Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adams Erbe (German Edition)

Adams Erbe (German Edition)

Titel: Adams Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
Vom Netzwerk:
nichts.«
    »Und was ist mit Anna?«
    »Es geht voran.«
    »Das heißt?«
    »Adam, vertrau mir. Das Ganze verlangt äußerste Vorsicht. Ich darf weder das Misstrauen meiner Kollegen wecken, noch darf Anna erfahren, dass jemand vom SD nach ihr sucht. Wer weiß, was sie sonst tut.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Kennst du die Selbstmordrate im GG?«
    Ich verneinte, und Bussler lächelte traurig.
    »Edda hat dir wirklich eine ganze Menge beigebracht, nur das Fürchten, das hat sie dich nicht gelehrt.«
    Das war meine erste Woche in Kressendorf. Sieben unendlich lange Tage.
    Obersturmbannführer Giesel tauchte noch einmal bei Bubi auf, bevor er zurück nach Warschau fuhr. Er verabschiedete sich von mir wie von einem alten Freund und wünschte mir mit einem hellblauen Zwinkern alles Gute für das »Rosenprojekt«.
    Rosa wurde auf Bubis Betreiben hin entlassen. Der Unterscharführer teilte mein Bett nicht mehr mit der polnischen Putzfrau, sondern mit der rothaarigen Lena. Lena war die achtzehnjährige Tochter von Egon Wreden, einem deutschen Industriellen, der sich im GG niedergelassen hatte. Seine Frau und seine Töchter – er hatte drei – lebten in Kressendorf in einem hübschen Haus. Er selbst war meistens auf Reisen.
    Kurze Zeit glaubte ich, dass Lena vielleicht die eine sein könnte, die Bubi zum Traualtar führen würde. Aber schon Ende März tauschte er die rothaarige Lena gegen deren blonde und vier Jahre ältere Schwester Anita aus. Wieder diente mein Bett als Zufluchtsort.
    Die Kufnerin verfolgte aufmerksam das Kommen und Gehen der beiden Mädchen, denn manchmal klopfte Lena an meiner Tür. Sie kam nur, wenn sie wusste, dass ihre Schwester nicht im Haus war. Lena weinte sich an meiner Schulter aus, denn das treulose »Gieselchen«, so nannte sie den Unterscharführer, hatte ihr das Herz gebrochen. Die Rolle der Verschmähten spielte sie mit ebenso viel Hingabe wie die der Geliebten. Sie machte es sich wohnlich in ihrem Leid. Lena beklagte sich weder über Giesel noch über die Schwester bei ihren Eltern, und wenn sie dem Unterscharführer zufällig im Hausflur begegnete, lächelte sie ihn an wie eine verbannte Prinzessin. Gedemütigt, aber stolz.
    Im Garten des Gouverneurs taute langsam der Schnee, aber noch wollte der Frühling nicht Einzug halten. Die Männer brachten mir ein Kartenspiel bei, das ich nie wirklich verstehen sollte. Ich verlor eine Menge Zigaretten bei diesem Spiel, aber gewann ganz allmählich ihr Vertrauen. Nur über Himmlers Ohren kam Janusz nicht hinweg.
    »Herr Richter, lernen Sie so Dinge im Reich in Schule?«, fragte er mich.
    »Ich hatte Privatunterricht.«
    »Und Lehrer hat ihn die Knick in Himmlers Ohr gezeigt?«
    »So ungefähr«, sagte ich und dachte an Edda. Ob sie wohl auch in London einen Dachboden ihr Eigen nennen konnte? Und wer lebte jetzt auf dem Berliner Dachboden? Hingen die Bilder der Mächtigen noch an unserer Wand?
    Bussler kam alle paar Wochen, und ich hatte den Eindruck, dass er immer dünner wurde. Seine schwarzen Schwänzchen, die früher sehr elegant echte Finger imitiert hatten, wiesen nun häufig nachlässig in verschiedene Richtungen.
    Und wo warst du, Anna? Wenn ich Bussler nach dir fragte, vertröstete er mich.
    Es war Ende April, als ich es wagte, Vater und Mutter zu bestimmen, die Schnitte zu setzen und den bestäubten Damen Tütchen über den Kopf zu ziehen. Ich wählte zwei öfterblühende Sorten als Eltern. In der Hoffnung, dass die Staubgefäße der Väter schon reif waren.
    Ich versuchte, mich an Marders Vorgehensweise zu erinnern, und bemühte mich, meinen Handgriffen den Anschein von Selbstverständlichkeit zu verleihen, denn die vier Polen beobachteten mich aufmerksam. Besonders Tadeusz folgte mir auf Schritt und Tritt.
    »Im Herbst wissen wir mehr«, sagte ich, als ich auch der letzten Rosenmutter ein Hütchen aufs Haupt gesetzt hatte.
    Im Mai, als Hitler seine Armeen nach Westen marschieren ließ, um bald schon Holland, Belgien und Frankreich zu besetzen, lernte ich den Putten-Mann kennen, Dr.   Hans Frank, Herrscher über das Generalgouvernement. Die Terrassentür stand offen, und eine Klaviersonate von Chopin drang aus dem Inneren des Schlosses. Die wärmende Sonne, die Musik und der erblühende Garten gaukelten einem das Märchen vom polnischen Paradies vor. Dann verklang der letzte Ton, und Frauenkreischen zerstörte die Idylle. Fünf elegante Damen erschienen auf der Veranda. Die am auffälligsten gekleidete von ihnen, behangen mit einer

Weitere Kostenlose Bücher