Adams Pech, die Welt zu retten
Reisenden aus der Luft, und bald landete ihre Düsenmaschine bei Frühlingswetter daheim in Seutula.
Dreiundzwanzig
Die transsibirische Eisenbahn ratterte auf schnurgera-der Strecke gen Osten. Aatami Rymättylä saß in einem alten, in Ostdeutschland gebauten Schlafwagen erster Klasse und blätterte in seinen Papieren. Ab und zu blickte er auf und musterte die am Fenster vorbeiflit-zende Landschaft: dürre Lärchenbäume, endloser Bir-kenwald und graue Dörfer, die allerdings immer seltener zu sehen waren. Vor sich hatte Aatami einen kleinen Tisch mit Mineralwasser und kalten Piroggen. Er saß auf dem unteren Bett, über ihm baumelten weibliche Waden. Sie gehörten der ehemaligen Milchkönigin Tellervo Javanainen-Heteka, die man in seinem Abteil hatte einquartieren müssen. Im Spiegel, der über dem Waschbecken hing, konnte er sehen, wie Tellervo sich die Haare kämmte und die Lippen schminkte.
Es war Anfang Mai. Die Japaner hatten in Rymättylä mit dem Bau der Versuchsfabrik begonnen. Zugleich war vereinbart worden, dass Aatami auf die Öl-und Gasfelder in Nordwest-Sibirien reist, um Standorte für Kraftwerke auszuwählen. Mit der dort produzierten Elektroenergie würden dann an Ort und Stelle die ultraleichten Akkus aufgeladen, die anschließend per Bahn oder mit Schiffen der Industrie zugeführt werden wür-den. Bei Hochspannungsleitungen betrug der Energie-schwund zehn Prozent auf tausend Kilometer, sodass es nicht rentabel war, den Strom von Sibirien über Leitungen zu transportieren.
Die Erdgasleitungen und Ölpipelines der Russen wa-ren verrottet, Bau und Instandhaltung in einer Region mit ewigem Frost außerordentlich schwierig und teuer.
Aatami und seine Begleitung waren mit der Finnair nach Moskau geflogen und hatten dort den Zug bestiegen, inzwischen befanden sie sich jenseits des Urals. Sie waren in recht großer Besetzung unterwegs: Mit von der Partie waren, außer Aatami, die Dolmetscherin Tellervo Javanainen-Heteka, die japanischen Bodyguards Huja und Kenzo sowie ihr finnischer Kollege Hannes Heikura, außerdem noch der Medizinstudent und Chauffeur Seppo Sorjonen. Im selben Salonwagen reisten etwa dreißig ausländische Damen, hauptsächlich Gattinnen von Botschaftern, die in Russland akkreditiert waren. Die Damen hatten ihre Dienstboten dabei. Sie beabsich-tigten, einen mehrtägigen Ausflug nach Sibirien zu machen, Tobolsk und Surgut zu besuchen und später vielleicht noch bis zum Baikal weiterzufahren. Der Zug hatte die Stadt Perm am Westhang des Ural passiert, hatte Europa hinter sich gelassen und Asien erreicht. In Swerdlowsk wurde der internationale Waggon vom Zug abgekoppelt und an die nordwestsibirische Bahn mit Ziel Surgut angehängt. Dreihundert Kilometer weiter lag das alte Ölindustriezentrum Tjumen, von dort waren es zweihundert Kilometer bis Tobolsk und fünfhundert Kilometer bis zum Zielbahnhof Surgut. Die Diplomatengattinnen hatten ihr eigenes Programm in den jeweiligen Städten. Aatami wollte im selben Waggon bis nach Surgut fahren, dort hoffte er einen Hubschrauber zu bekommen, um in Begleitung russischer Spezialisten die unendlichen Öl-und Gasfelder des Oblast Tjumen zu besichtigen.
Spätabends erreichte der Zug Tjumen. Aatami schlief, aus dem oberen Bett war das sanfte Schnarchen von Tellervo Javanainen-Heteka zu vernehmen. Aatami war von der langen Reise so müde, dass er keine Lust hatte, aufzustehen und einen Blick auf den Bahnhof zu wer-fen. Draußen auf dem Bahnsteig wurde auf Russisch etwas gerufen, die Waggontüren knallten, durch den Gang näherten sich eilige Schritte. Es klopfte, die Tür wurde geöffnet, und der Zugbedienstete lugte herein. Der Duft von gebratenem Fisch wehte ins Abteil. Aatami hatte keinen Hunger, er wollte schlafen.
Nach etwa einer halben oder einer Stunde ruckte der Zug an, es rumpelte, und die Fahrt ging weiter. In den frühen Morgenstunden erwachte Aatami davon, dass der Zug erneut sein Tempo verlangsamte. Aber keine Bremsen knirschten, das Ganze geschah seltsam lautlos, so als rolle der Zug gleichsam aus, liefe in irgendeinen kleinen Bahnhof ein. Schließlich blieb der Waggon ste-hen. Keine Geräusche von der Lok, kein Bahnhofsbe-trieb, nichts. Aatami empfand es als angenehm, so in der Stille und Dunkelheit schlafen zu können. Einer der Vorteile von Bahnreisen war es schließlich, dass man nicht mit angezogenen Knien und in einem engen Sitz dahocken musste, so wie im Flugzeug. Schläfrig dachte er, dass er, hätte er neuerdings
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