise mit mir zusammen am 25.   Februar. Koffer bitte schon am 12. gepackt.
    Maestro
    An diesem Abend klopfte Lara an die Tür von Eddas Dachboden. Anfang März sollten die Cohens und Edda die Reise nach England antreten. Man würde alle Möbel in Augusts Reich zurücklassen und nur mit Handgepäck reisen.
    Pro Kopf würde die Überfahrt zwei leuchtende Daumen kosten. Zehn Daumen für vier Cohens und eine Klingmann. Die anderen zwei Daumen – Lara wusste ja nicht, dass sich einer bereits in Anton Richter verwandelt hatte – sollten den Neuanfang in England finanzieren. Das restliche Barvermögen würde man wahrscheinlich als Bestechungsgeld brauchen. Die Route in das Land, in dem bereits Laras Schwester lebte, sollte über die Schweiz und Frankreich führen. Lara nahm einen Stein mit, für die Anzahlung. Den Rest würde man erst bei Antritt der Reise begleichen müssen.
    »Sie hat einen schönen Hals«, sagte Edda, als Lara das Zimmer verlassen hatte. »Wie ein Schwan.«
    »Wir werden ihnen nichts sagen, oder?«
    »Nein. Niemandem. Du wirst einfach verschwinden, Adam.«
    Frau Klingmann überreichte mir ein maschinengeschriebenes Zeugnis, das Marder nur noch unterschreiben musste.
    Annas Träume und alle anderen Rosen schliefen unter einer dicken Schneedecke, als ich den Garten betrat. Artur saß auf einem gebrechlichen Schaukelstuhl vor dem Geräteschuppen und bewachte sein friedliches Reich. Über seine rechte Wange zogen sich vier verkrustete Kratzspuren, und über der Augenbraue leuchtete eine frische Wunde. Ich erklärte ihm, dass ich nach Amerika gehen würde, und ohne zu zögern oder sich auch nur eine Zeile der Lobeshymne auf Anton Richter durchzulesen, setzte er seine Unterschrift darunter. Während die Feder über das Blatt kratzte, hielt ich die Luft an, denn auf die Gutmütigkeit oder die Zerstreutheit eines Menschen zu setzen, kann man wahrlich nicht als einen ausgeklügelten Plan bezeichnen. Aber der Unterricht der Seherin zahlte sich aus.
    Schnell steckte ich den signierten Wisch in meine Tasche.
    »Dann auf Wiedersehen, Herr Marder. Und vielen Dank für alles.«
    Er reichte mir seine Hand. »Auch wenn du nicht mehr da bist, werden deine Rosen hier blühen, nicht wahr? Und dann werde ich an dich denken, jeden Sommer.«
    Am 12.   Februar erschien der Sturmbannführer, in Zivil. Tarnung. Eine volle Stunde bemühte der Maestro sich, mir Polen auszureden. Er gab sich erst geschlagen, als Edda ihn anbrüllte.
    »Bussler, es ist gut jetzt. Die Sache ist entschieden. Ich hoffe, Sie haben sich an Ihren Teil der Abmachung gehalten.«
    »Ja«, sagte er. Erst jetzt bemerkte er den Oberlippenbart, den ich mir, seitdem ich Anton Richters Papiere besaß, hatte wachsen lassen.
    »Adam, was hast du… Du siehst aus wie…«
    »Der Führer?«
    »Bitte, das ist nicht komisch.«
    Edda und ich mussten lachen, als Bussler sich entsetzt an den Kopf fasste.
    »Herr Sturmbannführer, ich versuche doch nur älter auszusehen.«
    Und um ihn zu beruhigen, zeigten wir ihm meine erstklassigen Papiere und Marders Zeugnis.
    »Gut«, sagte er. »Das sieht gut aus.«
    »Also, wo wird Anton arbeiten?«, fragte Edda.
    Bussler stand auf, ging zu unserer Wand und zeigte auf den ehemaligen bayrischen Justizminister, Dr.   Hans Frank, der es mittlerweile zum

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