Adams Erbe (German Edition)
Gläser aus dem Regal und schenkte uns ein. Das Klirren, das Lied der Heimat. Einen Augenblick lang träumte ich mich auf Eddas Dachboden, träumte mich in eine Zeit, als Moses noch von Israel träumte. Nicht einmal drei Tage waren vergangen, seitdem aus Adam Anton geworden war. Der Geschmack der durchsichtigen Flüssigkeit holte mich zurück in Richters Wohnung. Wodka, nicht Asbach, brannte in meiner Kehle.
»Anton, wir sind doch Freunde, oder?«, fragte Giesel, und seine Augen funkelten hoffnungsvoll.
»Klar«, antwortete ich. Was hätte ich denn auch anderes sagen sollen?
»Ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
Und dann schwärmte er von Rosa, von ihrem niedlichen Gesicht, das zwar nicht an die Schönheit der Tschechinnen herankam, aber ihn doch ein wenig verrückt machte. Genauso wie Rosas wohlgeformte Waden. Und weil der Unterscharführer Angst hatte, dass sein Onkel oder sonst wer beim SD seine Wohnung abhören könnte, bat er Anton Richter, seinen Freund, ihm und Rosa gelegentlich Unterschlupf zu gewähren.
Ich stand auf und holte die Ersatzschlüssel.
»Hier. Vielleicht macht ihr es besser, wenn ich nicht da bin.«
Er schlug mir auf die Schulter. »Danke, Anton, du bist ein echter Kamerad.« Bubi strahlte.
»Du scheinst Rosa gern zu haben.«
»Was heißt gern haben? Sie ist eine Frau, und Frauen machen mich verrückt.«
»Alle Frauen?«
»Solange sie jung und hübsch sind. Und irgendwann einmal nehme ich mir die Schönste von allen und heirate sie, aber bis dahin…« Er lachte.
Und eine hässliche Sekunde lang sah ich dich und den Unterscharführer Hand in Hand vor einem Traualtar stehen. Denn die Schönste von allen bist du, Anna.
In den nächsten Tagen wurde ich im Garten des Gouverneurs von Janusz und seinen Leuten fast freundlich empfangen. Sie verstummten nicht mehr, wenn ich die Hütte betrat, und sie warteten nicht mehr Januszs Zustimmung ab, um nach meinen Zigaretten zu greifen. Ihre Ablehnung hatte sich in wohlwollendes Misstrauen verwandelt.
Ich gab das Holzhacken auf und half den vier Männern beim Schneeschippen und beim Ausbessern der Pfade, die durch den Park führten. Wir arbeiteten gerade an einer Stelle in der Nähe des Schlosses, als ein SS-Offizier samt Entourage zwischen den Säulen auf der Veranda auftauchte.
Fünf Schippen steckten bewegungslos im Schnee, und fünf Augenpaare verfolgten die Szene auf der Veranda.
Meine polnischen Kollegen flüsterten aufgeregt miteinander, und dann beugte sich Janusz zu mir und sagte: »Das ist Himmler.«
»Das ist nicht Himmler«, gab ich zurück.
Seit 1935 hing Heinrich an der Wand des Dachbodens, ich kannte sein Gesicht.
»Doch, Herr Richter, das ist der Himmler.«
»Janusz, Himmlers Kinn ist quasi nicht vorhanden. Seine Backen sind viel dicker als die von dem Herrn da oben. Und seine Ohren, ganz anders. Himmlers Ohren sind winzig und knicken in der Mitte ab.«
»So?« Janusz sah mich verwirrt an. »Sie kennen also Himmler?«
»Sein Gesicht.«
»Und wer ist dieser?« Er deutete mit einem Nicken auf den falschen Heinrich.
»Ich weiß es nicht.« Bevor ich mir den Mann genauer ansehen konnte, verschwand die Truppe im Haus, aber an irgendwen hatte mich der SS-Offizier erinnert. Wir nahmen unsere Arbeit wieder auf. Janusz schaufelte direkt hinter mir, sein Blick brannte in meinem Nacken, und als ich mich umdrehte, sagte er: »Himmlers Ohren mit Knick.«
Die Kufnerin musste gelauert haben, denn als ich den Hausflur betrat, riss sie augenblicklich die Wohnungstür auf. »Herr Richter, Herr Richter, kommen Sie, kommen Sie.« Ihr Gesicht glühte vor Aufregung.
»Frau Kufner, guten…«
»Der Herr Unterscharführer Giesel hat ganz hohen Besuch. Sein Onkel. Kennen Sie ihn? Ein ganz vornehmer Mensch. Und ich dachte, vielleicht könnten Sie nach oben gehen und die Herren zum Kaffee einladen… also zu mir. Sie sind natürlich auch eingeladen, Herr Richter. Ich dachte nur, für eine Dame gehört sich das ja nicht, sich so aufzudrängen. Sie verstehen, Herr Richter. Aber Sie könnten…«
»Frau Kufner, vielleicht haben die beiden etwas Privates zu besprechen«, unterbrach ich ihren Redeschwall. Meine Antwort schien der Frau des Hauswarts gar nicht zu gefallen, aber sie ließ mich ziehen.
Das Wimmern kam aus dem Schlafzimmer. Rosa saß zusammengekauert auf meinem Bett, das Kleid nur halb zugeknöpft, die Strümpfe in der ausgestreckten Hand. Als sie mich sah, heulte sie auf und begann am ganzen Körper zu zittern. Und je
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