Adams Erbe (German Edition)
Medizin eingeflößt. Das war in Berlin, Anna, und ja, ich muss damals sagen, obwohl wir beide eigentlich zu jung für ein Damals sind.
Ich nahm ein Tuch und tupfte ihm den Schweiß von der Stirn.
»Adam, ich habe Dinge gesehen… Ich habe… Du würdest mir nie verzeihen.«
»Bussler, was reden Sie denn da? Was würde ich Ihnen nicht verzeihen?«
Aber das blaue Zeug wirkte bereits, mein Sturmbannführer war eingeschlafen.
Ich suchte Pepenbeck und fand ihn rauchend in einem der Gänge. Er händigte mir die Schlüssel zu Busslers Wohnung aus und fragte, wie lange ich in Krakau bleiben würde.
»Bis es ihm bessergeht.«
Der Hauptscharführer fuhr mich zur Wohnung. Ich überredete ihn, noch einen Schnaps mit mir trinken zu gehen. Er parkte das Auto vor dem Haus, und wir legten den kurzen Weg zur Gaststätte zu Fuß zurück. Ich hatte so viele Fragen und hoffte, dass dieser etwas glitschige SS-Mann mir zumindest ein paar davon beantworten würde.
Er war sehr vorsichtig bei allem, was er sagte. Bussler hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten. Kein Einzelfall.
»Letzte Woche hatten wir einen Obersturmbannführer hier. Nur geschrien, der Mann… Haben ihn nach Berlin gebracht. Genesungsurlaub. Vollkommen durchgedreht.«
»Warum?«, fragte ich.
Pepenbeck musterte mich kritisch. »Ist nicht einfach, dort im Osten«, sagte er leise, als wir das Lokal betraten.
Hermann, der Wirt, erkannte mich wieder und erkundigte sich nach Bussler, den er lange nicht gesehen hatte.
»Sturmbannführer Bussler ist leider krank.«
Hermann stellte eine gute Flasche Whiskey auf unseren Tisch. »Dann wünschen Sie ihm mal gute Besserung«, sagte er und ging zurück hinter den Tresen.
»Waren Sie auch im Osten?«, fragte ich den Hauptscharführer, während ich unsere Gläser füllte.
»Nur ein paar Tage, aber das hat mir gereicht.« Er lachte.
»Sie sind auch beim SD ?«
Er nickte und strich gedankenverloren über die zwei Lettern an seinem Ärmel.
»Kennen Sie Bussler gut?«
»Ich war ihm unterstellt, aber noch nicht sehr lange.«
»Wundert mich, dass er zurückmusste. Eigentlich hat er Nerven aus Stahl.«
Pepenbeck biss an: »Sie wissen ja nicht, was da los ist. Wie ich schon sagte, der Sturmbannführer ist nicht der Einzige… Es ist…«
Ich schenkte nach und wartete, bis er schließlich, verführt durch den erstklassigen Whiskey, weiterredete.
»Es ist nicht leicht. Frauen und Kinder… Auch wenn sie Juden sind, trotzdem…«
Ich nickte verständnisvoll. »Sie meinen die Ghettos?«
»Ghettos? Nein.« Er lachte bitter.
Der Hauptscharführer wechselte das Thema und erzählte mir von seinem Damals: Segelboote, eine Frau namens Theresa und ein Jurastudium in München. In diesem Geflecht aus Alltäglichem versuchte ich immer wieder einzuhaken und herauszufinden, welches Schicksal Busslers Verein den jüdischen Frauen und Kindern zugedacht hatte. Erfolglos. Wir tranken, bis Hermann den Laden dichtmachte. Die Flasche war fast leer und Pepenbeck voll bis oben hin.
Eine Krankenschwester rief mich schon am frühen Morgen an. Busslers Zustand hatte sich über Nacht verschlechtert.
»Herr Richter, haben Sie eine Minute Zeit.« Der Arzt bat mich in sein Zimmer, bevor ich den Saal betreten konnte. »Es sieht schlecht aus für SS-Sturmbannführer Bussler. Die Nieren… Herr Richter, kennen Sie jemanden, der Edda oder Edna heißt?«
»Ich glaube nicht. Warum?«
»Er hat die ganze Nacht diesen Namen gerufen. Und ich dachte, vielleicht möchte er sich von dieser Person verabschieden.«
»Verabschieden? Wird er…«
»Das können wir nicht mit Bestimmtheit sagen. Aber es geht ihm wirklich nicht gut.«
»Kann ich jetzt zu ihm?«
»Ja. Wir haben ihn in ein Einzelzimmer verlegt.«
Es war eine kleine Kammer mit einem winzigen Fenster. Das weiße Nachthemd und die Laken schimmerten wie Phosphor. In dem Bett lag ein alter Mann, der einmal mein Sturmbannführer gewesen war.
»Bussler, reißen Sie sich zusammen«, zischte ich, denn genau das hätte Edda Klingmann zu ihm gesagt.
Er lächelte. Er hatte verstanden. Der einzige Finger, der dem Maestro geblieben war, berührte meinen Ellbogen.
»Anna ist nicht mehr in Krakau. Sie war hier… Eine Spur führt nach Warschau, aber ich weiß es nicht…« Das Sprechen strengte ihn an. »Adam, du darfst niemandem trauen. Vor allem nicht Bubi und seinem Onkel.«
»Lena ist tot«, platzte es aus mir heraus, als er die beiden Männer erwähnte.
»So viele sind tot.« Und sein einsamer Finger
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