Adams Pech, die Welt zu retten
als unangenehm, sich in den Gemeindesaal der Kirche zu schleppen oder auf der Straße anzustellen, um einen Teller Suppe zu ergattern. Das Ganze musste irgendwie einfacher und menschenwürdiger gestaltet werden.
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, auch Reisen ist wichtig, es bildet und macht Spaß, besonders wenn man genug Zeit dafür hat.
Aatami entwickelte die Idee, dass er von der Staatsbahn ein paar Speisewagen kaufen und darin Es-sensausgaben für Arbeitslose einrichten könnte. Bei einer kräftigen Mahlzeit könnte der Arbeitslose gleichzeitig in einen anderen Ort fahren und seine dortigen Schicksalsgefährten besuchen. Und was würde ihn hindern, ganz allgemein das gnadenreiche Muttergesicht seines Heimatlandes kennen zu lernen, wenn er das Essen umsonst bekam und auch für die Fahrkarte nichts zahlen musste, Zeit dazu hatte er ja.
Eeva gefiel die Idee ebenfalls. In Finnland gab es Hunderte Bahnhöfe und Haltestellen, mit den Suppenzügen käme man nah an die Arbeitslosen heran, und sie würden bestimmt lieber auf den Bahnhof gehen und im Zug ihre Mahlzeit löffeln, als es verschämt unter den Augen der Betschwestern tun.
Die Züge würden natürlich selbst in der Hungerregion von Kainuu mit Strom und den von Aatami entwickelten Akkus fahren. So wäre die Aktion mit den Suppenzügen gleichzeitig eine elektrochemische Versuchsreihe.
Aatami nahm Kontakt zur Staatsbahn auf und erkundigte sich, ob die früher so beliebten Schienenbusse, die vor einiger Zeit aus dem Verkehr gezogen worden waren, noch zum Verkauf stehen würden. Sie ließen sich gut zu Speisewagen umfunktionieren.
Zu seinem Pech waren die sogenannten Platthüte in Museen geschafft oder verschrottet worden, er konnte also keine mehr erwerben. Daraufhin bat er um die Bauzeichnungen und um weitere Details jener Wagen. Auf dieser Grundlage entwarf er den Prototyp eines Suppenzuges. Als Ausgangspunkt diente eines der alten Modelle, das sich durch seine einfache und leichte Bau-art ideal als Speisewagen eignete.
Die Länge des Schienenbusses betrug 16,66 Meter, die Breite 3,40 und die Höhe 3,10 Meter. Er wog fast 20 Tonnen, und gefahren wurde er seinerzeit mit einem 180-PS-Diesel von Valmet.
Aatami wählte für den neuen Speisewagen einen tschechischen Elektromotor und als dessen Energiequelle seinen eigenen Akku. Der Wagen selbst wurde ein moderner Platthut, ebenso groß wie der alte, allerdings in zwei Abteile gegliedert: Vorn befanden sich die Küche und Schlafkabinen für das Personal, hinten das Restaurant für die Kunden mit vierundvierzig Plätzen. Drei Arbeitskräfte wurden gebraucht: ein Fahrer, eine zweite Kraft, die die Essens-und Fahrscheine abstempelte und auch das Essen ausgab, und ein Koch oder eine Köchin.
Aatami bestellte insgesamt dreißig Stück dieser Wa-gen bei Rautaruukki in der Waggonfabrik von Vuolijoki. Der Betrieb litt unter Auftragsmangel, sodass die Bestellung der Suppenzüge höchst willkommen war. Der Wert der Bestellung betrug mehrere Millionen Mark. Später würden weitere Kosten durch die Löhne für das Personal und die Zutaten für die Mahlzeiten entstehen. Bereits in der Planungsphase erhielt der Zug nach dem Auftragge-ber den Namen Aatami I.
Nun galt es, auch anderen Notleidenden zu helfen. Aatami und Eeva spendierten vielen Organisationen beachtliche Geldsummen, verschickten Geschenke nach hier und dort. Und dann bekam Aatami auch die ge-wünschte Information über die alte Bettlerin, die er seinerzeit auf Seurasaari bei ihrem wilden Auftritt erlebt hatte. Der Gerichtsvollzieher hatte ihren Aufenthaltsort mühelos ermitteln können. Das alte Weib hatte keinen festen Wohnsitz, sondern hauste mit anderen Obdachlosen in Maununneva in den Überresten einer alten Befestigungsanlage, die während des ersten Weltkriegs in die Erde und den Felsen gebaut worden war. Juutilainen hatte einen Tipp von der Sozialbehörde bekommen, und nach einer kurzen Beschattung hatte ihn der Weg zu den stinkenden Bunkern nach Maununneva geführt.
Aatami konnte noch am selben Tag zur Bank gehen, um zweihundert Gramm Geld abzuheben, die Scheine wurden an der Kasse gewogen, dann fuhr er zusammen mit Juutilainen im Taxi nach Maununneva. In der kleinen Obdachlosenkolonie hielt sich zu dem Zeitpunkt kaum jemand auf, aber mit Juutilainens scharfem Instinkt fanden sie die Alte rasch. Sie hatte sich in einem uralten Schützengraben, der mit Beton befestigt war, eine kleine Behausung eingerichtet: Als Fußboden dienten Stücke von
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