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Adams Pech, die Welt zu retten

Adams Pech, die Welt zu retten

Titel: Adams Pech, die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Hartfaserplatten, die Wände waren vom Moos befreit, die Decke bestand aus Wellpappe. Ihr Bett hatte sich die Alte auf der Schießplattform eingerichtet, es diente gleichzeitig als Sofa. Der Raum war nur ein paar Quadratmeter groß, aber er bot Platz für einen Ölradiator und zwei Kisten sowie für eine kleine Kommode, die der Alten anscheinend zur Aufbewahrung ihre wertvollsten Habe diente, denn sie war abgeschlossen. Die Schießplattform zeigte an diesem Punkt der Befestigungsanlage nach Norden.
    Die alte Frau saß schweigend im Halbdunkeln in ei-ner Ecke ihres Sofas. Sie protestierte nicht gegen das Eindringen der beiden fremden Männer, verkroch sich nur tiefer in ihre Lumpen und schloss die Augen. Stadtvogt Juutilainen, an solche Fälle gewöhnt, begann ein Gespräch und erzählte, dass er zusammen mit seinem Freund gekommen sei, um der Alten Geld zu bringen. Sie habe nichts zu befürchten. Aatami Rymättylä reichte ihr den Packen Scheine. Das Bündel war so ansehnlich, dass die arme Frau gar nicht wusste, wie ihr geschah. Aatami fragte, ob die Dame einen trockenen Aufbewah-rungsplatz für die Scheine habe. Sie zögerte lange, steckte schließlich ihre Hand tief in den Munitionsbe-hälter des Schützengrabens und zog eine schimmernde türkisfarbene Vase heraus. Es war tatsächlich das Geschenk Kim Il Sungs an Präsident Kekkonen. Aatami stopfte das Geld hinein. Die Alte nahm ein paar Scheine und stellte sich in die Türöffnung, um sie bei Tageslicht zu betrachten. Jetzt erkannte sie die einheimische Wäh-rung, ihr Gesicht hellte sich auf, und sie steckte die Scheine zurück. Zum ersten Mal öffnete sie den Mund und begann zu sprechen:
    »Hab schon so sehr gewartet, dass du kommst, Tapani«, sagte sie zu Aatami.
    Juutilainen flüsterte ihm zu, dass die Alte ursprüng-lich aus dem Norden stamme und Anfang der 50er Jahre als Dienstmädchen nach Helsinki gekommen sei, ihren Dialekt jedoch bis heute nicht abgelegt habe. Sie hielt Aatami für ihren Sohn, der sie hatte besuchen sollen, aber all die Jahre ferngeblieben war.
    Die alte Frau zählte die Scheine, es waren etliche Tausend Mark. Sie war nicht so verrückt, wie man hätte denken können. Das Geld brachte Licht in ihren Verstand. Wenn ein Mensch ganz besonders arm und elend ist, dachte Aatami bei sich, dann beherrscht ihn der Gedanke ans Geld, er leidet darunter, dass er keines hat, er sehnt sich danach, ist bestrebt, es sich zu beschaffen.
    Juutilainen erklärte der Alten, dass er ihr helfen könnte, wieder in den Norden zu ziehen, dort könnte er ihr einen Platz im Altenheim oder sogar eine eigene kleine Wohnung suchen. Sie sagte darauf, dass sie nicht mehr wegwolle, jetzt habe sie genug Geld, um auch hier leben zu können. Die beiden Männer wollten wieder aufbrechen, sie erhoben sich, gaben der Alten zum Abschied die Hand. Gerade als sie aus dem Schützengraben herausklettern wollten, krachte vom Wald her, aus nördlicher Richtung, ein Pistolenschuss. Die Kugel schlug in den Beton unmittelbar neben Aatamis Kopf. Die Männer duckten sich. Stadtvogt Juutilainen hielt plötzlich eine Pistole in der Hand. Er spähte vorsichtig über die Öffnung des Schützengrabens und drückte ein paar Mal ab.
    Es kam zu einem regelrechten Feuergefecht. Und für ebendiesen Zweck war die Anlage ursprünglich ja auch gebaut worden. Die Schützengräben von Maununneva gehörten zu einer ganzen Kette von Befestigungsanlagen, die 1914 bis 1917 rings um Helsinki errichtet wor-den und die ein Teil von St. Petersburgs äußerstem Verteidigungsring gewesen waren. Tausende Männer hatten unter harten Bedingungen diese öden Gräben und Bunker in den Felsen getrieben, damit Deutschland, das nach der Herrschaft über Russland strebte, schon vor Helsinki gestoppt werden konnte. Der Krieg hatte geendet, ohne dass die Befestigungsanlagen zum Einsatz gekommen wären.
    Jetzt aber gab es tatsächlich ein Feuergefecht, nicht mit einem Weltkrieg zu vergleichen, doch es wurde heftig geschossen. Lieber spät als nie, könnte man sagen. Auf der einen Seite kämpfte Stadtvogt Heikki Juutilainen, der häufig eine Waffe mitnahm, wenn er ungewöhnliche Kundenbesuche absolvierte. Er hielt es für ratsam, sich vor einem in die Enge getriebenen Menschen zu schüt-zen, und der jetzige Schütze mochte vielleicht irgendein verrückter Obdachloser sein.
    Tatsächlich jedoch stand auf Feindesseite der sizilianische Killer Luigi Rapaleore. Er war vor einiger Zeit aus der Universitätsklinik Oulu entlassen

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