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Adams Pech, die Welt zu retten

Adams Pech, die Welt zu retten

Titel: Adams Pech, die Welt zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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nicht so viele dringende Termine, ständig mit der Bahn reisen würde.
    Der Zug hielt auffallend lange. Es begann schon zu dämmern, auf dem Gang ertönten Schritte, irgendwo rief jemand verwundert etwas auf Russisch. Draußen gingen Leute herum, sprachen erregt miteinander. Aatami setzte sich auf den Bettrand, zog die Gardine beiseite und versuchte herauszufinden, ob der Zug bereits in Tobolsk war.
    Beim Blick durchs Fenster sah er in der Morgendämmerung nur melancholische sibirische Waldlandschaft, kein einziges Gebäude, keine Lichtmasten, nichts. Aatami bemühte sich, die Milchkönigin nicht zu wecken. Er wusch sich kurz das Gesicht, putzte die Zähne und zog sich an. Auf dem Gang war niemand zu sehen. Die Türen an beiden Enden des Waggons standen offen. Draußen waren Laufschritte und erregte Stimmen zu hören. Aatami lugte hinaus. Nein, Tobolsk war dies nicht. Von der Lok und den anderen Wagen keine Spur, der internationale Waggon stand allein auf einsamer Strecke. Der Schaffner des Waggons hatte seinen Samowar im Stich gelassen und lief über das Gleis. Er war sehr aufgeregt, redete mit sich selbst, fuchtelte mit den Händen. Aatami registrierte, dass der Waggon nicht auf einem Nebengleis stand, sondern auf der Hauptsrecke mitten in der sibirischen Taiga, fern der Bahnhöfe, allein, der Rest des Zuges war verschwunden.
    Auf dem Gleis lief auch der japanische Bodyguard Hu-ja herum, im Pyjama und mit der Pistole in der Hand. Er redete auf den Schaffner ein, verlangte Aufklärung über den Grund des Halts, aber da der Mann nur Russisch verstand, konnte die Situation nicht geklärt werden. Aatami beschloss, die Milchkönigin Tellervo Javanainen-Heteka zu wecken. Auch die Diplomatengattinnen in ihren Abteilen erwachten an einem neuen sibirischen Morgen.
    Die Landschaft war tristeste Einöde: Sumpf, Moor, hier und da standen kümmerliche Birken und Lärchen. Zum Glück herrschte Frühling, und so gab es keine Mücken. Der bewölkte Himmel betonte gleichsam die graue Ausweglosigkeit der Situation.
    Milchkönigin Tellervo Javanainen-Heteka stand auf und übernahm das Dolmetschen. Der russische Zugbedienstete erzählte, dass sich der Salonwagen in der Nacht vom Zug gelöst hatte, oder war womöglich irgendein gewissenloser Schelm am Werke gewesen? Niemand hatte bemerkt, dass der letzte Wagen auf der Strecke zurückgeblieben war. Die Lok und der vordere Teil des Zuges hatten ihre Fahrt in Richtung Surgut fortgesetzt, und die Insassen des Salonwagens standen nun hier, auf einsamer Strecke zwischen Tjumen und Tobolsk.
    Auf die Frage, was nun zu tun sei, sagte der Russe:
    »Nitschewo.«
    Aatami schätzte die Situation als sehr gefährlich ein. Die Strecke war zweigleisig, der Wagen stand mitten auf dem Gleis, das nach Tobolsk führte. Wenn von hinten ein Schnellzug käme, würde dieser kaum rechtzeitig bremsen können. Nur einen Kilometer vorher gab es eine Kurve, und so bestand die Möglichkeit, dass der Wagen von dem Zug zerquetscht würde. Nach vorn, in Fahrtrichtung, war freie Sicht bis zum Horizont, außer-dem würden die Züge, die von dort kamen, auf dem freien Gleis links vorbeifahren. Aatami wies Huja und Hannes Heikura an, bis zu der Kurve zurückzulaufen und sich dort als lebende Semaphore zu postieren, um die ankommenden Züge zu warnen. Sie sollten die Züge um jeden Preis stoppen, damit ein Zusammenstoß vermieden würde.
    Die Diplomatengattinnen kamen in ihren Nachthem-den an die Tür und schauten in heller Verwunderung heraus. Unter ihren Bediensteten befand sich auch ein Mann, ein recht seltsamer Typ: Er hinkte stark, und bald war zu erkennen, dass er am linken Bein eine Prothese trug. Aus seinem Äußeren zu schließen, schien er gebürtiger Italiener zu sein. Sein Blick war seltsam hart und seine Augen recht gefühllos für einen Diener, sagte sich Aatami nachdenklich.
    Die Dolmetscherin erklärte den Damen und ihrer Dienerschaft, dass sie sich rasch ankleiden und sich be-reitmachen sollten, den Waggon zu verlassen. Die Toiletten durften nicht mehr benutzt werden, damit Wasser gespart wurde, jeder musste seine Notdurft draußen in der Natur verrichten.
    Eine leichte Hysterie breitete sich aus. Chauffeur Seppo Sorjonen und Bodyguard Kenzo halfen den Da-men die Stufen hinunter. Aatami ordnete an, neben dem Gleis ein Feuer zu machen. Als es richtig brannte, war-fen die Männer feuchtes Moos hinein, sodass dicker Rauch aufstieg. Aatamis Gedanke war, dass der Lokfüh-rer eines von hinten herannahenden Zuges

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